Gladbeck. An zwei Standorten hat die Caritas bisher Mahlzeiten für Bedürftige ausgegeben. Einen Standort muss sie nun aufgeben. Das sind die Hintergründe.

Einen Mittagstisch für arme Menschen wollten der Caritasverband Gladbeck und das städtische Amt für Soziales und Wohnen decken. Ende Juni ging das Angebot im Café des St.-Altfrid-Hauses in Brauck an der Start. Die Resonanz war so groß, dass in der Stadtmitte ein weiterer Standort öffnete. Den gibt es jetzt nicht mehr. Und weitere Konsequenzen mussten wegen der finanziellen und personellen Situation ergriffen werden.

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Blicken wir zurück: Die „Zutaten“ für das Projekt haben sich gewaltig geändert. Es basierte auf Mitteln aus dem Stärkungspakt NRW „Gemeinsam gegen Armut“, den die Landesregierung aufgelegt hatte. Hinzu kamen Maßnahmen des Bundes. 830.000 Euro steckten für Gladbeck im Topf, etwa 250.000 Euro flossen für besagten Mittagstisch.

Die finanzielle Förderung des Mittagstisches für Arme war befristet

Die finanzielle Förderung war zeitlich befristet und endete mit dem 31. Dezember 2023. Nun geht‘s ans Eingemachte. „Die Ausgabestelle im K4 in der Innenstadt hatte zum letzten Mal am 31. Dezember geöffnet“, berichtet Antonia Gemein, Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck.

Für viele Menschen, die aus pekuniärer Not an diesem besonderen Mittagstisch Platz genommen haben, war dies eine niederschwellige Einladung. Einen Bedürftigkeitsnachweis mussten die Gäste nicht vorlegen. Das Essen war tatsächlich für die Gäste gratis. Entsprechend groß fiel die Nachfrage aus. Wie Antonia Gemein sagt, wurden in Spitzenzeiten an beiden Standorten gut 200 Mahlzeiten ausgegeben. Im Gesamtzeitraum waren es beinahe 33.000 Portionen.

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Ein Querschnitt durch verschiedene Gesellschaftsgruppen fand sich in der Alten Vikarie an der Kirchstraße und im St.-Altfrid-Haus ein. Da löffelte der Wohnungslose neben dem Flüchtling, kaute der Sozialhilfeempfänger neben Müttern mit Kindern, alten Menschen und anderen, die aus unterschiedlichen Gründen bedürftig sind. Eine Herzensangelegenheit der Mittagstisch-Macher: Die Gäste sollen nicht nur die Mägen füllen können. Die Gemeinsamkeit und das Beieinander boten auch die Chance, Seelenfutter zu sich zu nehmen – im Gespräch und Austausch untereinander. Und Gründe, aus denen Hilfe notwendig ist, gibt‘s ein gerüttelt Maß.

Mittagstisch für Arme in Gladbeck: Angebot wird an einem Standort fortgeführt

„In zahlreichen Gesprächen mit den Gästen wurde deutlich, dass unser Angebot oftmals die einzige Mahlzeit ist, die sie am Tag zu sich nehmen“, hat Caritas-Vorstand Wieland Kleinheisterkamp erfahren. In Kenntnis dieser Not sei „der Wunsch entstanden, hier auch im Jahr 2024 weiter zu unterstützen“. Dabei sei der Caritasverband Gladbeck auf Dritte angewiesen.

Trotz Wegfalls der Fördermittel und noch keiner sicheren Durchfinanzierung werde das Angebot im gesamten Jahr 2024 an einem Standort weiterhin aufrechterhalten. So deckt das Team seit Anfang Februar für arme Menschen einen Mittagstisch im Gemeindezentrum St. Marien an der Horster Straße in Brauck. Unweit des St.-Altfrid-Hauses, wo die Aktion ihren Anfang nahm.

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Ausgedünnt wurden die Ausgabetage, so Antonia Gemein: „Wir haben nicht mehr sieben, wie bisher, sondern nur noch fünf Termine. Ausgabetage sind Montag bis Freitag.“ Allerdings bleibt die Ausgabezeit unverändert: 12 Uhr bis 13.30 Uhr.

Logistisch ist solch ein Angebot ein ziemlich großer Aufwand
Antonia Gemein - Sprecherin des Caritasverbandes Gladbeck

Das dürfte für die Ehrenamtlichen, die mit anpacken, Entlastung mit sich bringen. Die Verbandssprecherin erläutert: „Es geht ja nicht nur um die Ausgabe der Mahlzeiten. Wir haben auch Vor- und Nachbereitungszeit einzurechnen.“ Oben draufkomme beispielsweise auch die Organisation von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen: „Logistisch ist solch ein Angebot ein ziemlich großer Aufwand.“

Gäste zahlen einen Euro Eigenanteil

Eine weitere Veränderung: Eine Mahlzeit ist nicht mehr kostenfrei. Die Gäste – aktuell sind es bis zu 80 Menschen pro Tag – zahlen einen Obolus von einem Euro. „Außer Kinder bis zu zwölf Jahren. Für sie bleibt die Mahlzeit gratis“, ergänzt Antonia Gemein. Eine halbe Stunde vor Essensausgabe werden Wertmarken verkauft, mit denen die Gäste bezahlen.

Küchenchef Thomas Krause und sein Team bereiten in der Großküche im St.-Alfrid-Haus der Caritas Gladbeck hunderte Mahlzeiten zu.
Küchenchef Thomas Krause und sein Team bereiten in der Großküche im St.-Alfrid-Haus der Caritas Gladbeck hunderte Mahlzeiten zu. © Gladbeck | Lars Fröhlich

Gekocht wird weiterhin in der Großküche des St.-Altfrid-Hauses. Sie beliefert auch Caritas-Einrichtungen sowie Schulen und Kinderbetreuungstätten. Die Ausgabe von bis zu 100 Portionen ist möglich.

Der Ein-Euro-Eigenanteil ist nur eine kleine Einnahmequelle zur Finanzierung des Mittagstisches. Die Sprecherin erklärt: „Ein Großteil, ungefähr 60.000 Euro, kommt aus dem Sonderfonds ,Energiepreiskrise‘ im Bistum Essen. Außerdem steckt der Caritasverband Eigenmittel in das Angebot.“ Um welche Summe es sich dabei in Euro und Cent handeln wird, sei zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht zu beziffern. Unterstützung komme auch von der Propsteipfarrei St. Lamberti, „die uns die Räumlichkeiten, eben das Gemeindeheim St. Marien, kostenlos zur Verfügung stellt“.

Nicht zu vergessen Spenden, wie jetzt 5000 Euro von der Volksbank Ruhr Mitte. Caritas-Vorstand Wieland Kleinheisterkamp: „Wir bedanken uns herzlich für diese Unterstützung.“ Ohne Spender sei es schwierig, entsprechende Angebote dauerhaft umzusetzen. „Wir freuen uns daher über jede Unterstützung.“ Er, Kleinheisterkamp, stehe als Ansprechpartner zur Verfügung.

Es ist kaum verständlich, dass es so viele bedürftige Menschen in Deutschland gibt
Ingo Abrahams - Vorstand der Volksbank Ruhr Mitte

Ingo Abrahams, Vorstand der Volksbank Ruhr Mitte, hat sich persönlich ein Bild von dem Projekt gemacht. Reaktion: „Es ist kaum verständlich, dass es so viele bedürftige Menschen in Deutschland gibt. Die Nachfrage am Mittagstisch zeigt, dass Sozialhilfemittel alleine nicht ausreichen, um die Probleme zu lösen. Es bedarf immer auch Menschen, die anderen in schwierigen Lebenssituationen konkret weiterhelfen und ein offenes Ohr für deren Sorgen haben.“

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Die zugesagte Spende stammt aus den Mitteln des Gewinnsparens. Die Volksbank unterstützt in Gladbeck, zusammen mit dem Gewinnsparverein, Kulturveranstaltungen, Soziales, Umweltprojekte und den Jugendsport in Höhe von rund 75.000 Euro pro Jahr.