Gladbeck. Charlotte Horn steigt beim Pflegedienst ihres Vaters in Gladbeck ein. Die 27-Jährige ist gespannt auf neue Herausforderungen.
In diesem Falle kommen gleich mehrere Knackpunkte zusammen. Da will jemand in den verdienten Ruhestand gehen. Eine Nachfolge ist, wie bekannt, in den allermeisten Branchen ein Problem. Obendrein handelt es sich auch noch um ein Berufsfeld, in dem händeringend Personal gesucht wird – nämlich in der Pflege. Als wenn dies nicht genug der Barrieren wären: Qualifikation ist für diesen Leitungsposten auch noch von Nöten. Doch Stefan Horn hat all diese Hindernisse überwunden – sein Pflegedienst in Gladbeck bleibt in der Familie. Tochter Charlotte übernimmt den Betrieb.
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Dabei war der Plan ursprünglich ein anderer. Stefan Horn erzählt: „Es gab über viele Jahre eine Nachfolge, aber sie ist ausgestiegen, weil es ihr dann zu viel Arbeit war.“ Was tun? Es ist ja nicht gerade so, dass auf dem ArbeitsmarktPflegekräfte ohne Job Schlange stehen. Aber manchmal liegt das Gute so nah, in diesem Falle: in der eigenen Familie. Der 61-Jährige berichtet: „Ich habe Charlotte gefragt, und zu meiner großen Freude hat sie eineinhalb Sekunden gezögert und dann zugesagt.“
Charlotte Horn: „Ich wurde kribbelig und wollte einmal etwas Neues lernen!“
Da hatte der Vater einfach einen günstigen Moment erwischt, denn die Tochter wollte sich zu dieser Zeit ohnehin beruflich verändern. Charlotte Horn berichtet: „Ich hatte auch eine Anfrage, ob ich nicht die Stationsleitung übernehmen möchte.“ Daraus hätte etwas werden können. Denn: „Ich habe mich auf der Station sehr wohl gefühlt.“ Andererseits schien das Angebot des Vaters ein Wink mit Blutdruckmessgerät & Co. zu sein. Die 27-Jährige, die bis dahin im Essener Alfried-Krupp-Krankenhaus auf einer chirurgischen Abteilung tätig war, stellte irgendwann fest: „Ich habe im Berufsalltag schon alles gesehen und gemacht. Ich wurde kribbelig und wollte einmal etwas Neues lernen.“ Also stieg sie in diesem Monat im Pflegedienst ihres Vaters ein.
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Und da gibt es so einige Bereiche, die Neuland für die 27-Jährige sind. Vater Stefan, selbst gelernter Krankenpfleger, sagt: „Charlotte muss etwas über häusliche Pflege lernen.“ Nicht zu vergessen die notwendige Schreibtischarbeit. „Ich bin sehr gespannt, was da kommt“, meint die Tochter. Gibt jedoch spontan zu: „Die Krankenpflege am Kunden liegt mir näher als das Jonglieren mit Zahlen. Aber es ist das Gesamtpaket, das mich reizt. Vollkommen neu ist für mich die Organisation im Betrieb, also wie strukturiere ich zum Beispiel die Touren.“ Ein Ziel hat sie sich gesteckt: möglichst verlässliche Arbeitszeiten. Dabei, das weiß Charlotte Horn, können unvorhersehbare Ereignisse immer wieder die Pläne durchkreuzen: „Wir arbeiten hier schließlich mit Menschen. Es sind keine Maschinen.“
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Am leichtesten falle ihr der Kontakt mit Menschen: „Deswegen habe ich mich ja für diesen Beruf entschieden.“ Diese Richtung hatte sich schon früh abgezeichnet. Als Jugendliche absolvierte Charlotte Horn ein Praktikum im Pflegedienst des Vaters – und es gefiel ihr. Da lag der spätere Schritt ins Gesundheitswesen nahe.
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80 Beschäftigte arbeiten im Pflegedienst Horn – darunter nur etwa 15 Prozent Männer, so der Chef. Die Tochter hat die Erfahrung gemacht, dass diese Branche „weiblich dominiert ist“. Die 27-Jährige kann sich eine Ursache vorstellen: „Ich glaube, dass Kümmern und Fürsorge eher Frauen zugeordnet werden.“ Dabei können beide Geschlechter jene Eigenschaften haben, die in der Pflege erforderlich sind. Charlotte Horn meint: „Es ist wichtig, Geduld mitzubringen.“ Als allergrößte Voraussetzung nennt sie „den Respekt vor dem Menschen, einerlei welches Krankheitsbild er hat.“ Der Vater spricht von „einer gewissen Grundbegabung“: „In alles andere kann man hineinwachsen.“ Er bringt die Kern-Bedingung so auf den Punkt: „Man muss eine Art von Menschenfreund sein.“
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„Ich habe mein Fachabi im Gesundheitswesen gemacht“, erzählt Charlotte Horn. Daran habe sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin angeschlossen. Die 27-Jährige erläutert: „Den Beruf nannte man früher Krankenschwester.“
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In Essen-Rüttenscheid, im Alfried-Krupp-Krankenhaus, absolvierte Charlotte Horn eine Ausbildung und arbeitete dort in den Jahren von 2017 bis Juni 2022. In ihrem Beruf, so erläutert die Expertin, gebe es verschiedene Möglichkeiten, sich weiter zu qualifizieren und zu spezialisieren, beispielsweise für Wundtherapie oder Anästhesiepflege.
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Und auch jetzt, auf ihrem neuen Posten, hat Horn nicht ausgelernt. Eine Fortbildung zur Pflegedienstleitung steht für August in ihrem Kalender: „Als Abschluss gibt’s im Dezember eine Prüfung.“ Der Berufsverband biete etliche weitere Qualifikationsmöglichkeiten an, unter anderem Betriebswirtschaft, Management und Mitarbeiterführung. Gerade letzteres dürfte für Horn besonders spannend sein.