Bochum. Überall wo man schaut, hängen Wahlplakate – viele von ihnen sind beschädigt. Eine Partei traf es in der Bochumer Innenstadt kürzlich besonders.
Abgerissen, herausgerissen, zerrissen: In der vergangenen Woche wurden entlang der Kortumstraße zahlreiche Wahlplakate der SPD beschädigt. Besonders betroffen war der Bereich zwischen dem Boulevard und dem Südring – lediglich ein Plakat an der Kreuzung zum Südring blieb unversehrt. Die Zerstörungen reichen von kleinen, herausgerissenen Teilen bis hin zu großflächig zerstörten Motiven.
Plakate im gleichen Straßenzug, mit denen andere Parteien in Sachen Bundestagswahl werben, wurden zwar teilweise mit Aufklebern versehen oder beschmiert, blieben aber insgesamt weniger beschädigt. Dass es sich bei der Beschädigung der Plakate nicht um Einzelfälle handelt, zeigen Rückmeldungen von Parteien und Polizei.
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Sachbeschädigung für SPD-Kandidat Serdar Yüksel „kein Kavaliersdelikt“
Die SPD berichtet, dass ihre Wahlplakate nicht nur an der Kortumstraße, sondern auch in anderen Teilen Bochums wiederholt Ziel von Zerstörungen sind. Serdar Yüksel, SPD-Bundestagskandidat, bezeichnet diese Beschädigungen als „Angriff“ und betont, dass auch Plakate anderer Parteien betroffen seien: „Ein Angriff auf eine demokratische Partei ist ein Angriff auf uns alle.“ Laut Yüksel bringt die SPD daher jede Sachbeschädigung ihrer Wahlplakate konsequent zur Anzeige. „Das ist kein Kavaliersdelikt.“
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Beinahe stündlich würden neue Meldungen über beschädigte Plakate aus den Bezirksbüros der Partei eingehen, sagt Yüksel. „Wir plakatieren fleißig nach“, fügt er hinzu, erklärt aber auch: „Ich habe noch bei keinem Wahlkampf in so kurzer Zeit so viele Beschädigungen erlebt.“ Neben dem Vandalismus berichtet er zudem von aggressivem Verhalten gegenüber Wahlkämpfenden. So seien Wahlhelfer beschimpft und bedroht worden, in einem Fall in Wattenscheid sei sogar die Leiter eines Plakatierers umgetreten worden – glücklicherweise ohne Verletzte.
Im Fall der zerstörten Plakate an der Kortumstraße vermutet Yüksel, selbst gezielt ins Visier genommen worden zu sein: „Das hat mit meinem Migrationshintergrund als Kandidat zu tun.“ Er berichtet, bereits bei früheren Wahlkampfveranstaltungen Anfeindungen erlebt zu haben. Dennoch bleibt er entschlossen: „Ich mache weiter und bleibe freundlich.“
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Auch andere Parteien in Bochum betroffen
Frank Lemanis von der Bochumer Polizei erklärt, dass jede Partei im Wahlkampf mit Sachbeschädigungen konfrontiert sei – unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung. Die Zahl der erfassten Fälle hänge jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen müssten die Beschädigungen überhaupt bemerkt und zur Anzeige gebracht werden, damit der Staatsschutz sie in seinen Statistiken erfassen könne. Zum anderen gebe es Unterschiede in der Anzeigepraxis der Parteien.
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Christian Herker, Pressesprecher der CDU Bochum, erklärt, dass seine Partei jede Beschäftigung an den Wahlplakaten zur Anzeige bringe. „Einige Täter wurden auf frischer Tat ertappt oder durch die Polizei im Nachhinein gestellt. Hier stellen wir dann jedes Mal auch einen Strafantrag, damit die Täter zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden.“ Viele polizeiliche Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Beschädigungen von Plakaten würden aber auch eingestellt, da die Polizei keinen kein Täter ermitteln könne. Allgemein sagt er außerdem: „In diesem Wahlkampf mussten wir bereits eine Vielzahl an Beschädigungen als Partei feststellen. Das Klima ist deutlich rauer geworden.“
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Auch die FDP berichtet von beschädigten Großflächenplakaten, etwa an der Universitätsstraße. Ein besonders drastischer Fall sei ein Plakat, auf dem ein Fadenkreuz auf die Stirn von Christian Lindner gemalt wurde. „Solche Sachbeschädigungen zeigen wir konsequent an“, betont die Partei. Für sie sei Vandalismus an Wahlplakaten – ähnlich wie für die SPD – nicht nur Sachbeschädigung, sondern ebenfalls ein Angriff auf Demokratie und Meinungsfreiheit.
AfD und Linke sprechen sich beide gegen Vandalismus im Wahlkampf aus
Die AfD und die Linke haben ebenfalls Erfahrungen mit Vandalismus an ihren Wahlplakaten gemacht. Christian Loose von der AfD erklärt, dass bei der Europawahl etwa 60 Prozent ihrer Plakate beschädigt oder gestohlen worden seien. Er berichtet von Schmierereien mit teils verfassungsfeindlichen Symbolen sowie von abgerissenen Plakaten. Loose wirft politischen Gegnern vor, solche Übergriffe zu dulden. Gleichzeitig betont die AfD, dass sie Gewalt durch ihre eigenen Unterstützer an anderen Parteien und deren Wahlwerbung verurteile: „Niemand, der uns unterstützt, sollte sich auf dieses Niveau herablassen.“
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Bernhard Koolen, Kreissprecher der Linken Bochum, spricht sich im Namen der Partei ebenfalls gegen jede Art von Übergriff aus. „Die politische Auseinandersetzung muss mit Argumenten geführt werden“, so Koolen. Wut sei nachvollziehbar, die Zerstörung von Plakaten aber löse keine Probleme. Zwar seien Plakate der Linken seltener Ziel von Vandalismus, dennoch habe auch seine Partei die Vielzahl an beschädigten Plakaten anderer Parteien wahrgenommen.