Mülheim. Wohin nach der Grundschule? Die Anmeldungen stehen bevor. Wir stellen Schwerpunkte Mülheimer Schulen vor: Heute Haupt-, Real- und Gesamtschulen.
Nach vier Jahren Grundschule steht eine schwierige Entscheidung für Familien an: Auf welche weiterführende Schule soll unser Kind gehen, wo kann es sich am besten entwickeln? Auf der Haupt-, der Real-, der Gesamtschule, dem Gymnasium – oder der Waldorfschule? Was macht die verschiedenen Einrichtungen aus? Welche passt zu den Neigungen und Interessen meines Kindes? Die Redaktion hat bei allen 13 Mülheimer Schulen nachgefragt und stellt Schwerpunkte vor. Heute: die Hauptschule, die drei Realschulen und die drei Gesamtschulen.
Hauptschule Schule am Hexbachtal
Individuelle Förderung ist ein wichtiges Thema an Mülheims einziger Hauptschule. In der fünften Klasse geht es häufig erst einmal darum, schlechte Erfahrungen aus der Grundschulzeit aufzuarbeiten, sagt Angelika van der Most, Ansprechpartnerin für die kommenden Fünftklässler und ihre Eltern. „Zu uns kommen die Schwächsten und die haben oft schon Unschönes erlebt.“ Mit viel Zeit versuche man, alle Kinder auf einen Stand zu bringen. „Dabei geht’s auch um gutes Benehmen, Respekt und Toleranz.“
Weitere Schulthemen aus Mülheim:
- Nach Corona-Hilfsangebote für Mülheimer Schüler verlängert
- Teures Essen in Kitas Schulen: Das Zahlen Mülheimer Eltern
- CO2-Melder für gute Luft: Mülheim will Großauftrag vergeben
- Corona-Studie schreckt auf: Wie Stadt Mülheim reagieren will
- Digitale Schule: Mülheim erhält Fördermittel
In der fünften und sechsten Klasse erwerben die Schüler und Schülerinnen Basiskompetenzen: „Sie lernen zu lernen und strukturiert zu arbeiten.“ Ein Team von fünf Sozialpädagogen hilft dabei; auch Kinder mit besonderem Förderbedarf besuchen die Schule. In späteren Jahren geht es vor allem um Berufsorientierung. Mit Hilfe von multiprofessionellen Teams und Kooperationen mit verschiedenen Unternehmen soll es gelingen, erst ein gutes Praktikum und dann die richtige Ausbildungsstelle zu finden.
Van der Most ermutigt die Eltern ausdrücklich, das Kind zur Hauptschule anzumelden, auch wenn viele vielleicht Hemmungen hätten, Stigmatisierung fürchten. „Für manche Kinder ist so ein kleines System wie das unsere viel besser als zum Beispiel eine riesige Gesamtschule“, glaubt sie. Man setze in Dümpten seit Jahren auf eine enge Bindung zwischen den Jungen, den Mädchen und ihren Lehrkräften.
Realschule Broich
Viertklässler, die die Realschule Broich besuchen möchten und schon erkennbar Interesse an Sprachen oder Naturwissenschaften haben, können sich für eine der Profilklassen entscheiden. Wer Fremdsprachen spannend findet, wählt vielleicht den bilingualen Zweig. Ab der fünften Klasse haben die Kinder dann sechs anstelle von vier Stunden Englisch wöchentlich und ab Jahrgangsstufe acht auch Geschichte und Politik auf Englisch. Sprach- und IT-Diplome können in Broich erworben werden.
Wer Naturwissenschaften liebt, für den ist die Mint-Klasse eine Alternative: Mint steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. „Je nach Jahrgangsstufe haben die Kinder zwei Stunden mehr Biologie oder Chemie“, erklärt Schulleiter Ekkehard Witthoff. Gerade erst habe man die Rezertifizierung als Mint- und als Europaschule erhalten. „Man muss mindestens zwei in Mathe und Sachkunde stehen, wenn man in die Profilklasse aufgenommen werden möchte.“
In Broich setzt man auf ein Doppelstundensystem, da Themen in 90-Minuten-Einheiten „intensiver besprochen“ werden könnten. Witthoff erwähnt die pädagogische Übermittagsbetreuung für die Klassen 5 und 6 in Zusammenarbeit mit dem Jugendzentrum Café Fox. Und die Möglichkeit, in der zehnten Klasse freiwillig an einem Kurs zur Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe teilzunehmen. „Darauf arbeiten wir hier hin.“ Besonders sei auch, dass an der Realschule bereits das digitale Klassenbuch eingeführt wurde. „Das bietet Eltern die Möglichkeit, sich jederzeit zu informieren.“
Auch interessant
Realschule Mellinghofer Straße
Die Realschule an der Mellinghofer Straße möchte nicht in erster Linie auf besondere Angebote aufmerksam machen, hat einen anderen Ansatz: „Wir geben unseren Schülern bewusst Zeit, ihre Stärken und Neigungen zu erkennen und legen uns nicht gleich zu Anfang auf inhaltliche oder fachliche Schwerpunkte fest“, so Schulleiterin Grit Freiberg-Scheidt. Der Leitsatz sei „Erziehung durch Beziehung“. Das kleine System ermögliche es, „im engen Kontakt mit unseren Kindern und ihren Eltern zu sein und ein Lernklima zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen und erfolgreich lernen können“.
Freiberg-Scheidt spricht von „Motivation durch Kompetenz“: „Wenn unsere Kinder Erfolg haben, gehen sie auch anstrengungsbereit auf die nächste Herausforderung zu.“ Deshalb schaffe man immer wieder „Möglichkeiten, in denen sie sich beweisen, ihre Stärken fördern und eigene Baustellen anpacken können“. Die Lehrkräfte legten „Wert auf individuelles Fördern und Fordern, zum Beispiel in Lernwerkstätten“.
Wichtig ist der Schulleiterin auch dies: „Jeder sollte eine Bereitschaft entwickeln, für das eigene Handeln und Unterlassen die Verantwortung zu tragen.“ Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung zu erfahren, seien Voraussetzungen für ein soziales Miteinander und eine positive Entwicklung. „Wir geben unseren Kindern die Gelegenheit, ihr Tun zu reflektieren und begleiten sie zugewandt und konsequent.“
Realschule Stadtmitte
Jan Hansen, Zweiter Konrektor der Realschule Stadtmitte, ist stolz darauf, an einer „mehrfach ausgezeichneten Ganztagsschule mit bilingualem Zweig“ zu arbeiten. Die Abwechslung von Lernen und Freizeit sei dort Programm. Der Unterricht geht an einzelnen Tagen bis 15.45 Uhr. Dabei werde in Blöcken à 90 Minuten gelernt, geübt oder Freizeitangeboten nachgegangen. „Bei meist nur drei Blöcken pro Tag muss weniger Material mit in die Schule gebracht werden, zumal Hausaufgaben in betreuten Arbeitsstunden erledigt werden können.“
„Die RSM ist eine von ganz wenigen Realschulen in NRW, die als Mint-zertifizierte Schule gleichzeitig auch mit dem Gütesiegel Individuelle Förderung ausgezeichnet ist.“ Seit 2006 lernen Kinder mit und ohne Förderschwerpunkten zusammen in inklusiven Lerngruppen; „das Arbeiten in kooperativen Teams hat das gemeinsame Lernen wie das Kollegium fruchtbar geprägt“. Eine weitere tragende Säule sei die Berufs- und Oberstufenvorbereitung in multiprofessionellen Teams.
Highlight für viele Kinder seien die Snacks und das Mittagessen im Bistro Ibala – die warmen Mahlzeiten vom Caterer seien mit einem Komplettpreis von vier Euro eher günstig, so Hansen. Hansen weist auch auf „die 1:1-Ausstattung der Schule mit iPads“ hin: Jedes Kind erhalte auf Wunsch ein Apple-Leihgerät oder nutze ein eigenes, auf das das Programm der Schule installiert werde.
Gesamtschule Gustav-Heinemann-Schule
Die Gustav-Heinemann-Schule ist als Europaschule zertifiziert; gerade erst wurde die Zertifizierung erneuert. Heißt: „Das Thema Europa taucht bei uns in allen Fächern auf“, erklärt Schulchef Thomas Ratz. Es gibt Praktika und Austauschprogramme mit Irland, Frankreich, Polen, Spanien und anderen europäischen Staaten. „Jeder Schüler, jede Schülerin fährt bei uns mal ins Ausland.“ Auch Arbeitsgemeinschaften wie die Italienisch- oder die Russisch-AG ermöglichen einen Blick über den Tellerrand.
Und erst kürzlich hat die Heinemann-Schule eine neue Partnerschule in Frankreich gewonnen: Ein erster Austausch mit den Schülern aus Douai hat im Herbst stattgefunden. Für Ratz steht fest: „Europa ist vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges politisch wieder richtig wichtig geworden.“
Das Schulleben an Mülheims größter Schule ist bunt. Ratz zählt schlagwortartig einige weitere Besonderheiten auf: „Die Mint-Fächer“ spielen in Dümpten eine gewichtige Rolle: „Wir haben da viele Projekte.“ Der Sport-Leistungskurs ist erwähnenswert, „mit der Möglichkeit, einen Übungsleiterschein zu erwerben“. Und das Programm Lernen individuell, kurz Leiv. „Wir haben eine sehr gemischte Schülerschaft und versuchen, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.“ Nur so könne man den Kindern und Jugendlichen gerecht werden.
Gesamtschule Saarn
Die Gesamtschule Saarn ist für ihren Musik- und Musicalschwerpunkt bekannt. Musisch interessierte Kinder können ab der fünften Klasse die spezielle Musikklasse besuchen; sie haben zwei Stunden Musikunterricht mehr als ihre Mitschüler. Regelmäßig werden zudem Musicals aufgeführt, an dem zwischen 150 und 180 Kinder und Jugendliche teilnehmen. Im Frühjahr 2023 steht „Sister Act“ auf dem Programm.
Auch eine Sportklasse gibt es; „bei uns geht es allerdings mehr um Breiten- als um Leistungssport“, sagt Direktorin Claudia Büllesbach. Im Aufbau sei zudem ein digitaler Schwerpunkt.
Und dann setze die Schule noch auf nachhaltige Sprachförderung in den fünften und sechsten Jahrgängen: „Wir versuchen, Defizite in Deutsch auszugleichen. Für alle, die es brauchen, gibt es die Sprachschatzkiste, zwei Extrastunden Deutsch wöchentlich.“ Alle anderen haben die Möglichkeit, alternativ „Power English“ zu wählen, um zum Beispiel begehrte Sprachzertifikate wie das „Cambridge Certificate“ zu erwerben.
Gesamtschule Willy-Brandt-Schule
Karin Rinn, Leiterin der Willy-Brandt-Schule, hebt als Erstes hervor, „dass wir eine der sehr wenigen Schulen in NRW mit Technik-Leistungskurs sind“. Man sei mit vier Technikräumen und dem jüngst eröffneten „Fab Lab“ bestens ausgerüstet. In dem Labor lernen Schüler und Schülerinnen zum Beispiel 3D-Druck kennen oder das Programmieren. „Wir nehmen regelmäßig an Wettbewerben teil und haben schon häufiger gewonnen.“ Zum Beispiel Geld, das in die digitale und technische Ausstattung des Hauses geflossen sei. Die Schule kooperiert unter anderem mit der Junior Uni Ruhr.
Auch Bewegung steht an der Styrumer Schule hoch im Kurs: Der nahe Sportpark ermöglicht einen Sport-Schwerpunkt. Einmal im Jahr geht die komplette Schule auch zusammen baden: „Wir sind dann mit über 1000 Schülern und allen Lehrern im Naturbad. Zum Schwimmen, Spielen und Picknicken.“ Außerdem läuft die gesamte Schule beim Gesundheitslauf im Ruhrpark mit.
„Theaterbrandt“ ist noch ein Stichwort, das fällt, wenn Rinn von ihrer Schule erzählt. Unter diesem Titel stehen Theaterabende, die zum kulturellen Schwerpunkt gehören. Man arbeitet mit dem Theater an der Ruhr zusammen. Und setzt sich auch mit schwierigen Themen auseinander: „In der Regel fahren unsere Oberstufenschüler nach Auschwitz.“
Anmeldungen zu Mülheimer Gesamtschulen werden vorgezogen
Mit dem Halbjahreszeugnis der vierten Klasse erhalten die Eltern eine Empfehlung für den weiteren Bildungsweg ihres Kindes. Diese „begründete Empfehlung“ soll helfen, die richtige Schulform für das Kind zu wählen und eine geeignete Schule zu finden, heißt es auf der Homepage des NRW-Schulministeriums. „Die Empfehlung ist als Hilfestellung der Grundschule gedacht, aber nicht bindend.“
Nach Beratung durch die Grundschule und vorheriger telefonischer Terminabsprache mit der weiterführenden Schule können die Eltern ihr Kind im Sekretariat anmelden. Mitzubringen sind der Anmeldeschein, der allen Viertklässlern ausgehändigt wird, und das aktuelle Halbjahreszeugnis. Je nach Aufnahmekapazität wird entschieden, ob das Kind angenommen werden kann.
„Erfahrungsgemäß wird die Zahl der Anmeldungen zu den Gesamtschulen die Kapazität auch 2023/24 wieder übersteigen“, heißt es auf der Homepage der Stadt Mülheim. Deshalb finden die Anmeldungen zu den Gesamtschulen zeitlich früher statt: Montag, 23. Januar, 8-12 Uhr und 15-18 Uhr, Dienstag, 24. Januar, 8-12 Uhr und 15-18 Uhr, Mittwoch, 25. Januar, 8-16 Uhr.
Kinder, die abgelehnt werden, haben so noch eine Chance auf einen Platz an einer anderen Schule. An der Hauptschule, den Realschulen und den Gymnasien werden die Anmeldungen am Montag, 13. Februar, 8-12 Uhr und 15-18 Uhr, Dienstag, 14. Februar, 8-12 Uhr und 15-18 Uhr, Mittwoch, 15. Februar, 8-12 Uhr entgegengenommen. Die neuen Fünftklässler beginnen am 7. August 2023.