Mülheim. An der Mülheimer Realschule Broich ist die Landtagswahl schon gelaufen – wenn auch nur fiktiv. So würden die Jugendlichen ihre Stimmen verteilen.
Die hellblauen Wahlbögen liegen auf den Tischen, vier Wahlhelfende sitzen dahinter. Nach und nach füllt sich der Raum, in dem drei Wahlkabinen und eine Wahlurne auf die entscheidenden Kreuzchen warten. Wer noch nicht dran ist, setzt sich kurz auf einen der bereitgestellten Stühle.
Die vielen Wahlplakate im Stadtgebiet zeigen es deutlich: Diesen Sonntag ist Landtagswahl, Mülheimerinnen und Mülheimer können mitentscheiden, wie sie sich auf Landesebene vertreten sehen wollen. Während alle über 18-Jährigen entweder per Briefwahl wählen oder am Sonntag ins Wahllokal gehen können, haben Jugendliche der Realschule Broich schon am Donnerstag über die Zukunft ihrer Stadt entschieden. Wenn auch nur fiktiv. Denn in NRW darf nur bei der Kommunalwahl ab 16 gewählt werden.
Mülheimer Jugendliche kennen Politiker schon von Wahlplakaten
Genau das sei der Grund dafür gewesen, mit der Schule erneut an der „Juniorwahl“ teilzunehmen, erklärt Ebru Cabukogullari, Lehrerin für Deutsch und Wirtschaft/Politik. Durch die Wahlsimulation sei der begleitende Politikunterricht viel greifbarer und spannender geworden. Begleitende Materialien wurden vom gemeinnützigen und überparteilichen Verein Kumulus e.V. aus Berlin bereitgestellt, der unter anderem mit dem EU-Parlament und dem Deutschen Bundestag zusammenarbeitet. „Daher sind die Materialien auch besonders realistisch“, so Cabukogullari.
„Die Schulen geben im Vorfeld ihre Adressen an und erhalten dann die Wahlbögen mit den Kandidatinnen und Kandidaten des jeweiligen Wahlkreises“, erklärt Lehrer Christian Heinemann. So können die Jugendlichen unter anderem zwischen CDU-Kandidat Heiko Hendriks, Grünen-Kandidatin Kathrin Rose und SPD-Kandidat Rodion Bakum wählen. „Für die Jugendlichen ist das cool, weil sie die Leute von den Wahlplakaten in der Gegend kennen.“
„Kinder von heute sind die Wähler von morgen“
Und das Projekt scheint gut anzukommen. Cabukogullari kann von einer regen Beteiligung im Unterricht berichten. „Es gab Zwischenrufe, die Schüler wussten zum Beispiel gut, wofür die AfD steht.“ Auch bei den Jugendlichen zuhause habe das Projekt für Gesprächsstoff gesorgt. „Die Eltern können immerhin am Sonntag wählen gehen. Doch die Kinder von heute sind die Wähler von morgen – daher ist die Vorbereitung so wichtig“, findet die Lehrerin.
Schon seit Beginn der Corona-Pandemie sei das Interesse an Politik gewachsen. „Sie waren direkt betroffen von den Auswirkungen. Masken-Pflicht, Online-Unterricht, keine Theater-Besuche mehr. Da waren politische Entscheidungen präsent.“ Doch was sagen die Schülerinnen und Schüler selbst zur Juniorwahl?
Wahl ab 16: Jugendliche könnten Verantwortung beweisen
Yamuna und Sophia, beide 15, haben sich freiwillig als Wahlhelferinnen gemeldet. „Junge Leute sollen auch wählen können“, findet Yamuna. Sophia sieht in der Wahl ab 16 die Chance, dass „Jugendliche ihre Verantwortung beweisen können“. Beiden sind Maßnahmen gegen den Klimawandel wichtig, und beide fühlen sich nicht gut genug repräsentiert. Schulkamerad Raffael, 16, stört sich an den „Versprechungen der Politik, die dann doch nicht gelten“.
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Und wie würde die Wahl am Sonntag ausgehen, wenn die neunten und zehnten Klassen der Realschule Broich entscheiden könnten? Von 305 Wahlberechtigten haben 251 eine Stimme abgegeben. Bei der Erststimme lag Rodium Bakum mit 84 vorn. 57 Stimmen gingen an Heiko Hendriks von der CDU und 39 Stimmen an Grünen-Politikerin Rose. 26 Stimmen erhielt Christian Mangen von der FDP, 13 Stimmen bekam Wolfgang Lessau von der AfD und 11 Stimmen gingen an Marc Scheffler von den Linken. Bei den Zweitstimmen lag erneut die SPD vorne, gefolgt von CDU, FDP und den Grünen.