Mülheim. Die Mülheimer Willy-Brandt-Schule hat gesundes Mensaessen neu gedacht: Schüler kochen für Mitschüler und lernen dabei was über den Caterer-Beruf.

Kantinenessen geht selten ein guter Ruf voraus. An der Willy-Brandt-Schule aber ist sowohl von der Schülerschaft als auch vom Lehrpersonal einstimmig zu hören „Es ist lecker!“ Schmecken soll das Essen, so viel ist klar, in der Schule muss es aber auch den hohen Qualitätsstandards für Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DEG) entsprechen. Deshalb entwickelte die Schule gemeinsam mit den Eltern und dem Schulträger ein neues Konzept, das seit den Herbstferien von der Cateringfirma „ExtraClass Schulverpflegung“ unter der Leitung von Sandra Hotz gestaltet wird.

Soweit möglich werden nur lokale und regionale Produkte verarbeitet, fast noch wichtiger aber ist, dass die Klassen 8 bis 10 in die Mittagsversorgung aktiv als Berufsvorbereitung mit einbezogen sind. Täglich wird frisch gekocht, auch wenn das warme Essen ausschließlich Montag, Mittwoch und Donnerstag angeboten wird. Aber eine Bolognese-Sauce muss nun mal 4 bis 5 Stunden gekocht werden, die braucht viel Vorlauf, weiß Mathias Kocks, der stellvertretende Schulleiter.

Die Köchinnen und Köche sind Schüler der zehnten Klassen in Mülheim

Um 11.40 Uhr beginnt die 4. Stunde, in der die Kinder das so genannte Offene Angebot nutzen können. Zu dieser geregelten Freizeitgestaltung gehören neben Sport unter anderem auch Hausaufgaben, Holz- und Musikwerkstatt, die Bücherei und die ‚Mathe-Sanitäter‘, die dabei helfen, die nächste Klausur mit Bravour zu schaffen, es ist aber auch die Zeit des Mittagessens. Kaum ist die 3. Stunde beendet, strömen die vor allem jüngeren Schülerinnen und Schüler auch schon herein. Der Einlass geht schnell, denn einen Tag vorher müssen sich Interessierte für das Essen eintragen.

Der Schüler Efekan aus der 10. Klasse brät in der Küche der Willy-Brandt-Schule in Mülheim Hackfleischröllchen für das Mittagessen in der Mensa. Er nimmt an dem berufsvorbereitenden Fach „Catering“ teil, das für die Klassen 8 bis 10 angeboten wird.
Der Schüler Efekan aus der 10. Klasse brät in der Küche der Willy-Brandt-Schule in Mülheim Hackfleischröllchen für das Mittagessen in der Mensa. Er nimmt an dem berufsvorbereitenden Fach „Catering“ teil, das für die Klassen 8 bis 10 angeboten wird. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Jetzt nur den Schülerausweis auf den Scanner legen, Platz suchen, Jacke am Stuhl aufhängen, dann geht’s ab zum Büffet. Dort stehen die Tages-Köchinnen und -Köche der 10. Klasse parat, die bereits zuvor im Berufsvorbereitungskurs „Catering“ alles Nötige geschnippelt und vorbereitet haben. Manche waschen schon die benutzten Pfannen und Töpfe ab, denn auch die Nachbereitung ist Bestandteil des Kurses wie auch Präsentation und Darreichung. Sie alle stechen durch ihre schwarze Bekleidung hervor, zum Teil auch mit langer schwarzer Schürze, sind als Macher leicht zu identifizieren, wie Efekan, der heute die leckeren Cevapcici gebraten hat.

Viel Auswahl in der Mensa für die Mülheimer Schülerinnen und Schüler

Gerade gießt er vorsichtig die sämige Champignon-Rahm-Sauce über die hingehaltenen Nudeln, fragt zwischendurch aufmerksam: „Noch mehr?“ – genauso wie’s ein professioneller Caterer-Mitarbeiter täte. Valencia neben ihm ist für die Tomanten-Thunfisch-Sauce zuständig, hat aber in der Vorbereitungszeit in der Lehrküche die Tomaten geschnitten und den Salat vorbereitet. Am Salatbuffet braucht niemand zu bedienen, aber Samira und Aurora, die sich ebenfalls um den Salat gekümmert haben, versorgen ihre Kundschaft gern mit den verführerisch duftenden Cevapcici, die häufig mit dem würzigen Djuvec-Reis kombiniert werden.

Neue Standorte ermöglichen Mülheim ab 22/23 mehr Kita-PlätzeBei gleich zwei Sorten Pasta und dann noch Reis fällt die Wahl gar nicht so leicht. Zumal es noch gebratene Paprika gibt und eine Gemüse-Nudel-Suppe. Nur 13 Minuten nach der Kantinenöffnung stehen längst die zweiten großen Schüsseln mit Cevapcici und Djuvec-Reis in den Catererbehältern, wo sie warm bleiben. Schließlich warten erfahrene Mensagänger den ersten Run gerne ab, bevor sie sich ganz in Ruhe zum warmen Mittagessen begeben.

Die Schülerschaft der Oberstufe aber bedient sich meist lieber am Schulkiosk, denn sie haben sehr wohl jetzt Unterricht, sind deutlich mehr in Hetze, haben aber auch weniger Appetit auf ein warmes Mittagessen, erläutert die Schulleiterin Karin Rinn. Falls etwas übrig bleiben sollte, telefoniert Sandra Hotz mit der Obdachlosenhilfe „Solidarität für Mülheim“. „Aber die kommen nur, wenn’s mindestens 15 Essen sind, sonst lohnt sich das nicht für die.“ Die Zubereitungsreste werden sowieso abgeholt und zu Schweinefutter verarbeitet, berichtet Mathias Kocks, der auch Catering unterrichtet.

Derzeit werden 180 Kinder mit Mittagessen versorgt, es sollten wieder über 200 werden

Yaren und Lara aus der 10. Klasse bereiten an der Willy-Brandt-Schule in Mülheim Obst fürs Dessert in der Mensa zu.
Yaren und Lara aus der 10. Klasse bereiten an der Willy-Brandt-Schule in Mülheim Obst fürs Dessert in der Mensa zu. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Kantinenessen gab’s schon lange in der Styrumer Gesamtschule, doch durch immer wieder nötige Kantinenschließungen aufgrund von Corona dauert es jetzt natürlich, wieder eine Routine zu finden, wieder auf die alte Stärke von 200 bis 2

Wassermelone wird als Dessert für das Mittagessen in der Mensa präsentiert: Die Schülerinnen und Schüler im Fach „Catering“ kochen für die Mitschüler.
Wassermelone wird als Dessert für das Mittagessen in der Mensa präsentiert: Die Schülerinnen und Schüler im Fach „Catering“ kochen für die Mitschüler. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

40 versorgten Kindern zu kommen. Derzeit sind es 180, die regelmäßig hier essen. Doch Chris Wortmann, Lehrer für Biologie und Sozialwissenschaften, sowie Mathias Kocks und Schulleiterin Karin Rinn, die alle drei maßgeblich zusammen mit Sandra Hotz an der Planung beteiligt waren, sind sich einig: Es läuft, und es läuft sehr gut.

Das Schulessen kostet 3,90 Euro

Schulleiterin Karin Rinn ist es ein großes Anliegen, die gute Zusammenarbeit mit dem Schulträger hervorzuheben. „Herr Albrecht von Amt 45, dem Schulamt, gab uns große Unterstützung. Es ist wirklich wichtig, das zu haben.“Dreieinhalb feste Mitarbeiterinnen hat Sandra Hotz für die Kantine und den Schulkiosk, zum Teil Schulmütter, aber auch ehemalige Schülerinnen. Trotz der frischen Lebensmittel kostet das Kantinenessen nur 3,90 Euro. Ein angemessener Preis, denn ein Nachtisch, ob Pudding oder zurechtgeschnittenes, geschältes Obst, ist auch stets dabei.

Dank der Mundpropaganda, denn die hier essenden Kinder sind begeistert, unterhalten sich auch viel über das Essen – zumal erschreckend viele ohne Frühstück in die Schule kommen. Deshalb werden in der zweiten Schuljahreshälfte Werbeaktionen geplant, um das Angebot noch bekannter zu machen. Etwa mit Probierhäppchen durch die Klassen zu ziehen. Nachwuchssorgen im Cateringbereich muss sich niemand machen, vielmehr gibt es schon viele Anfragen, wann man denn den Caterer-Kurs belegen könne.

Ob dann auch wirklich jemals der Catererberuf eingeschlagen wird, irgendwann nach der Schule, spielt ja keine Rolle. „Es macht Spaß“, sagen nämlich sowohl die Schulverantwortlichen als auch die aktiven Köchinnen und Köche.