Emmerich. Politik contra Verwaltung: Im Rat wurde final grünes Licht für eine weitere Filiale des Drogeriemarktes an der ehemaligen Kaserne gegeben.

Die Emmericher Politik erhörte auch im Rat die Warnung der Verwaltung nicht und gab bei vier Nein-Stimmen und einer Enthaltung grünes Licht für eine Ansiedlung einer dm-Filiale an der ehemaligen Kaserne. Wie berichtet gibt es Vorbehalte, dass ein Drogeriemarkt an dieser Stelle dem dm am Neumarkt schaden könnte.

Dr. Stefan Wachs, Erster Beigeordneter, machte nochmal deutlich, dass es selten in der Vorbereitung eines Sachverhaltes in der Verwaltung und bei anderen relevanten Akteuren eine solche Einigkeit gegeben habe: „Wir waren gezwungen als Verwaltung das abzulehnen.“ Selbst der Investor habe Umsatzverluste für andere Drogeriemärkte in Emmerich schon prognostiziert. „Wir kämpfen um jeden Kunden in den Zentren“, erinnerte Wachs.

Aber die Politik diskutierte nicht mehr groß und blieb bei ihrer Haltung. Besonders CDU, SPD und BGE stimmten für die Ansiedlung.

+++ Das berichtete die NRZ zuvor +++

Die Mehrheit steht. Auch im Haupt- und Finanzausschuss stimmten die Fraktionen von CDU, SPD und BGE dafür, dass durch die Verwaltung alle notwendigen Schritte zur Umsetzung der vom Investor vorgelegten Planung zur Entwicklung eines Drogeriemarktes am ehemaligen Kasernengelände eingeleitet werden.

Emmericher Werbegemeinschaft gegen Ansiedlung

So sieht die Planung des Investors für das ehemalige Kasernengelände aus.
So sieht die Planung des Investors für das ehemalige Kasernengelände aus. © Emmerich | Stadt

Seit der ersten Abstimmung im Ausschuss für Stadtentwicklung haben sich zahlreiche Gegner der Pläne einer dm-Filiale außerhalb der Innenstadt zu Wort gemeldet. So wies der Erste Beigeordnete, Dr. Stefan Wachs, explizit daraufhin, dass nun auch eine Stellungnahme der Emmericher Werbegemeinschaft den Unterlagen beigefügt wurde. Abschließend wird in Emmerich der Antrag der drei Fraktionen dann auf der Ratssitzung am 20. Juni behandelt.

>>> So berichtete die NRZ von der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung

Sichtlich genervt verfolgte Peter Hinze die Diskussion. Das Votum im Ausschuss für Stadtentwicklung passte dem Emmericher Bürgermeister dann auch so gar nicht in den Kram. Denn die deutliche Mehrheit der Mitglieder hat für die Ansiedlung des Drogeriemarkts dm an der ehemaligen Kaserne gestimmt.

Stadtverwaltung ist gegen Ansiedlung von dm an der ehemaligen Kaserne

Im Emmericher Rathaus sieht man das kritisch (die NRZ berichtete). Jens Bartel, Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung, verdeutlichte dann auch noch mal die möglichen Auswirkungen. „Jeder dritte Kunde, der jetzt bei dm in der Innenstadt ist, geht dann zur Kaserne“, prognostizierte er aufgrund eines Gutachtens. „Aber es kommt auf jeden einzelnen Menschen an, den wir in der Innenstadt haben.“

Auf dieser Brachfläche könnten Edeka und ein dm-Markt entstehen.
Auf dieser Brachfläche könnten Edeka und ein dm-Markt entstehen. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Auf der Tagesordnung war der Punkt, da CDU, SPD und BGE einen gemeinsamen Antrag formuliert hatten. Alle notwendigen Schritte zur Umsetzung der durch den Investor vorgelegten Planung zur Entwicklung eines Drogeriemarktes am ehemaligen Kasernengelände sollen eingeleitet werden.

Mehrheit im Ausschuss ist für eine Ansiedlung

Die Mehrheit stand dann auch im Ausschuss. „Wir tippen“, so CDU-Fraktionschef Dr. Matthias Reintjes, „dass der Bedarf nicht nur für zwei Drogeriemärkte da ist, sondern wahrscheinlich noch ein bisschen höher ist.“ Vergleichbare Städte, die allerdings über keinen Einpendelverkehr aus den Niederlanden verfügen würden, hätten etwa drei Drogeriemärkte.

Nicht nur deswegen, wäre die Gefahr, dass die dm-Filiale in der Innenstadt schließen könnte, nicht wirklich gegeben. Vielmehr könnte man Kunden, die jetzt schon direkt nach Kleve fahren, mit einem Markt an der Ex-Kaserne in Emmerich halten.

In der Innenstadt fehlen alternative Flächen

Vor allem aber ein Argument führte Dr. Reintjes an: „Uns fehlen aktuell in der Innenstadt Alternativen. Wir sind als CDU-Fraktion der Auffassung, dass wir nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag eine rein theoretische Diskussion über einen potenziellen weiteren Drogeriemarkt in der Innenstadt führen sollten – den wir uns natürlich auch wünschen würden.“ Zum Hintergrund: Sowohl Rossmann als auch Müller bekunden wohl Interesse daran, sich in der Emmericher Innenstadt anzusiedeln, es fehlen aber geeignete Ladenflächen, die über eine gewisse Quadratmeterzahl verfügen.

Im Gegensatz zu CDU, SPD und BGE schlossen sich die anderen politischen Gruppierungen den Bedenken der Stadtverwaltung an. Jörn Bartels (Freie Wähler) etwa könnte sich anstelle einer dm-Filiale lieber einen Getränkemarkt am ehemaligen Kasernengelände vorstellen. „Das wäre auch unkritisch für die Innenstadt“, sagte er.

Bezirksregierung hat das letzte Wort

Um eins klar festzuhalten: Das Votum im Ausschuss bedeutet nicht, dass der dm-Markt an der ehemaligen Kaserne auch tatsächlich gebaut wird. Zunächst muss der Rat im Juni die Entscheidung bestätigen. Die deutliche höhere Hürde liegt dann aber außerhalb von Emmerich. Denn ohne die Zustimmung der Bezirksregierung in Düsseldorf kann sich der Drogeriemarkt dort nicht ansiedeln. Nur mit einer positiv verlaufenen Ausnahmeprüfung ist eine Ansiedlung überhaupt möglich, denn es müssen landesplanerische Vorgaben erfüllt werden.

>>> Widerstand von der Emmericher Werbegemeinschaft

Gegenwind für das Vorhaben eine dm-Filiale an der ehemaligen Kaserne zu bauen, gibt es nun auch von Seiten der Emmericher Werbegemeinschaft. „Die EWG ist geschlossen dagegen und hat ebenfalls einen Antrag bei der Stadt gestellt“, erklärt Vorsitzender Ufuk Cosguner.

>>> So berichtete die NRZ bisher

Der Drogeriemarkt dm möchte sich in Emmerich am ehemaligen Kasernengelände ansiedeln. CDU, SPD und BGE – also eine deutliche Mehrheit im Rat – sehen das positiv. Der Bedarf für einen zweiten Drogeriemarkt in Emmerich ist vorhanden. Das sieht auch die Stadtverwaltung so. Trotzdem ist die Stadtverwaltung gegen eine Ansiedlung an diesem Standort.

Beigeordneter Dr. Stefan Wachs (von links), Bürgermeister Peter Hinze und Fachbereichsleiter Jens Bartel sorgen sich um die Innenstadt.
Beigeordneter Dr. Stefan Wachs (von links), Bürgermeister Peter Hinze und Fachbereichsleiter Jens Bartel sorgen sich um die Innenstadt. © NRZ | tt

Klingt erstmal komisch. Doch im Emmericher Rathaus gibt es eine große Sorge: die Innenstadt. „Die Innenstadt ist für jede Kommune existenziell wichtig“, erklärt Dr. Stefan Wachs, Erster Beigeordneter. „Wenn ich die nicht mehr habe, habe ich das Herz einer Stadt nicht mehr.“ Und dass die Situation auch jetzt schon extrem kritisch ist, dürfte kein Geheimnis sein.

Planungsbüro spricht von Sargnagel für die Innenstadt

Sollte also wie vom Investor, in diesem Teil der ehemaligen Kaserne ist die Schoofs-Gruppe aktiv, neben dem bereits bestehenden Aldi noch ein Edeka und zusätzlich dann auch noch dm kommen, könnte dies der Sargnagel für die Innenstadt bedeuten. Dieses martialische Wort nutzt etwa das Planungsbüro Schneider und Straten, die dringend von einer Genehmigung des Vorhabens abraten.

Mehr noch: Ihre Maxime für die Einzelhandelsansiedlung in Emmerich lautet: „Das zukünftige Handeln in Emmerich muss alleine daran gemessen werden, ob es frequenzbringend für die Innenstadt ist oder nicht.“ Darüber hinaus spekuliert das Büro Schneider und Straten, es würde die Gefahr bestehen, dass die dm-Filiale in der Innenstadt mittelfristig nicht weitergeführt werde, wenn ein neuer dm-Markt an der Kaserne eröffnet würde.

Eine Ausnahmeprüfung ist nötig

Grundsätzlich ist die Ansiedlung eins Drogeriemarkts in diesem Teil der Stadt nur mit einer Ausnahmeprüfung überhaupt möglich, denn es müssen landesplanerische Vorgaben erfüllt werden. Jens Bartel, Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung im Emmericher Rathaus, sieht einen Punkt dabei nicht erfüllt. Denn bei den landesplanerischen Vorgaben ist die Rede davon, dass sich „keine wesentlichen Beeinträchtigungen“ durch solch eine Ansiedlung ergeben dürfen. „Jeder Kunde, der zur Kaserne zu dm fährt, fehlt in der Innenstadt“, so Bartel. Dadurch fehle dann auch der so genannte Kopplungseffekt. Sprich: Weitere Einkäufe bei anderen Geschäften in der Innenstadt würden flach fallen.

Auch Rossmann und Müller bekunden Interesse am Standort Emmerich

In der durchaus komplizierten Gemengelage ergeben sich noch weitere Aspekte. Denn auch andere Drogeriemärkte wie etwa Rossmann oder Müller bekunden Interesse daran, sich in Emmerich anzusiedeln – gerne auch wie von der Stadt gewünscht im innerstädtischen Bereich. Das Problem: Es fehlen schlicht die entsprechenden Flächen. Aus historischen Gründen verfügen die Geschäftsimmobilien nicht über die nötige Quadratmeterzahl, die diese Drogeriemärkte wollen.

Im spekulativen Bereich liegt dann auch die Frage, ob sich Rewe zu einem langfristigem Commitment zu Emmerich durchringen kann, nachdem nun Edeka als Mitbewerber im Innenstadt-Bereich hinzugekommen ist.

Edeka an der Kaserne soll qualitative Nahversorgung steigern

Apropos Edeka. Wie passt die mögliche Ansiedlung eines weiteren Edeka-Marktes an der Ex-Kaserne zum übergeordneten Ziel, die Innenstadt zu schützen? Der Aldi sei zunächst einmal an der Kaserne gebaut worden, um die dortige Bevölkerung fußläufig zu versorgen, so Bartel. Im Einzelhandelskonzept habe sich dann herausgestellt, „dass wir insbesondere in der Qualität ein Problem haben“, erklärt der Stadtplaner. „Wir haben sehr viele Discounter.“ Wenn sich die Kaserne, auch mit der Wohnsituation so weiterentwickelt, wie geplant, sei dies ein guter Standort, um noch mal etwas für die qualitative Nahversorgung zu tun.

>>> Die weitere Vorgehensweise

Der Antrag von CDU, SPD und BGE lautet, dass alle notwendigen Schritte zur Umsetzung der vorgelegten Planung zur Entwicklung eines Drogeriemarktes am ehemaligen Kasernengelände eingeleitet werden sollen. „Es geht darum, einen Planungsvorgang auf eine gewisse Art und Weise auf die Schiene zu bringen“, so Dr. Stefan Wachs. „Es geht noch nicht darum, es wird gebaut oder es wird nicht gebaut.“ Dies sei nämlich Aufgabe dieses Planungsvorganges, abzuwägen, kann gebaut werden und wenn ja, was kann gebaut werden und in welchem Umfang kann gebaut werden.“

Ein Beschluss des Rates auf der Sitzung im Juni ist nötig, da es sich bei dem Antrag der drei Fraktionen um eine Abweichung vom für den Rat bindenden Einzelhandelskonzept handelt. Sollte der Antrag dann eine Mehrheit erhalten, würde sich dann das Bebauungs- und Flächennutzungsplanverfahren anschließen.