Emmerich. „Wir können Krankenhaus“, sagt der neue Geschäftsführer des Willibrord-Spitals. Warum 16,2 Millionen Euro des Kreises Kleve gut angelegt sind.

Applaus gab es am Mittwoch auf der Betriebsversammlung des St. Willibrord-Spitals in Emmerich von den Mitarbeitenden. Und zwar für die Protagonisten der Krankenhaus-Rettung. „Den Mitarbeitern sind Brocken vom Herz gefallen“, sagt Elmar H. Willebrand, Geschäftsführer von Accu Meda. „Es waren Gebirge“, ergänzt der Kreis Klever Landrat Christoph Gerwers in einem anschließenden Gespräch. Die Menschen hatten Angst um ihre Arbeit. Jetzt können Accu Meda, der Kreis Kleve und Insolvenzverwalter Dr. Bero-Alexander Lau einen Insolvenzplan vorlegen, den höchst wahrscheinlich die Gläubiger billigen werden. Und das hieße: Das Willibrord-Spital bleibt der Region erhalten.

+++ Abonnieren Sie den Kanal NRZ Emmerich auf WhatsApp +++

+++ Folgen Sie uns auf Instagram auf www.instagram.com/nrz_emmerich_kleve +++

Patientenzahlen von 2018 und 2019 wieder erreichen

„Wir haben hier einen exzellenten Insolvenzverwalter“, lobt Willebrand die Arbeit von Dr. Lau. Auch Landrat Gerwers erkennt einen wirtschaftlich solide kalkulierten Plan: „Wir vertrauen diesem Plan.“ In Summe 16,2 Millionen Euro investiere der Kreis. Mehr werde es nicht sein müssen. Dass das Emmericher Spital im NRW-Krankenhausplan 96 Prozent der beantragten Leistungen bekommen würde, war im Vorfeld klar. Diese Vorabinformation habe man bekommen, ein wesentlicher Baustein für die Zukunftspläne. „Unser Maß sind die Patientenzahlen von 2018 und 2019. Die wollen wir wieder erreichen. Wir dürfen diese Patienten jetzt wieder versorgen“, sagt Willebrand.

So kamen Accu Meda und der Kreis Kleve zusammen

Wie kam es zu der Liaison Kreis Kleve und Accu Meda? „Wir hatten Roland Berger als professionellen Berater eingeschaltet. Er hat 90 Unternehmen angefragt, ob sie sich überhaupt einen Kauf eines Krankenhauses vorstellen könnten. Alle haben abgesagt“, berichtet Insolvenzverwalter Dr. Bero-Alexander Lau. Dies lag in dem Moment sicherlich auch daran, dass die Regierung ihren Krankenhausplan noch nicht abschließend vorgelegt hatte. Vieles war unklar.

Aber auch der Kreis Kleve war aktiv: „Wir haben uns gefragt, wie wir mit dem Problem umgehen. Wir wollten die stationäre Versorgung und die Arbeitsplätze sichern. Aber wir haben kein Krankenhaus-Know-How. Wir haben erst KKLE gefragt, die haben sofort abgewunken“, erklärt Landrat Christoph Gerwers im Bezug auf die Katholische Karl-Leisner Trägergesellschaft, die linksrheinische Krankenhaus-Gesellschaft.

Dann kannte jemand wen, der jemanden kannte. Gerwers rief Elmar H. Willebrand von Accu Meda an: „Ich habe ihn sofort angerufen und die Hosen runtergelassen. Er sagte zwei Dinge, die mir Mut machten: ‚Die Mitarbeitenden sind das wichtigste‘. Und: ‚Ich kenne mich mit von der Insolvenz bedrohten Krankenhäusern aus.‘“ Alle rund 100 Spitäler, die Willebrand mit betreut hat, seien noch am Markt. So wurde die Liaison konkreter.

Nach wie vor mache das Spital Verluste, so Willebrand. Und das werde auch noch eine Weile anhalten, bis die Maßnahmen komplett greifen. Denn noch gelten Restriktionen des Insolvenzrechts. Investitionen könnten etwa nicht getätigt werden. Erste Erfolge seien dennoch erkennbar. So würden die 4,5 Millionen Euro, die der Kreis bereit gestellt hat, um Verluste aufzufangen, nicht komplett gebraucht. Ein sechsstelliger Betrag wurde eingespart, so Willibrand.

Kreis Kleve kann Gegenstände als Anlagevermögen bilanziell verbuchen

„Wir machen mindestens für fünf Jahre das Management und setzen die Pläne um. Dass das komplett schief geht, das Risiko geht gegen Null. Wir haben die Prozesse im Griff. Wir können Krankenhaus!“

Elmar H. Willebrand
Geschäftsführer Accu Meda

Viele würden unken, dass die 16,2 Millionen Euro, die der Kreis Kleve investiert, nun direkt verbrannt seien. Aber so sei es nicht: „Das Geld wird sinnvoll investiert und in drei Tranchen ausgezahlt“, schildert Willebrand. Die ersten rund fünf Millionen Euro dienten als Umlaufvermögen. Das Working Capital sei zur Sicherheit gedacht, wenn etwas schief gehe. Eine Liquiditätsreserve. Aber das Geld gehöre dem Kreis Kleve, es sei halt ein Risikokapital.

Bilder Willibrord-Spital Emmerich - Feature
Ins Willibrord-Spital wird investiert, damit das Krankenhaus zukunftsfähig ist. © (...) | Pro Homine

Die zweiten rund sechs Millionen Euro seien für Investitionen gedacht, also dann, wenn hoffentlich bis Ende März 2025 das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist. „Das ist Geld um Maschinen zu kaufen, den Umbau voranzutreiben, Röntgengeräte oder den OP-Bereich zu verbessern, auch Instandhaltungen. Das läuft nach einem klaren Plan“, erklärt der Accu Meda-Geschäftsführer. Diese Gegenstände gehören dem Kreis Kleve, können bilanziell als Anlagevermögen verbucht werden.

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Kleve und dem Umland

Ziel: In zweieinhalb Jahren wieder schwarze Zahlen vorweisen

Die dritte Summe fängt die Verluste auf, die jetzt tatsächlich auftreten. Dieses Geld sei erstmal weg. Aber diese Summe sei wie ein verzinsten Darlehen, das dem Kreis Kleve irgendwann zurückzuführen ist. Und zwar dann, wenn das Spital wieder Überschüsse erzielt. „Wir gehen davon aus, in zweieinhalb Jahren den Break-even-Point zu erreichen und eine schwarze Null zu schreiben. Das ist schon sportlich. Ich hatte mich erst dagegen gewehrt, aber meine Kollegen sagten, das klappe“, verrät Willebrand. Nach fünf Jahren sollte eine Hälfte des Darlehens (die Verluste) zurückgezahlt sein, nach zehn Jahren soll die Schuld beglichen sein.

+++ Abonnieren Sie den Kanal NRZ Kleve auf WhatsApp +++

+++ Folgen Sie uns auf Instagram auf www.instagram.com/nrz_emmerich_kleve +++

Im Idealfall gehören dem Kreis Kleve ab einem gewissen Zeitpunkt 75 Prozent eines funktionierenden Hauses. Für Investoren sind das Assets, also Vermögenswerte, die das Objekt spannend machen. Accu Meda hat keinen finalen Plan: „Wir machen mindestens für fünf Jahre das Management und setzen die Pläne um. Dass das komplett schief geht, das Risiko geht gegen Null. Wir haben die Prozesse im Griff. Wir können Krankenhaus!“, unterstreicht Elmar H. Willebrand.

Langfristig will der Kreis Kleve wieder verkaufen

Klar ist, dass auch Accu Meda eine Rendite sehen will. Aber diese fließe erfolgsabhängig. Macht das Krankenhaus Plus, dann gehen drei Viertel an den Kreis Kleve und ein Viertel an Accu Meda – gemäß der Beteiligungen. Der Kreis Kleve erhält das Spital mit seinen 480 Mitarbeitern, weitere 150 indirekte Arbeitsplätze sind hier auch betroffen, kann die Daseinsvorsorge seiner Bürger sichern, hat sein Geld weitgehend gesichert, zumal auch das Haus als Wert dahinter stehe und „hat ab dem ersten Tag eine Sozialrendite“, wie Willebrand es formuliert.

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Emmerich, Rees und Isselburg

Langfristig soll das Spital attraktiv gemacht werden für einen Verkauf: „Wir wollen als Kreis Kleve nicht Träger eines Krankenhauses bleiben“, betont Gerwers, der aber ungern in die Glaskugel schauen mag, wie sich die Welt entwickelt.