,Düsseldorf. Seit langem steht die Sicherheitsfirma DSW am Flughafen in der Kritik. Jetzt wurde ihr Vertrag verlängert. „Unfassbar“, sagt die Gewerkschaft.
Wie es aussieht, bleibt beim Düsseldorfer Flughafen erstmal alles beim Alten, wenigstens was die Fluggastkontrollen anbelangt. Mit anderen Worten: Der Deutsche Schließ- und Wachdienst (DSW) wird mit einem weiteren Vertrag für mindestens vier Jahre ausgestattet. Die Gewerkschaft Verdi bezeichnet diese Entscheidung als „unfassbar“. Wir liefern die Hintergründe.
Deutscher Schließ- und Wachdienst laut Düsseldorfer Gewerkschafter untragbar
Die Liste an - mindestens bedenkenswerten - Aktionen des Dienstleisters DSW ist lang: so soll das Unternehmen rund 100 Mitarbeitende während der Corona-Pandemie krankheitsbedingt entlassen haben. Kurzarbeitergeld soll missbräuchlich genutzt worden sein, außerdem sei die Inflationsausgleichsprämie zweckentfremdet worden. Die Arbeit des Betriebsrates werde behindert, sachgrundlos würden Arbeitsverträge befristet und dann mache der DSW seine Arbeit auch noch so schlecht, dass die Bundespolizei bereits zwei Abmahnungen an den Dienstleister adressiert hatte.
Und doch: Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums, das in der Causa zuständig ist, hat sich allem Anschein nach dafür entschieden, den in die Kritik geratenen Dienstleister nochmal mit einem Vier-Jahres-Vertrag auszustatten. Und oben drauf gibt es sogar noch eine Verlängerungsoption. Gewerkschafter wie Özay Tarim bringt das auf die Palme: Die Entscheidung sei „nicht nachvollziehbar“, ja sie sei sogar „unfassbar“, meldet der Verdi-Gewerkschaftssekretär. DSW sei in den vergangenen Jahren ausschließlich negativ in Erscheinung getreten, so Tarim weiter. Beim Arbeitsgericht Düsseldorf sei der DSW sogar „Dauergast“.
Und tatsächlich: Allein der Betriebsrat hat in mehr als 60 Fällen gegen den DSW geklagt. Aktuell ist eine Klage, mit der der Betriebsrat versucht, eine Teilbetriebsversammlung während der Arbeitszeit der Angestellten durchzusetzen. Denn genau daran scheint der DSW kein Interesse zu haben, dass sich also Angestellte während ihrer Arbeitszeit organisieren. Und überhaupt, so Tarim weiter, habe man es beim DSW nicht so mit Betriebsversammlungen. Weder die Geschäftsführerin Nicole Oppermann, noch die Teilzeit-Niederlassungsleiterin Mehtep Khalaj hätten innerhalb der letzten vier Jahre überhaupt an einer Betriebsversammlung teilgenommen, behauptet Tarim.
So kulant der DSW mit seinen Top-Level-Angestellten umgeht, so gnadenlos sei man gegenüber den Beschäftigten. Die Rede ist davon, dass Mitarbeiter eingeschüchtert worden seien. So erklärt Tarim, dass die Geschäftsführung die Teilbetriebsversammlungen wie folgt hintertreibt: „Es wurden Aushänge angefertigt, die Mitarbeitern arbeitsrechtliche Konsequenzen androhten, sollten sich diese während der Arbeits zu Betriebsversammlungen treffen.“
Inflationsausgleichszahlungen um Abfindungen „aufzuhübschen“?
Und es geht noch weiter: Der DSW habe demnach Inflationsausgleichsprämien unrechtmäßig als Abfindungsprämien für Mitarbeiter ausgezahlt, die einen Aufhebungsvertrag mit dem DSW unterzeichnet hatten: „Um die Abfindungssumme deutlich aufzuhübschen“, wie Tarim sagt. Doch damit nicht genug: Verdi wirft DSW außerdem vor, es würden 400 Beschäftigte „sachgrundlos“ befristete Arbeitsverträge erhalten. Tarim ordnet ein: „Jemand mit einem befristeten Vertrag wird nicht krank und beschwert sich nicht. Wir haben hier Beschäftigte, die teilweise zwei Jahre de facto in der Probezeit sind.“
Die Gewerkschaft bekommt Schützenhilfe von der SPD. Die Düsseldorfer Vorsitzende Zanda Martens erinnerte „an die Zeiten nach Corona, als kaum eine Woche ohne eine Meldung verging, dass sich am Flughafen vor den Sicherheitskontrollen wieder lange Schlangen bilden, das Personal fehlt, unter Zeitdruck gehetzt arbeiten und den Ärger der Passagiere aushalten muss.“ Dass es zu dem exorbitanten Personalmangel kam, habe auch daran gelegen, dass „der DSW in der Corona-Zeit viele Leute einfach gehen ließ, weil man sie nicht brauchte, statt eine nachhaltige Personalpolitik mithilfe der Kurzarbeit zu betreiben“.
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Dass das zuständige Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums nun trotz der bekannten Probleme wieder auf den DSW zurückgreift, zeige vor allem eines: „Solche hoheitliche Luftsicherheitsaufgaben werden nach falschen Kriterien vergeben“, meint Martens. „Wenn ein Dienstleister, der vier Jahre lang seinem Auftrag nicht ordentlich nachkommt, das Recht und Gesetz mit Füßen tritt, die Sicherheit der Beschäftigten und Passagiere gefährdet, auch noch mit dem nächsten Auftrag belohnt werden kann, müssen wir an die Vergabe solcher Aufgaben dringend andere Maßstäbe setzen.“
Das von der SPD geführte Innenministerium indes verweist darauf, dass die Beteiligung am Vergabeverfahren „grundsätzlich jedem Unternehmen offensteht“. Die Beteiligung könne „nur verwehrt werden, wenn es hierfür eine gesetzliche Grundlage gibt“. Offensichtlich habe eine solche im Falle des DSW aber nicht gegeben. Im Übrigen erfolge der Zuschlag „auf das wirtschaftlichste Angebot“. Das bedeutet nicht, dass der billigste Dienstleister den Zuschlag erhält: „Bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes wird die voraussichtliche Qualität der zu erwartenden Leistungserbringung durch eine Konzeptbewertung zu 60 Prozent berücksichtigt. Der Gesamtangebotspreis geht mit 40 Prozent in die Gewichtigung ein.“
Flughafen: Stehen im Austausch mit Bundespolizei und DSW – Kontrollen laufen gut
Macht der DSW seine Arbeit – wenigstens nach außen – also doch gut? Der Flughafen meldet auf Nachfrage, dass die Sicherheitskontrollen in Düsseldorf grundsätzlich zügig verlaufen würden: „In der Hauptreisesaison passierten 95 Prozent der Passagiere die Kontrollstellen in weniger als zehn Minuten. Hinzu kommt, dass die Passagiere mit DUSgateway kostenfrei ein Zeitfenster für die Sicherheitskontrolle buchen können – bequem online und bis zu 60 Minuten vor dem Abflug. Diese reibungslosen Prozesse sind das Ergebnis einer engen, vertrauensvollen Zusammenarbeit von Airport, Bundespolizei und DSW. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Sicherheitskontrollstellen tragen mit ihrem täglichen Engagement einen wichtigen Teil zu diesem Erfolg bei. Auch in Zukunft wollen wir gemeinsam mit der Bundespolizei und mit dem von ihr beauftragten Dienstleister auf diesen Erfolgen weiter aufbauen.“ Man sei also mit DSW und Bundespolizei im Austausch, habe aber selbst keine Kontrolle über das Vergabeverfahren.
Der DSW, beziehungsweise die Piepenbrock Unternehmensgruppe, zu der DSW gehört, wollte sich auf Anfrage nicht zur Causa äußern. Die Bundespolizei wiederum bestätigt auf Anfrage, dass sie DSW tatsächlich Abmahnungen erteilt habe und dass es „aus Gründen der Luftsicherheit in Einzelfällen erforderlich war, dass die Bundespolizei mit eigenen Einsatzkräften Maßnahmen im Bereich der Sicherheitskontrolle vornehmen musste.“
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Tarim und Martens indes haben eine Fundamental-Lösung im Sinn, bei die ohnehin involvierte Bundespolizei eine wichtige Rolle spielt. Martens: „Als Gesellschaft können wir doch nicht länger hinnehmen, dass wir die mit Erledigung hoheitlicher Luftsicherheitsaufgaben beauftragten privaten Dienstleister mit Mühe und Not erst überzeugen müssen, ordentliche Arbeitsbedingungen und genügend Personal für den Service an den Fluggästen zu gewährleisten, und kaum Mittel haben, um dies durchzusetzen.“
Die Alternative: Das sogenannte Münchner Modell. „Der Flughafen München“, erklärt Tarim, „befindet sich in der Hand des Freistaats Bayern“. Genau das sei wichtig, da die Luftsicherheit schließlich der Gefahrenabwehr diene. Es komme darauf an, solche wichtigen Aufgaben nicht aus der öffentlichen Hand zu geben. „Wir werden uns weiterhin dafür starkmachen“, so Tarim.
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