Düsseldorf. Vor Schulen in Düsseldorf wurden zuletzt Verkehrskontrollen vorgenommen. Dabei wurden zahlreiche Verstöße festgestellt. Was nun gefordert wird.
Die Schule hat wieder angefangen und damit auch die Elterntaxi-Zeit. Deswegen hat der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) der Stadt Düsseldorf für zwei Wochen Schwerpunktkontrollen an und um Schulen durchgeführt. Die Bilanz? Ernüchternd. 4235 Temposünder wurden registriert. Und damit nicht genug: 1426 Falschparker wurden auch noch aufgespürt. Wir haben mit Polizei, Verkehrswacht und dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (AFDC) gesprochen und um eine Einordnung gebeten.
OSD Düsseldorf kontrollierte über 120.000 Fahrzeuge
Die Verkehrsüberwachung des OSD hatte innerhalb der vergangenen zwei Wochen alle Hände voll zu tun: 3765 Verwarnungs- und 470 Bußgelder galt es zu verhängen. In neun Fällen kann es sogar zu einem Fahrverbot kommen. Insgesamt wurden 121.698 Fahrzeuge kontrolliert – fast 3,5 Prozent waren zu schnell unterwegs.
Wohlgemerkt: Diese Verstöße wurden ausschließlich im Umfeld von Schulen in Düsseldorf festgestellt. Und das ist einigermaßen pikant. Experten gehen immerhin davon aus, dass jedes dritte Schulkind in NRW auf dem Schulweg gefährdet ist.
Fast 150 Prozent zu schnell in der 30er-Zone
Den Vogel abgeschossen hat ein Fahrer in Düsseldorf, der auf der Lindemannstraße mit 74 km/h unterwegs war - in einer Tempo-30-Zone. Auf einer Durchgangsstraße lag die höchste gemessene Geschwindigkeit sogar bei 89 Kilometern pro Stunde. Dieser Verstoß ereignete sich auf der Königsberger Straße; dort ist höchstens Tempo 50 erlaubt. Beiden Fahrern winkt nun ein dreistelliges Bußgeld und ein Monat Fahrverbot.
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Den Eltern von Schulkindern war derweil über die Schulen mitgeteilt worden, dass auch der ruhende Verkehr im Visier des OSD liegt. Und dennoch wurden fast 1500 Falschparker im Schulumfeld festgestellt. In 38 Fällen rückte sogar der Abschleppwagen an. Laut Stadt Düsseldorf hätten sich unter den Falschparkern dennoch viele Eltern befunden, die ihre Kinder „nur ganz kurz“ absetzen wollten.
Dass dieses Absetzen überhaupt nicht mit dem Auto geschehen muss, betont die Düsseldorfer ADFC-Vorsitzende Lerke Tyra: „Das Problem ist ja lange bekannt und hat ein riesiges Konfliktpotenzial.“ Dabei sei es ja „möglich, die Kinder auch mit dem Rad, dem ÖPNV oder zu Fuß zur Schule zu bringen“. Fest steht für Tyra, dass an den Schulen verkehrstechnisch „einfach nicht genug Raum ist, um Sicherheit zu schaffen“ – zumindest dann nicht, wenn massenweise Eltern ihre Kinder zur Schule fahren.
Eltertaxis als Aufrüstungsspirale?
„Das Problem ist, dass das ein sich selbst verstärkender Prozess ist.“ Die Situation an vielen Schulen sei ja schon gefährlich und hochproblematisch. Mit dieser Nachricht im Hinterkopf tendierten dann wiederum viele Eltern dazu, dass sie ihre Kinder lieber – vermeintlich sicher – im Auto zur Schule bringen. „Je gefährlicher die Situation ist, desto mehr Eltern fahren ihre Kinder.“ Derweil gebe es alternative Möglichkeiten. Lobend hebt Tyra etwa das Projekt BiciBus hervor, an dem das Lycée Français teilnimmt. Im Rahmen dieses Projektes fahren Eltern und Kinder in größerer Gruppe mit dem Rad zur Schule. Die Strecke ist festgelegt, jeder kann sich anschließen. „Solche Projekte bergen ein unwahrscheinliches Potenzial“, wie Tyra anmerkt.
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Grundsätzlich begrüßt der ADFC Schwerpunktkontrollen, wünscht sich aber mehr Einsatz von der Stadt. Die Kommunikation mit der Verwaltung sei zwar gut, auch sei der ADFC in wichtigen Gremien – etwa der Kleinen Kommission Radverkehr oder beratend im Ordnungs- und Verkehrsausschuss – vertreten, dennoch dränge sich manchmal der Eindruck auf, dass man auf Seiten der Stadt „niemandem so richtig wehtun will“.
Eine umfassende Verkehrswende gehe aber notgedrungen nur mit Einschränkungen für einige Verkehrsteilnehmer einher. Sinnvoll wären etwa temporäre Fahrverbote für Pkw im Schulumfeld: „Es müssen Lösungen gefunden werden. Daher appellieren wir an die Stadt, solche Lösungen mit den Schulen zusammen zu erarbeiten.“ Vom Gefühl her werde es schlimmer – und damit vor allem für die Kinder gefährlicher.
2023 kamen zehn Kinder auf dem Schulweg zu Schaden
Die Zahl der in Düsseldorf auf dem Schulweg verunglückten Kinder ist laut dem Verkehrsbericht 2023 gegenüber dem Vorjahr gesunken: 2022 kamen noch 25 Kinder auf dem Schulweg zu Schaden, 2023 waren es nur noch zehn. Das hört sich zunächst gut an, gleichwohl sind 2021 „nur“ neun Kinder verunglückt. 2020 wiederum waren es 17.
Allerdings: Vor der Pandemie beliefen sich die Zahlen regelmäßig auf über 40. So wurden 2018 sogar 66 Kinder auf dem Schulweg in Unfälle verwickelt. Immerhin: Gestorben ist in Düsseldorf seit 2017 allerdings kein Kind mehr auf dem Schulweg.
Polizei: „Es ist nicht gut, aber immerhin nicht schlechter geworden.“
Hat sich die Verkehrssituation an Düsseldorfs Schulen insgesamt also verbessert? Ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei sagt dazu: „Es ist noch nicht gut, aber es ist nicht schlimmer geworden. Insgesamt sehen wir, dass die Regeltreue besser geworden ist. Wenn man ein Thema immer wieder aufbringt, dann verstehen es irgendwann auch die letzten.“ Vergleicht man die Zustände heute mit dem, was „vor 15 bis 20 Jahren vor den Schulen so los war“, dann bestätige sich schon ein positiver Trend.
Die Düsseldorfer Polizei plädiert daher dafür, dass Kinder selbstständig zur Schule kommen. Das bedeutet nicht, dass Erstklässler allein auf die Straße geschickt werden sollten, doch es gebe ja Alternativen. Die Polizei verweist in diesem Zusammenhang auf Gehgemeinschaften, den sogenannten Pedi-Bus. Es müsse soweit kommen, dass immer mehr Menschen das Auto stehen lassen: „Ein Auto, das nicht bewegt wird, verursacht keinen Unfall und keinen Stau“, wie der Sprecher mitteilte.
Fahrgemeinschaften mit dem Auto hingegen, sieht die Polizei tendenziell kritisch. „Wir leben in Zeiten mit hohem gesellschaftlichen Stress. Das wirkt sich auch auf die Fahrer von Fahrgemeinschaften aus.“ Dieser Stress sorge für riskantes Fahren und damit einhergehend für ein erhöhtes Unfallrisiko: „Besser ist es, das Auto stehen zu lassen.“
Verkehrswacht: „Befürchtungen haben sich bestätigt“
Das sieht auch Andreas Hartnigk, Vorsitzender der Düsseldorfer Verkehrswacht, so. Aus diesem Grund ist die Verkehrswacht auch nicht für sogenannte Hol- und Bringzonen, denn damit werde das Problem nur verlagert. „Und schlimmer: solche Zonen animieren ja geradezu dazu, die Kinder mit dem Auto zu bringen.“
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Es stimme zwar, so Hartnigk weiter, dass die Unfallzahlen auf einem niedrigen Stand wären, dennoch sei die Situation keineswegs gut. Dass bei den Schwerpunktkontrollen nun so viele Verkehrssünder identifiziert wurden, überrascht Hartnigk nicht: „Es bestätigt unsere Befürchtung, dass Eltern uneinsichtig sind.“
Verkehrswacht: Verkehr lernt man nur im Verkehr, nicht auf der Rückbank
Selbstredend gebe es hin und wieder gute Gründe, warum Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht werden: „Aber das muss eben die absolute Ausnahme bleiben“, so Hartnigk weiter. Neben der Gefährdung für Kinder, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen, ergebe sich aber noch ein maßgebliches Problem: „Die chauffierten Kinder werden von ihren Eltern einer Erfahrung beraubt.“
Wie man sich überhaupt im Straßenverkehr zu verhalten habe, lerne man nicht von der Rückbank, meint Hartnigk: „Man kann dutzende Bücher über Fußballtechnik lesen – ein guter Fußballer wird man nur auf dem Platz. Und genauso verhält es sich eben mit der Verkehrskompetenz.“
Es komme also darauf an, die Spirale zu durchbrechen. Die Verkehrswacht, die Polizei und der ADFC werden nicht müde, ihre Appelle zu wiederholen. Hartnigk: „Wir machen Verkehrserziehung ja nicht aus Spaß an der Sache, sondern weil es notwendig ist.“
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