Düsseldorf. In Düsseldorf gibt es Schulwege, wo es besonders häufig zu Unfällen kommt. Sind Straßensperrungen eine Lösung? Die Meinungen dazu sind gespalten.

  • In NRW können Kommunen nun Schulstraßen einrichten
  • Pilotprojekte haben gezeigt, dass die Maßnahme greift
  • Der ADFC begrüßt Schulstraßen, die Verkehrswacht bleibt kritisch

Man sieht sie immer häufiger: Verkehrswacht-Plakate, auf denen sogenannten Elterntaxis die rote Karte gezeigt wird. Auch in Düsseldorf gibt es das Problem der Elterntaxis. Jüngst kam vonseiten der Politik Bewegung in die Sache. Verantwortlich dabei: NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne), dessen Erlass vom Dezember 2023 den Kommunen freistellt, sogenannte Schulstraßen einzurichten: der sogenannte „Elterntaxi-Erlass“. Ein Thema für die Landeshauptstadt?

Bürgermeisterin: Düsseldorf muss mehr tun

Laut Erlass ist eine Schulstraße die „temporäre Sperrung einer Straße für den KFZ-Verkehr im Nahbereich einer Schule zu den maßgeblichen Bring- und Holzeiten“. Mit anderen Worten: Jeden Morgen und jeden Mittag bzw. Nachmittag wird im unmittelbaren Umfeld einer Schule die Straße gesperrt. Das ist aber auch eine rechtlich heikle Sache, schließlich handelt es sich um öffentliche Straßen, und die müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Außerdem heißt es im Erlass auch, es sei dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen „erheblichen Verkehrsverlagerungen und/oder verkehrsgefährdenden Situationen kommt“. An Hauptverkehrsstraßen dürfen sie ebenfalls nicht eingerichtet werden. Und der ÖPNV dürfe auch nicht unter Beeinträchtigungen leiden.

Clara Gerlach, Bürgermeisterin von den Grünen, sieht das Instrument der Schulstraßen als Chance. Allerdings befürwortet sie auch, dass zwischen den konkreten Gegebenheiten an und vor Schulen unterschieden wird: „Nehmen Sie zum Beispiel die GGS Kronprinzenstraße, da bringen die wenigsten Eltern ihre Kinder per Auto zur Schule. Lohnt sich da eine Absperrung? Bei anderen Schulen wiederum ist es vollkommen anders. Wir müssen jetzt zunächst untersuchen, ob sich eine Absperrung im Einzelfall lohnt oder nicht.“ Und sie ergänzt: „Dass Straßen vor Schulen sicherer werden müssen, ist kein Diskussionspunkt. Wir haben viele Möglichkeiten, dies umzusetzen. Wir haben bisher aber auch zu wenig getan.“ Das müsse sich nun ändern.

Im Schuljahr 2022/23 sind 34 Kinder und Jugendliche auf dem Schulweg verletzt worden

Schulwegsicherheit ist ein Thema, das vielen Menschen am Herzen liegt. In Düsseldorf ist die Zahl der Schulwegunfälle indes rückläufig. Im Schuljahr 2022/23 sind nach Polizeiangaben 34 Kinder und Jugendliche auf dem Schulweg verletzt worden. Das waren zwar mehr als noch in den unmittelbaren Vorgängerjahren, die waren aber auch von der Pandemie geprägt. Im Jahr 2019, also vor Corona, hatte es noch 46 Schulwegunfälle gegeben.

In Düsseldorf gibt es einige Schulwege, an denen es besonders häufig zu Unfällen kommt. Angesichts dessen sieht es der Ortsverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) um Vorsitzende Lerke Tyra als gute Sache, Schulstraßen einzuführen. „Auch Düsseldorf kann jetzt viel schneller die Sicherheit für unsere Schulkinder erhöhen“, sagt Tyra. Sie verweist darauf, dass gerade vor Grundschulen teilweise „chaotische Szenen“ abliefen: „Das teilweise rücksichtslose Vorfahren bis fast auf den Schulhof oder Rangieren gefährdet die Kinder.“

ADFC appelliert an Verwaltung, schnell zu handeln

Die auch von Bürgermeisterin Gerlach befürwortete schulscharfe Betrachtung, findet der ADFC zwar gut, „mit dem Erlass kann aber jetzt endlich Schwung in die Sache kommen. Schulstraßen sehen wir als wesentliches Instrument eines nunmehr erweiterten Werkzeugkastens für das Verkehrsmanagement an.“ Die Verwaltung werde vom ADFC aufgefordert, „diese neue Möglichkeit kurzfristig, aktiv und weiträumig zu nutzen – denn nur so werden Schulstraßen auch in Düsseldorf schnell zur Realität.“

Die Verkehrswacht Düsseldorf hingegen steht Schulstraßen eher kritisch gegenüber, auch wenn, wie ein Sprecher mitteilte, die „Pilotprojekte ja recht erfolgreich gewesen sind“. Ob sich dies aber auf die Landeshauptstadt übertragen lasse, sei überhaupt nicht klar. Außerdem: „Wir haben insbesondere im Bereich der 87 Grundschulen in Düsseldorf schon Halteverbote, Feuerwehrzufahrten, Polder etc. Dennoch gibt es das Problem mit den Elterntaxis.“ Das Problem sei, dass sich viele Leute einfach nicht an die Vorgaben halten würden. Wer jetzt vor einem Zebrastreifen parke, der werde auch nicht von einem zusätzlichen Schild davon abgehalten.

Düsseldorfer Verkehrswacht sieht Umsetzungsprobleme

Der Verkehrswacht-Sprecher gab gegenüber unserer Redaktion zu bedenken, dass Schulstraßen ja auch irgendwie umgesetzt werden müssen. Schilder bräuchten „Manpower“, damit sie auch durchgesetzt werden könnten. Im Prinzip müsste also für jede Schule ein Polizist oder Mitarbeiter des OSD abkommandiert werden, um die Sanktionen auch sicherzustellen.

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Die Alternative wären Schranken: „Aber da muss dann wiederum sichergestellt werden, dass Rettungswagen oder Anwohner durchkommen. Da bräuchte es mitunter eine Ampelanlage, die chipbetrieben ist, Kennzeichen erkennen kann und da ist man schnell im fünfstelligen Bereich.“ Außerdem würde durch Schranken das Problem nur verlagert. Wenn Eltern sie nicht einfach umfahren, setzten sie die Kinder vor der Schranke ab, sodass es da zu problematischen Szenen komme.

Die Verkehrswacht möchte nicht den Eindruck erwecken, eine Kosten-Nutzen-Rechnung zu Ungunsten der Kinder aufzustellen: „Wir kümmern uns seit hundert Jahren um die Verkehrssicherheit.“ Maßnahmen sollten aber auch etwas bringen, und ob Schulstraßen in Düsseldorf flächendeckend etwas bewirken können, sei mindestens strittig.

Die Verkehrswacht setzt auf „weiche Themen“, also Aufklärung der Kinder und Eltern. „Das ist mühsam, bringt aber etwas. Das Problem in der unmittelbaren Schulnähe sind die Elterntaxis. Die entsprechenden Maßnahmen haben wir bereits, da hilft ein zusätzliches Schild nichts.“ Worauf es ankomme, sei, den ganzen Schulweg sicher zu gestalten und den Kindern dabei zu helfen, zu mündigen Verkehrsteilnehmern zu werden.

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Zusätzlich sei aber die Verkehrsüberwachung zu stärken. „In Düsseldorf haben wir bereits eine Verkehrsüberwachung auf hohem Niveau.“ Gleichzeitig aber sei die Wirksamkeit von Ordnungsamt und Polizei auch begrenzt: „Wenn ich hier das Feuer austrete, kommt es dort wieder hoch.“ Wichtig sei demnach „ein progressiver Mix aus Prävention und Repression.“ Aufklärung und Verkehrsüberwachung.