Billigflieger und Leihstewardessen: Das Personal will die rigiden Kürzungen nicht hinnehmen. Bald könnten die Piloten mit Streiks folgen.
Frankfurt/Main. Der Flugbegleiter und UFO-Gewerkschaftschef Nicoley Baublies kämpft bei der Lufthansa für die „gelbe Klammer“. So nennen die Lufthanseaten das komplizierte Tarifwerk, das die Arbeit in dem stolzen Unternehmen mit dem Kranich so angenehm macht. Für jede Berufsgruppe mit dem gelben Lufthansa-Ausweis sind hier die Arbeitsbedingungen und Entgelte festgelegt, die zumindest im Vergleich zu Billigfliegern durchaus Premium-Ansprüchen genügen. Die Flugbegleiter sind nach einem langen und ergebnislosen Verhandlungsmarathon bereit, für ihre Besitzstände zu streiken.
Geht es nach dem Willen von Lufthansa-Chef Christoph Franz, verliert die gelbe Klammer in den kommenden Jahren schnell an Kraft und Umfang. Gegen den erbitterten Widerstand der UFO setzte er den Einsatz von Leihstewardessen in den in Berlin stationierten Maschinen durch und plant eine neue Direktfluggesellschaft (Direct4U), in der die Lufthansa-Tarifbedingungen nicht mehr gelten sollen. Den Maßstab für das Unternehmen mit voraussichtlich rund 2000 Kabinen-Mitarbeitern setzt stattdessen die als Billigflieger gegründete Tochter Germanwings, deren Bedingungen laut UFO rund 40 Prozent unter dem Niveau von „Lufthansa Classic“ liegen.
+++ Rechte von Passagieren: Airline muss sich um gestrandete Reisende kümmern +++
+++ Hintergrund: Flugbegleitern geht es um viel mehr als höhere Löhne +++
Baublies vermag in den Plänen nur noch Etikettenschwindel zu erkennen. Lufthansa wolle Premium-Preise kassieren für ein Produkt, das mit Billigkräften produziert werde und vermutlich dennoch den Markennamen Lufthansa tragen werde. „Wo Lufthansa draufsteht, muss auch Lufthansa drin sein“, lautet sein griffig klingender Satz. UFO-Verhandlungsführer Dirk Vogelsang beschwört negative Auswirkungen auf die Marke: „Erodierte Arbeitsverhältnisse in der Kabine können dem Produkt nicht gut tun.“
Zu Beginn des Streiks bleiben beide Seiten die Antwort nach einer möglichen Lösung schuldig. So werden in den nächsten Tagen und Wochen Flüge ausfallen und Passagiere an unerwünschten Orten hängenbleiben. Einer grundsätzlichen Lösung wird man so aber kaum näherkommen, denn Lufthansa-Chef Franz wie auch der einflussreiche Aufsichtsratschef Jürgen Weber scheinen zum Sparkurs fest entschlossen und sehen ihn ohne Alternative. Billigflieger und Golf-Airlines setzen den Kranich bei den Ticketpreisen unter Druck, während Treibstoff immer teurer wird und die in die Jahre gekommene Flotte nachgerüstet werden muss.
Härte gegen das eigene Personal hat das Lufthansa-Management bereits bei der Tochter Austrian gezeigt. In Österreich konnte gehen, wer den tariflichen Schwenk zur Billigtochter Tyrolean nicht mitmachen wollte. Von den rund 1,5 Milliarden Euro jährlichem Sparvolumen in dem Konzern-Programm „Score“ soll die Lufthansa-Passage als größter Geschäftsbereich allein 900 Millionen Euro bringen, wobei in den Kabinen und Cockpits keine Stellenstreichungen vorgesehen sind. Um fünf Prozent verringerte Personalkosten sind daher das Ziel von Passage-Chef Carsten Spohr. Das geht nur über die Gehaltsstruktur – auch bei den streikmächtigen Piloten, wo die Tarifverhandlungen ebenfalls nicht vorankommen.
Besitzstände der Belegschaft aufzugeben, falle jedem schwer, erst recht Gewerkschaftern, sagt Lufthansa-Personalmanager Peter Gerber. Aber auch er weist auf die wirtschaftlichen Umstände der Branche, in der Lufthansa unter den Europäern noch vergleichsweise gut dasteht. „Wir haben in der europäischen Luftverkehrswirtschaft das schlechteste Jahr seit dem Zweiten Weltkrieg.“
Sollte Franz seinen harten Sparkurs weiterfliegen, muss er bei der Umsetzung seiner zentralen Reformprojekte mit heftiger Gegenwehr der Gewerkschaften rechnen. UFO und der von ihr beherrschte Kabinen-Betriebsrat ist bereits mit einer ganzen Reihe von Klagen gegen den Einsatz der Leihstewardessen vorgegangen und hat zumindest Sand in das Getriebe in Berlin gestreut. Das weitaus größere Rad ist aber die Neuorganisation der Direktverkehre, die UFO nötigenfalls mit einer Zermürbungstaktik behindern will. „Lufthansa hat uns in die Gräben geschickt. Und da trauen wir uns einiges zu“, sagt Baublies kämpferisch. (dpa)