Zum vierten Mal in Folge sinkt Geschäftsklimaindex – deutscher Konjunkturmotor stottert. Seit drei Jahren erstmals Exportminus befürchtet.

München. Vor dem Hintergrund der Finanz- und Schuldenkrise im Euroraum steht der deutschen Wirtschaft ein schwieriges zweites Halbjahr bevor. Immer mehr Unternehmen befürchten eine Konjunkturflaute. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank im August um 0,9 auf 102,3 Punkte und damit den vierten Monat in Folge. Damit nähert sich das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer sich der kritischen Marke von 100 Punkten.

Zuletzt war der Index im August des Krisenjahrs 2008 unter diese Schwelle gerutscht und hatte im März 2009 mit 84,6 einen Tiefpunkt erreicht.

Die Stimmung der Unternehmen sackte auf den tiefsten Stand seit März 2010, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. „Die Euro-Krise nagt an der deutschen Konjunktur", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Dies trifft vor allem die Industrie, die für die nächsten sechs Monate erstmals seit Sommer 2009 schrumpfende Exporte fürchtet.

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+++ Ifo-Index: Stimmung sinkt im August zum vierten Mal in Folge +++

Aber auch für die binnenmarktorientierten Branchen und den Konsum sieht es nicht mehr so rosig aus, nachdem diese Bereiche wegen des robusten Arbeitsmarktes und hoher Lohnabschlüsse die Konjunktur zuletzt noch angekurbelt hatten. „Einzelhandel und Großhandel sind ziemlich abgestürzt“, sagte Wohlrabe.

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Das Geschäftsklima für den Einzelhandel fiel auf den tiefsten Stand seit März 2010. Vor allem bei Nahrungs- und Genussmitteln laufe es schlechter. Insgesamt sei der Konsum aber noch relativ stabil. Auf die Stimmung schlagen die schlechteren Perspektiven, auch wegen der Rekord-Benzinpreise . Am Bau ging es ebenfalls leicht bergab.

Staatsschuldenkrise verhindert Trendwende

Die Manager beurteilen ihre Lage zunehmend skeptischer und sorgen sich zudem immer mehr um die Aussichten. „Dabei bereiten vor allem die Geschäftserwartungen Bauchschmerzen, weil sie ihren Sinkflug der vergangenen Monate noch immer nicht gestoppt haben“, sagte NordLB-Ökonom Mario Gruppe. Dieses Barometer fiel stärker als erwartet um 1,3 auf 94,2 Punkte. Der Lageindex sank um 0,3 auf 111,2 Punkte.

+++ Exporte schützen deutsche Wirtschaft – Rückschläge drohen +++

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer befürchtet, dass sich das gesamte Ifo-Geschäftsklima in den nächsten Monaten weiter eintrübt. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer werde die Talsohle erst bei rund 100 Punkten erreicht haben. „Eine Trendwende nach oben ist erst denkbar, wenn die Unsicherheit zurückgeht, die von der Staatsschuldenkrise ausgeht.“

Das dürfte sich allerdings allein dadurch hinziehen, dass sowohl Finanzminister als auch Notenbanker erst dann durchgreifen dürften, wenn die Staatsschuldenkrise wieder hoch koche, betonte Krämer. Zuletzt hatten Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi, den Euro mit allen Mitteln erhalten zu wollen, vorübergehend für etwas Ruhe an den Finanzmärkten gesorgt. Wegen der schwelenden Unsicherheit und der globalen Konjunkturabkühlung investierten deutsche Firmen in den vergangenen drei Quartalen weniger in Maschinen und Anlagen.

Exportbrache: Erwartungen erstmals seit drei Jahren negativ

Nur in der Industrie hellte sich das Geschäftsklima nach drei Rückgängen in Folge im August etwas auf, weil die Unternehmen die Lage besser bewerteten. „Jedoch haben sich die Geschäftserwartungen weiter eingetrübt“, sagte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. „Erstmals seit fast drei Jahren sind auch die Erwartungen an das Exportgeschäft überwiegend leicht negativ.“

+++ Dämpfer für Außenhandel – Rekordjahr aber im Blick +++

Deutschland steht wegen der Rezession in der Euro-Zone vor einer Konjunkturabkühlung. Industrieaufträge, Exporte und Produktion waren zuletzt gesunken. „Die Konjunktur in Deutschland könnte nach der Jahresmitte 2012 stärker als bisher durch die Verunsicherung im Euro-Raum beeinträchtigt werden“, warnte jüngst die Bundesbank. Die Deutsche Bank rechnet mit einem „Wachstum nahe der Null-Linie“, weil vor allem die Exporte unter Schuldenkrise und schwächerer Weltkonjunktur leiden dürften. Im Frühjahr hatte das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent zugelegt, zu Jahresbeginn um 0,5 Prozent. Die Bundesregierung rechnet für das Gesamtjahr mit einem Zuwachs von 0,7 Prozent. Der Exportverband BGA senkte kürzlich seine Umsatzprognose für 2012 auf gut vier Prozent, obwohl der Außenhandel im ersten Halbjahr das gesamte Wirtschaftswachstum noch angeschoben hatte.

Im Zuge der globalen Konjunkturabkühlung lässt nun aber der Welthandel nach. Das signalisieren Daten des Essener RWI-Instituts zum Containerumschlag vom Juli in 29 Häfen weltweit.