Die ungelöste Finanz- und Schuldenkrise bremst die deutsche Konjunktur aus. Das Bruttoinlandsprodukt soll 2012 um 0,7 Prozent zulegen.

München. Für das laufende Jahr erwarten die Experten des ifo Instituts für die deutsche Wirtschaft ein schwaches Wachstum. Erst am Jahresende wird die Konjunktur nach Einschätzung der Ökonomen wieder Fahrt aufnehmen. Die Wirtschaft durchlaufe im Sommer eine Schwächephase, erklärte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Donnerstag in München.

„Die Prognoseunsicherheit ist derzeit extrem hoch“, räumen die Forscher mit Blick auf die Schuldenkrise ein. „Die Konjunktur hängt insbesondere erheblich stärker als üblich von politischen Entscheidungen ab, die nur schwer vorhersagbar sind.“

Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland werde 2012 um 0,7 Prozent wachsen, nach 3,0 Prozent im vergangenen Jahr. Im vergangenen Dezember hatte das ifo-Institut für dieses Jahr ein Wachstum von 0,4 Prozent vorausgesagt.

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+++ Stichwort Bruttoinlandsprodukt +++

Im April hatten die Forschungsinstitute dann in ihrer Gemeinschaftsprognose für die Bundesregierung, an der auch das ifo Institut beteiligt ist, ein Wachstum für dieses Jahr von 0,9 Prozent Wachstum prognostiziert.

Konjunktur zieht 2013 wieder an

Im nächsten Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft nach aktueller Einschätzung des ifo Instituts um 1,3 Prozent zulegen und damit doppelt so stark sein. „Denn nach wie vor sind die Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft günstig: So wirkt die Geldpolitik der EZB im Inland weiter anregend.“

Die Präferenz internationaler Investoren für Kapitalanlagen in Deutschland dürfte zudem das Zinsniveau für private und öffentliche Kreditnehmer niedrig halten. Die Abwertung des Euro gebe zudem Rückenwind für die Exporte außerhalb des Währungsunion.

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Die Arbeitslosigkeit soll weiter sinken auf 2,86 Millionen in diesem und 2,82 Millionen im nächsten Jahr. 2010 waren es noch fast drei Millionen. Die Inflation dürfte mit jeweils 2,0 Prozent im Rahmen bleiben.

Prognosen von Unsicherheit gekennzeichnet

Die Prognosen seien aber mit einer sehr hohen Unsicherheit behaftet, betonte Leiter der Ifo-Konjunkturabteilung, Kai Carstensen. Sie beruhten auf der Annahme, dass der Fiskalpakt umgesetzt und die Staatshaushalte konsolidiert werden, dass Italien und Spanien weiter Kredit am Finanzmarkt bekämen und keine spanische Großbank ungeordnet zusammenbreche. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone dagegen würde die europäische Konjunktur inzwischen nicht mehr groß beeinflussen.

Ifo-Chef warnt vor Folgen einer Bankenunion

Eindringlich warnte Ifo-Chef Sinn vor einer europäischen Bankenunion . Die europäischen Rettungsschirme hätten schon jetzt ein Volumen von 2,1 Billionen Euro. Die Staatsschulden von Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und Irland lägen bei 3,3 Billionen Euro, die Bankenschulden aber bei 9,2 Billionen.

„Das sind Summen, die übersteigen unsere Fähigkeit als Steuerzahler total“, sagte Sinn. Die Aktionäre und die Gläubiger der Banken müssten auf einen Teil ihres Geldes verzichten, statt die Steuerzahler zur Kasse zu bitten, die damit gar nichts zu tun hätten, sagte Sinn. Er fordere Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, beim EU-Gipfel hart zu bleiben: Sonst „werden wir in den Strudel reingezogen“. (dpa/Reuters/abendblatt.de)