Kriselnder Autokonzern zieht die Notbremse: Ab September werden tausende Opelaner in Kurzarbeit geschickt, Überkapazitäten zu teuer.
Rüsselsheim/Kaiserslautern. Der Autobauer Opel, im August 1862 von Adam Opel als Nähmaschinenfabrik gegründet, hat kaum Gründe, 150 Firmengeschichte zu feiern: Der kriselnde Traditionskonzern muss stattdessen auf den schwachen Absatz reagieren und schickt tausende Mitarbeiter in die Kurzarbeit.
„Der europäische Automobilmarkt bricht drastisch ein. Die sinkende Auslastung kann nicht mehr wie bisher durch den Einsatz von Korridorschichten und Gleitzeitguthaben kompensiert werden“, sagte Opel-Personalvorstand Holger Kimmes am Donnerstag in Rüsselsheim.
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Deshalb führe die Adam Opel AG in Abstimmung mit Betriebsrat und IG Metall am Standort Rüsselsheim sowie im Komponentenwerk Kaiserslautern ab September 2012 Kurzarbeit ein. „Vereinbart wurden jeweils 20 Tage für den Zeitraum bis Jahresende“, teilten Unternehmen und Betriebsrat mit.
In Rüsselsheim trifft die Sparmaßnahme 3500 Mitarbeiter in der Produktion sowie 3300 in der Verwaltung – also etwa jeden zweiten Beschäftigten am Stammsitz. Für die 7000 Mitarbeiter im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim gilt die Regelung nicht. Im Werk Kaiserslautern müssen 2500 Menschen in die Kurzarbeit. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wolfgang Schäfer-Klug betonte: „Die Einführung der Kurzarbeit sichert Arbeitsplätze.“
Konjunkturelles Kurzarbeitergeld wird unter bestimmten Bedingungen über die Arbeitsagentur ausgezahlt und beträgt 60 Prozent vom Netto für Ledige beziehungsweise 67 Prozent für Beschäftigte mit Kindern. Glück im Unglück für die Opelaner: Sie müssen nicht auf derart große Teile ihres Lohns verzichten, wie Schäfer-Klug erklärte: „Durch die Unterstützung des Kurzarbeitergeldes und die vereinbarte betriebliche Zuschussregelung halten sich die finanziellen Belastungen der Kolleginnen und Kollegen in Grenzen.“
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Damit verlieren die Tarifbeschäftigten monatlich maximal sechs Prozent ihres normalen Nettoeinkommens – egal, wie viele Kurzarbeitstage in dem jeweiligen Monat durchgeführt werden. Bei außertariflichen Mitarbeitern kann das Minus maximal ein Zehntel des Entgelts betragen. Zudem hat sich der Betriebsrat dem Vernehmen nach mit der Forderung durchgesetzt, auch Führungskräfte „angemessen“ an den Sparbemühungen zur Zukunftssicherung des Unternehmens zu beteiligen.
In der Produktion wird die Arbeitszeit von September an mit Kurzarbeitsschichten oder -arbeitstagen reduziert, pro Monat müssen mindestens drei Tage Kurzarbeit genommen werden. In den Bereichen Verwaltung und Dienstleistungen wird die Regelung ab Oktober umgesetzt.
Wie andere weitgehend auf den europäischen Markt beschränkte Autobauer belastet die Staatsschuldenkrise die Rüsselsheimer derzeit sehr. In Westeuropa brach der Opel-Absatz im ersten Halbjahr um fast 15 Prozent ein, der Gesamtmarkt verlor „nur“ 6,3 Prozent. Die teuren Überkapazitäten reißen ein tiefes Loch in die Bilanz: Der US-Mutterkonzern General Motors schrieb im zweiten Quartal in seinem Europageschäft einen operativen Verlust von 361 Millionen Dollar (294 Mio Euro) nach 256 Millionen Dollar zu Jahresbeginn.