Schlechte Nachrichten für Stracke-Nachfolger: Opel ist größter Krisenverlierer. Strategievorstand Thomas Sedran gilt als Chef-Favorit.

Frankfurt/München. Wenn der neue Opel-Chef am Nachmittag feststeht, warten gleich schlechte Zahlen auf ihn: Der Europa-Absatz des taumelnden Autobauers schrumpfte im ersten Halbjahr um 15 Prozent auf 457.630 Fahrzeuge, wie der europäische Herstellerverband ACEA am Dienstag mitteilte.

Der Marktanteil ging auf 6,9 Prozent von 7,6 Prozent zurück. Damit zählt die Marke mit dem Blitz zu den größten Verlierern unter den Pkw-Herstellern. Die Absatzkrise in Europa ist eines der drängendsten Probleme, die der neue Opel-Chef in den Griff bekommen muss.

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Wer die ums Überleben kämpfende Tochter des US-Konzerns General Motors künftig führen wird, will der Aufsichtsrat am Dienstagnachmittag entscheiden. Als Favorit gilt Strategievorstand Thomas Sedran . Der Konzern wollte sich zunächst nicht äußern.

Chef-Favorit Sedran soll nur kommissarisch leiten

Medienberichten zufolge soll der Sanierungsexperte Sedran, der erst vor gut drei Monaten zu Opel gekommen ist, nur kommissarisch die Leitung übernehmen. Für eine Dauerlösung wolle sich GM bis Jahresende Zeit lassen. Das „Handelsblatt“ brachte dafür unter Berufung auf Informationen aus dem Firmenumfeld unterschiedliche Kandidaten ins Spiel: Ex-Daimler -Manager Rainer Schmückle, Karl-Thomas Neumann, der bei Volkswagen bisher das Chinageschäft leitete und bei der jüngsten Vorstandsrochade nicht zum Zuge kam, Herbert Demel vom Zulieferer Magna, der Opel in der Vergangenheit bereits einmal kaufen wollte, und auch den früheren Porsche -Chef Wendelin Wiedeking.

Wer auch immer an die Spitze des Traditionsunternehmens berufen wird, kann auf eine lange Reihe von Vorgängern blicken: Seit der Blütezeit in den 1970er Jahren hat Opel 15 Chefs kommen und gehen sehen. Allein in den vergangenen drei Jahren wurden drei Vorstandsvorsitzende verschlissen. Nach dem abrupten Abgang von Karl-Friedrich Stracke in der vergangenen Woche führt derzeit der Opel-Aufsichtsratschef und GM-Spitzenmanager Stephen Girsky kommissarisch die Geschäfte.

Der Rüsselsheimer Autokonzern leidet wie viele Massenhersteller unter der Absatzflaute im Kernmarkt Europa. In den Schuldenstaaten des Südens trauen sich die Menschen kaum mehr, neue Autos zu kaufen. Im ersten Halbjahr 2012 wurden in der EU 6,64 Millionen Pkw neu zugelassen – das sind 6,8 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Der Juni sorgte immerhin für einen kleinen Lichtblick: Die Zahl der Neuzulassungen sackte nur noch um 2,8 Prozent ab; dies war der geringste Rückgang seit acht Monaten. Innerhalb der EU erwiesen sich zwei große Absatzmärkte als recht robust: In Deutschland legten die Neuzulassungen um 0,7 Prozent auf 1,63 Millionen Pkw zu, in Großbritannien kletterten sie um 2,7 Prozent auf 1,06 Millionen Autos.

Auch Opel-Partner Peugeot leidet

In Frankreich sackte die Zahl dagegen um 14,4 Prozent auf 1,23 Millionen Fahrzeuge ab. Der französische Opel-Partner PSA Peugeot Citroen bekam die Krise ebenfalls deutlich zu spüren. Die Neuzulassungen des Konzerns, der vergangene Woche den Abbau von 8000 Stellen angekündigt hatte, brachen um 13,9 Prozent auf 808.660 Autos ein. Die Peugeot-Aktie stürzte an der Pariser Börse ab und notierte so niedrig wie zuletzt 1986.

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Von der Kooperation mit PSA, dem zweitgrößten europäischen Autobauer nach VW, verspricht sich Opel kräftige Einsparungen. Das Ende Juni verabschiedete Sanierungskonzept der Rüsselsheimer sieht außerdem große Investitionen in neue Modelle vor. Für die vier deutschen Opel-Werke gilt eine Standortgarantie bis Ende 2016. Nach dem Chefwechsel befürchten Arbeitnehmer und Experten jedoch eine Rosskur. Bei GM geht die Geduld mit der seit langem kriselnden und Verluste schreibenden Tochter zu Ende. Außer an der Absatzflaute in Europa – der Zutritt zu Wachstumsmärkten wie China oder Lateinamerika ist den Rüsselsheimern von GM untersagt - leidet Opel an Imageproblemen und auch am Zick-Zack-Kurs seiner Mutterfirma. (Reuters/abendblatt.de)