Der 47-jährige Sedran solle die Geschäfte führen, bis ein Nachfolger für den am vergangenen Donnerstag zurückgetretenen Karl-Friedrich Stracke gefunden sei, teilte Opel mit.

Rüsselsheim. Der Sanierungsexperte Thomas Sedran soll den kriselnden Autohersteller Opel wieder in Fahrt bringen. Der Aufsichtsrat der General-Motors-Tochter übertrug dem Strategievorstand am Dienstag in Rüsselsheim auch die Aufgaben des Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden. Der 47-jährige Sedran solle die Geschäfte führen, bis ein Nachfolger für den am vergangenen Donnerstag zurückgetretenen Karl-Friedrich Stracke gefunden sei, teilte Opel mit.

Stracke hatte Sedran erst zum 1. April dieses Jahres in den Vorstand geholt. Zuvor war er bei der Unternehmensberatung AlixPartners einer der Leiter des Geschäftsbereichs Europäische Automobilindustrie. Seit dem Rücktritt Strackes hatte Aufsichtsratschef Steve Girsky kommissarisch die Vorstandsgeschäfte geführt.

Aufsichtsrat will Bürokratie verringern

Girsky, der zugleich GM-Europa-Präsident ist, versprach, den „von uns skizzierten Unternehmensplan umzusetzen und weiter zu verbessern“. Die Bürokratie werde verringert und die Kultur des Unternehmens verändert.

Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug ergänzte, das „neue Team um Steve Girsky“ stehe für eine Veränderung, die Opel/Vauxhall dringend brauche: „schlankere Management-Strukturen, Transparenz, Berechenbarkeit und Durchsetzungsfähigkeit, um Opel wieder auf Wachstumskurs zu bringen“.

Die wichtigste Aufgabe des neuen Chefs besteht darin, die Forderungen des Mutterkonzerns nach einem wettbewerbsfähigen Zukunftskonzept mit denen der Belegschaft nach Arbeitsplatzsicherung zusammenzubringen. Ganz oben steht dabei die Standort- und Beschäftigungsgarantie für das Werk Bochum mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern, die bisher bis 2014 gilt. Die Arbeitnehmer haben auf eine Gehaltserhöhung verzichtet, um Bereitschaft zur Kostenreduzierung zu signalisieren. Im Gegenzug wollen sie eine Bestandsgarantie bis 2016. Die Lösung dürfte allerdings bedeuten, dass das Bochumer Werk 2017 geschlossen wird.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) will sich nach seinem Urlaub mit dem neuen Opel-Chef treffen. Ein Sprecher der Wiesbadener Regierung sagte in Wiesbaden, Bouffier sei im Mai versichert worden, „dass der Traditionsstandort Rüsselsheim in seiner jetzigen Form erhalten bleibt“. Darüber hinaus habe ihm Stracke zugesagt, die Produktion des Opel Astra bleibe bis mindestens Ende 2014 im Stammwerk in Hessen.

Deutlich mehr Verluste als der Markt

Der neue Mann an der Spitze wurde schon am Dienstag mit Absatzverlusten für Opel/Vauxhall von 15 Prozent im ersten Halbjahr 2012 konfrontiert – 8,2 Prozentpunkte schlechter als der Branchendurchschnitt. Über alle Marken hinweg betrug der Einbruch nach Angaben des Branchenverbandes Acea lediglich 6,8 Prozent.

Wie in der gesamten Branche schwächte sich der Abwärtstrend im Juni leicht ab: Opel verbuchte einen Rückgang von 12,2 Prozent, alle Hersteller ein Minus von 2,8 Prozent im Vergleich zum Juni 2011. In den von Opel nicht oder kaum erreichten Märkten Russland, China, Japan und Indien wuchs der Autoabsatz dagegen weiter zweistellig.

Der Autoexperte Willi Diez mutmaßte, „dass GM in Zukunft stärker auf seine Marke Chevrolet in Europa setzt und die rückläufigen Absatzzahlen bei Opel damit ausgleichen will“. Dafür sprachen auch die Acea-Zahlen: Im ersten Halbjahr legte Chevrolet in der EU um 14 Prozent auf 103.126 Autos zu, im Juni um elf Prozent auf 18.893 Stück, jeweils gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit hatte Opel in der EU im Juni einen Marktanteil von 7,3 und Chevrolet von 1,6 Prozent.

Opel-Chefsessel als Schleudersitz

Der Posten als Opel-Chef ist ein Schleudersitz. Nur gut 15 Monate hatte sich Karl-Friedrich Stracke als Vorstand der Adam Opel AG gehalten – und musste den Chefposten damit noch schneller räumen als sein Vorgänger Nick Reilly. Interimschef Steve Girsky, der auch dem Opel-Aufsichtsrat vorsitzt und Vize der US-Mutter General Motors ist, gab den Stab am Dienstag an Interims-Chef Sedran weiter. Die bisherigen Vorstandsvorsitzenden der Adam Opel AG im Überblick (von Dezember 2005 bis Januar 2011 Vorsitzende der Geschäftsführung der Adam Opel GmbH):

- Edward W. Zdunek 01.11.1948 – 28.02.1961

- Nelson J. Stork 01.03.1961 – 01.03.1966

- L. Ralph Mason 01.03.1966 – 30.09.1970

- Alexander A. Cunningham 01.10.1970 – 31.01.1974

- John P. Mc Cormack 01.02.1974 – 29.02.1976

- James F. Waters, jr. 01.03.1976 – 31.08.1980

- Robert C. Stempel 01.09.1980 – 05.02.1982

- Ferdinand Beickler 05.02.1982 – 31.01.1986

- Dr. Horst W. Herke 01.02.1986 – 31.03.1989

- Louis R. Hughes 01.04.1989 – 03.07.1992

- David J. Herman 04.07.1992 – 18.06.1998

- Cary Cowger 19.06.1998 – 31.10.1998

- Robert W. Hendry 01.11.1998 – 31.03.2001

- Carl-Peter Forster 01.04.2001 – 31.03.2004

- Hans H. Demant 01.04.2004 – 15.01.2009

- David N. (Nick) Reilly 15.01.2009 – 08.04.2011

- Karl-Friedrich Stracke 11.04.2011 – 12.07.2012

- Steve Girsky 12.07.2012 – 17.07.2012

- Thomas Sedran 17.07.2012 – ???