Der Strategievorstand ist der neue Chef. Er war als Berater 2009 an Rettungsversuchen beteiligt und soll Opel kommissarisch leiten.

Rüsselsheim. Thomas Sedran, bisheriger Strategievorstand von Opel, ist der neue Vorstandsvorsitzende des angeschlagenen Autobauers. Der Aufsichtsrat ernannte Sedran in einer Sondersitzung am Dienstag zum kommissarischen Nachfolger von Karl-Friedrich Stracke.

Der Autohersteller sucht weiter nach einer Dauerlösung, wie Opel mitteilte. Der neue Chef des ums Überleben kämpfenden Rüsselsheimer Autobauers muss einen Berg an Problemen bewältigen, darunter den Absatzschwund im Kernmarkt Europa. Opel ächzt wie zahlreiche Massenhersteller unter der Schuldenkrise, in deren Folge sich besonders die Kunden in Südeuropa keine neuen Autos mehr zu kaufen trauen. Zudem leidet Opel nach jahrelangem Zick-Zack-Kurs des Mutterkonzerns General Motors (GM) und öffentlich ausgetragenem Streit über die richtige Sanierung an massiven Imageproblemen.

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Opel-GM-Europe-Präsident Steve Girsky bekräftigte, Sedran werde gemeinsam mit dem Aufsichtsrat daran arbeiten, die nötigen Reformen umzusetzen. „Wir werden die Bürokratie verringern und die Kultur unseres Unternehmens verändern“, erklärte er.

Der promovierte Ökonom Sedran betreut Opel seit 2009 - damals noch in seiner Funktion als Experte der Münchner Unternehmensberatung AlixPartners, die den Rüsselsheimern bei der Restrukturierung helfen sollte. Der Manager, der in Augsburg geboren ist und seine universitäre Ausbildung in Hohenheim und München absolviert hat, verbrachte den Großteil seiner bisherigen Karriere bei Beratungsgesellschaften: Mehr als zehn Jahre lang arbeitete er bei Roland Berger, ehe er zu AlixPartners wechselte. Am 1. April 2012 wurde der 47-Jährige in den Opel-Vorstand berufen, wo er das neu geschaffene Ressort „Operations, Geschäftsentwicklung und Unternehmensstrategien„ übernahm. In dieser Funktion sollte er für langfristiges Wachstum des schwächelnden Autobauers sorgen, „in Europa und darüber hinaus“, wie es bei Opel explizit heißt.

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Opel trifft die Absatzschwäche im Kernmarkt auch deshalb besonders hart, weil er sie nicht durch Verkäufe anderswo auf der Welt ausgleichen kann. Denn in lukrativen Wachstumsmärkten wie China oder Lateinamerika dürfen die Rüsselsheimer ihre Fahrzeuge auf Geheiß des US-Mutterkonzerns nicht anbieten. Dort will GM mit der Tochtermarke Chevrolet punkten. Experten bemängeln zudem, dass Opel kaum Geländewagen im Angebot hat, die bei den Kunden immer beliebter werden. Im ersten Halbjahr schrumpfte der Europa-Absatz der Marke mit dem Blitz um 15 Prozent auf 457.630 Fahrzeuge. Damit zählen die Rüsselsheimer zu den größten Verlieren unter den Pkw-Herstellern in Europa.

Ähnliche Einbrüche verbuchte der französische Opel-Kompagnon PSA Peugeot Citroen. Bei der Marke Peugeot sackte der Absatz um 15,2 Prozent ab, bei Citroen um 12,2 Prozent. Von der Kooperation mit dem zweitgrößten europäischen Autobauer nach VW verspricht sich Opel kräftige Einsparungen. Betreut wird die Partnerschaft bislang von Strategiechef Sedran. Statt auf Stellenstreichungen wie die Franzosen setzt der deutsche Autobauer in seinem kürzlich verabschiedeten Sanierungsplan auf neue Modelle.

Für die deutschen Werke gilt eine Standortgarantie bis Ende 2016. Nach dem Chefwechsel werden allerdings harte Einschnitte befürchtet. Ein mögliches Aus für das Werk Bochum gilt als absehbar. GM hatte vor ein paar Jahren bereits überlegt, seine Schulden schreibende Tochter komplett zu verkaufen. Nach monatelangen Verhandlungen entschieden die Amerikaner sich schließlich, Opel selbst zu sanieren. Viel Geduld mit der Führungsspitze zeigten sie dabei allerdings nicht. Allein in den vergangenen drei Jahren wurden drei Vorstandsvorsitzende verschlissen. (Reuters/abendblatt.de)