Berlin gibt bis zu 8,4 Milliarden Euro. Wie Experten die Maßnahmen für die Hellenen bewerten. Risikoaufschlag für Staatsanleihen sinkt.
Hamburg. In einem Restaurant mit dem Namen Akropolis oder Dionysos könnte man dafür recht ausgiebig speisen: Rein rechnerisch würde jeder Bundesbürger dem griechischen Staat etwa 100 Euro für drei Jahre leihen, wenn Athen auf das nun konkretisierte Hilfspaket zurückgreifen muss. Denn Deutschland trägt nach Angaben der Bundesregierung einen Anteil von 8,4 Milliarden Euro an der gesamten Unterstützungszusage der Euro-Länder von 30 Milliarden Euro. Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll weitere Darlehen von bis zu 15 Milliarden Euro beisteuern.
Die Finanzmärkte reagierten gestern eindeutig auf die Beschlüsse. Der Euro gewann gegenüber dem Freitag um rund zwei Cent an Wert, gab zuletzt einen Teil der Gewinne aber wieder ab. Und der Risikoaufschlag für griechische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen sank schlagartig um 50 Basispunkte auf 3,4 Prozentpunkte. In der vergangenen Woche war er mit über 4,5 Punkten zeitweise auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro geklettert, als die Rendite der hellenischen Papiere auf bis zu sieben Prozent in die Höhe schoss. Die Athener Börse legte gestern um 3,5 Prozent zu.
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Unterstützungspaket:
Wird die Hilfe tatsächlich in Anspruch genommen?
Mit der Konkretisierung des Hilfsplans verfolgen die Euro-Länder nicht zuletzt das Ziel, Spekulanten zurückzudrängen: Im besten Fall gehen die Renditen griechischer Staatsanleihen am Finanzmarkt - wegen des nun gespannten Sicherheitsnetzes gegen einen Bankrott - nachhaltig zurück, sodass sich Griechenland das benötigte Geld am Markt beschaffen kann und nicht auf die Kredite der Partnerländer zurückgreifen muss.
"Nach den Erfahrungen der vergangenen Monate kann ich mir das aber kaum vorstellen", sagte Carsten Klude, Chefökonom beim Hamburger Bankhaus M.M.Warburg & CO. "Bisher hat sich der Markt immer nur kurz beruhigt, wenn wieder einmal von Unterstützung für Griechenland gesprochen wurde."
Der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel von der Universität Bremen geht fest davon aus, dass Athen die Hilfen in Anspruch nehmen muss: "Ich erwarte keine deutliche Abnahme der Zinsen auf griechische Staatsanleihen am Markt." Der Zins für die möglichen Kredite der Euro-Länder soll rund fünf Prozent betragen, der Marktzins liegt aktuell um gut zwei Prozentpunkte höher.
Was muss geschehen, damit die Hilfen gezahlt werden?
Laut Grundsatzbeschluss vom 25. März sollen Hilfen fließen, wenn sich Griechenland nicht mehr ausreichend am Kapitalmarkt finanzieren kann. Wenn das nach Einschätzung der Regierung in Athen der Fall ist, beantragt sie die Unterstützung. In einem ersten Schritt prüfen die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank, ob eine Freigabe der Hilfen gerechtfertigt ist. Sie fließen aber nur, wenn die Staats- und Regierungschefs aller 16 Euro-Länder dies einstimmig genehmigt haben. Damit hat jeder der Staaten theoretisch ein Vetorecht.
Warum dürfen die EU-Länder nun doch helfen?
Der Maastricht-Vertrag über die europäische Gemeinschaftswährung verbietet Finanzhilfen zwischen den Mitgliedsländern ausdrücklich. Weil aber die Zinsen für die bilateralen Kredite an Griechenland über dem sonst üblichen Marktniveau für Darlehen an Euro-Länder liegen sollen - und sogar leicht oberhalb der Zinsen für die Kredite des IWF -, enthält die Unterstützung nach Auffassung der EU-Kommission kein Subventionselement und ist somit zulässig.
"Es kann aber sein, dass diese Frage später noch die Gerichte beschäftigen wird", sagte Klude. Der Bremer Professor Hickel allerdings begrüßt die "sehr pragmatische Lösung". Indem man nun ein Sicherheitsnetz für den Fall eines drohenden Staatsbankrotts schaffe, werde ein "Gründungsfehler des Euro-Raums" korrigiert.
Wie lange reicht der zugesagte Betrag aus?
Nach Einschätzung von Klude entspricht der Gesamtbetrag der in Aussicht gestellten Hilfen mit 40 Milliarden bis 45 Milliarden Euro ungefähr der Summe, die Griechenland in diesem Jahr noch zur Refinanzierung benötigt. Sollte der Balkanstaat im nächsten Jahr immer noch Probleme haben, sich am Kapitalmarkt Geld zu erträglichen Konditionen zu beschaffen, müssten die Euro-Länder abermals Hilfen bereitstellen. Eine Obergrenze wurde nicht festgelegt. Der nun beschlossene Rahmen für eine Unterstützung gilt bis Ende 2012.
Profitiert der Euro von dem Hilfspaket für die Griechen?
Klude wie auch Hickel gehen davon aus, dass die Hilfszusage an Griechenland auch auf längere Sicht den Euro eher stärkt - trotz der Gefahr, dass bald auch andere Länder solche Unterstützung wollen. "Eine Pleite Griechenlands wäre viel schädlicher gewesen", findet Klude. Hickel plädiert dafür, eine Institution für solche Notfälle zu gründen: einen Europäischen Währungsfonds.
Kann Deutschland an den Hilfen sogar verdienen?
Ja, denn die Bundesrepublik muss für Staatsanleihen, die sie selbst ausgibt, aktuell rund drei Prozent Zinsen zahlen, von Athen aber wird ein Zinssatz von etwa fünf Prozent verlangt.