Der Krisenfonds soll Schuldensündern wie Griechenland im Notfall unter die Arme greifen. Auch härtere Kontrollen sind geplant.
Brüssel. Mehr Kontrolle und ein neuer Rettungsfonds für klamme Euro-Staaten – mit diesen Mitteln will die EU verhindern, dass sich eine Finanzkrise wie in Griechenland wiederholt. Droht einem Land die Pleite, soll ein gemeinsames „permanentes Hilfsinstrument“ der anderen Euro-Länder den Schuldensünder retten. Das sehen zunächst unverbindliche Pläne vor, die EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch in Brüssel vorstellte. Details dazu, wer in den Fonds einzahlen soll und wieviel Geld er braucht, nannte Rehn nicht. Über die Pläne werde er mit den Euro-Finanzministern am Freitag in Madrid diskutieren, am 12. Mai werde die Kommission einen Vorschlag präsentieren.
„Die Krise Griechenlands zeigt, dass es einen Bedarf für einen ständigen Krisenlösungsmechanismus gibt“, begründete Rehn die Pläne. Zugleich will die EU-Kommission tief in die Haushaltspolitik der 16 Euro-Länder eingreifen. Sie sollen ihre Staatshaushalte nach europäischen Vorgaben aufstellen. „Wir müssen unsere Zähne schärfen“, betonte Rehn.
In Bezug auf das Hilfsinstrument betonte Rehn bereits, dass Gelder an strikte Bedingungen geknüpft sein sollten, damit die Länder alles versuchten, gar nicht erst zum Bittsteller zu werden. „Es sollte der allerletzte Ausweg sein“, unterstrich der Kommissar. Zu erwarten ist, dass für Kredite hohe Zinsen gezahlt werden müssen.
Ein möglicher Kandidat könnte das hoch verschuldete Portugal sein: Die EU-Kommission forderte am Mittwoch von Portugal einen schärferen Sparkurs. Die Anstrengungen reichten nicht aus, um den wachsenden Schuldenberg abzubauen, sagte Rehn nach der Prüfung des portugiesischen Sparplans. „Zusätzliche Maßnahmen könnten notwendig werden – vor allem im laufenden Jahr.“ Portugal will sein Staatsdefizit bis 2013 unter die Grenze von drei Prozent senken. Das Land gilt als schwaches Mitglied der Euro-Zone. Idee eines Europäischen Währungsfonds
Mit dem Rettungsfonds greift Brüssel die Idee des Europäischen Währungsfonds auf, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vertreten hatte. Ein Europäischer Währungsfonds (EWF) könnte nach dem Vorbild des Internationalen Währungsfonds (IWF) Euro-Staaten mit Krediten helfen. Der Kommissar verwendete diesen Begriff allerdings nicht. „Ein EWF würde Vertragsänderungen nötig machen“, sagte Rehn und machte deutlich, dass dies nicht im Sinne der Kommission sei. Der EU-Vertrag verbietet Euro-Staaten, für die Schulden anderer Staaten zu haften.
„Der deutsche EWF-Vorschlag ist ein interessanter Beitrag zur Debatte, aber für einen robusten Krisenmechanismus sollten wir im Rahmen der Verträge bleiben“, sagte Rehn. Einen Ausschluss von Euro- Schulden-Sündern im Notfall, wie ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert hatte, lehnte Rehn ebenfalls ab. „Ich habe persönlich Zweifel, ob dies in Übereinstimmung mit dem Willen der Gründungsväter wäre.“ Kosten für Griechenland offen
Am Wochenende hatten sich die Euro-Finanzminister darauf geeinigt, Griechenland mit bilateralen Krediten von bis zu 30 Milliarden Euro unter die Arme zu greifen. Welche Kosten dabei konkret auf die Euro- Länder zukommen, wollte Rehn nicht sagen. „Wir sollten Spekulationen vermeiden.“ Kontrolle über nationale Haushalte
Bei der Haushaltsplanung will die Kommission die Höhe und die Entwicklung der Ausgaben der 16 Euro-Länder künftig kontrollieren. Das Ziel ist, Risiken früh zu erkennen und Krisen wie in Griechenland vorzubeugen. Mehr Kontrolle würde den Euro-Raum auch stabiler machen.
Die Pläne sind umstritten, da Eingriffe in die Haushaltshoheit der Mitgliedsländer ein sensiblesThema sind. „Aber wenn wir unser gemeinsames Schicksal ernst nehmen, müssen alle Mitglieder die Regeln beachten“, sagte Rehn. Bereits jetzt überprüft Brüssel in regelmäßigen Abständen die Budgetplanungen der Mitgliedsstaaten.
Im Bundestag stießen die Pläne auf Zustimmung. Davon sollten allerdings nicht die Länder betroffen sein, die die Stabilitätskriterien für den Euro einhalten, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), der Nachrichtenagentur dpa.
Brüssel will damit Neuerungen aus dem Lissabon-Vertrag umsetzen, der der EU mehr Kompetenzen gibt. Artikel 136 des EU-Vertrages macht eine enge wirtschaftspolitische Abstimmung möglich. Kommt es zum Streit, hat der betroffene Staat in der Euro-Gruppe kein Stimmrecht. Somit könnten die Länder politische Empfehlungen zur Haushaltspolitik ohne die Zustimmung des Staates aussprechen. Denkbar sind Vorgaben, wie stark sich zum Beispiel einzelne Ausgabenbereiche entwickeln sollen.