Zehntausende protestierten am Mittwoch gegen weitere Sparmaßnahmen der Regierung. Ein landesweiter Generalstreik lähmte das öffentliche Leben.
Athen. Mit Tränengas und Blendgranaten ist die griechische Polizei bei Protesten gegen geplante weitere Sparmaßnahmen der Regierung gegen steinewerfende Jugendliche vorgegangen. Zu den Zusammenstößen kam es am Mittwoch bei einer Kundgebung zehntausender Demonstranten in Athen. Landesweit legte ein 24-stündiger Generalstreik das Leben in dem vom Staatsbankrott bedrohten Land lahm.
Mindestens drei Demonstranten wurden in Athen verletzt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AP berichtete. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 24 mutmaßliche Randalierer fest. Dutzende schwarzgekleidete Jugendliche zertrümmerten Bushaltestellen, setzten Mülleimer in Brand und schlugen ein Schaufenster ein.
Die Regierung plant in diesem Monat weitere Sparmaßnahmen, mit denen bis 2015 der Haushalt um an die 23 Milliarden Euro entlastet werden soll. Aus Protest dagegen wurden Zug- und Fährverbindungen sowie der Flugverkehr von Mitternacht bis 16.00 Uhr ausgesetzt, auch im Nahverkehr begannen die Mitarbeiter mit einer Serie von mehrstündigen Arbeitsniederlegungen.
Am Vormittag marschierten 10.000 Mitglieder der der Kommunistischen Partei nahestehenden Gewerkschaft PAME durch die Innenstadt von Athen. An zwei Demonstrationen in Saloniki nahmen schätzungsweise 8.000 Menschen teil.
Banken geschlossen
In Athen war ein großes Polizeiaufgebot im Einsatz, da es in der Vergangenheit schwere Zusammenstöße bei Protesten gegeben hatte. Im Mai vergangenen Jahres kamen drei Bankangestellte ums Leben, nachdem randalierende Demonstranten die Bank angezündet hatten. Einige Banken im Zentrum der Hauptstadt waren geschlossen, andere hatten in Erwartung der Proteste die Rollläden halb heruntergelassen.
Das griechische Parlament will noch diesen Monat über eine weitere Sparrunde abstimmen. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des privaten Fernsehsenders Mega TV äußerten sich 71 Prozent der Griechen unzufrieden über den Umgang der Regierung mit der Wirtschaftskrise. Die seit 18 Monate amtierende sozialistische Regierung liegt demzufolge knapp vor der stärksten Oppositionskraft, den Konservativen.
Das hoch verschuldete Land entging im vergangenen Jahr nur knapp dem Staatsbankrott und hat Finanzhilfen im Umfang von 110 Milliarden Euro von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. Dafür musste sich die sozialistische Regierung in Athen verpflichten, ein umfangreiches Sparprogramm umzusetzen. Dieses sieht unter anderem Pensions- und Gehaltskürzungen, Steuererhöhungen und die Anhebung des Renteneintrittsalters vor.
Gewerkschaften prangern höhere Arbeitslosigkeit an
Zudem hat sich die Regierung einem ehrgeizigen, wenngleich bislang nebulösen Privatisierungsprogramm verschrieben, das in den kommenden Jahren 50 Milliarden Euro in die leere Staatskasse spülen soll. Die Maßnahmen der Regierung haben in den vergangenen Monaten branchenübergreifend zu zahlreichen Streiks geführt.
Zu dem Generalstreik hatten der größte Gewerkschaftsverband GSEE und die wichtigste Beamtengewerkschaft ADEDY aufgerufen. Die Gewerkschaften kritisieren, dass das geplante Sparprogramm angesichts einer bereits seit zwei Jahren andauernden Rezession und einer Arbeitslosigkeit von rund 15 Prozent vor allem auf Kosten der sozial Schwächeren geht.
Griechenland hat zugesagt, sein Defizit von 15,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2009 bis 2014 unter die für den Euro-Raum festgelegte Drei-Prozent-Marke zu drücken. Allerdings kämpft das Land insbesondere bei der Erzielung von Einnahmen mit Problemen und ist bereits von einigen seiner Ziele abgewichen, die in Verbindung mit dem Hilfspaket vereinbart wurden. Möglicherweise braucht das Land weitere Finanzhilfen.
Wachsende Skepsis im In- und Ausland
Da viele der angekündigten Reformen bislang noch nicht umgesetzt wurden, gibt es sowohl im In- als auch im Ausland wachsende Skepsis über die Effizienz der Regierung in Athen. In Deutschland regte sich in der Union Widerstand gegen mögliche neue Kreditgarantien für Griechenland. "Bevor man über weitere Hilfen redet, muss Griechenland erst einmal sicherstellen, dass alle Spar- und Reformmaßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt werden“, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Meister der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). "Ich hätte gern ein Signal, dass das endlich passiert.“