Skandinavier entdecken Hamburg. Handel erwartet Umsatzplus von zwei Prozent. Stimmung der Konsumenten und Unternehmer optimistisch.
Hamburg. Hell leuchten die Fußgängermeilen in der Hamburger City unter dem grauen Himmel. Lichterketten schmücken die Straßen, manche Ladenbesitzer haben sogar Fackeln an die Türen ihrer Shops gestellt. Es duftet nach Glühwein. Die Stimmung ist weihnachtlich, perfekt für gute Geschäfte. "Wir haben eine Menge Betrieb, und gerade die Männer kaufen jetzt noch Last-Minute-Geschenke", freut sich eine Boutiquebesitzerin in der Innenstadt. Besonders voll sind die Handy-Geschäfte, die Abteilungen mit Unterhaltungselektronik wie Fernsehern und der Klassiker, die Parfümerien.
"Es wird ein gutes Jahr", ist Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelsverbands, überzeugt. Immer mehr Skandinavier entdeckten die Hansestadt als attraktives Shoppingziel. Und die vielen Neu-Hamburger, die in den vergangenen Monaten als Folge der guten Lage am Arbeitsmarkt in die Stadt gekommen seien, hätten meist gut bezahlte Jobs und würden gerade zu Weihnachten nicht auf den Cent achten.
"Außerdem sind wir eine Single-Stadt", sagt Linnekogel - kleine Haushalte hätten meist mehr Geld zur Verfügung als größere Familien. Insgesamt geht Linnekogel von einem Plus im Weihnachtsgeschäft von zwei Prozent aus. Im vergangenen Jahr hatte jeder Bundesbürger im Schnitt 245 Euro für Geschenke ausgegeben.
Eine Umfrage der Hamburger Sparkasse stimmt ebenfalls zuversichtlich. Von den Nachrichten über die Staatsschuldenkrise ließen sich die Verbraucher offenbar nicht beirren, ist das Ergebnis der Haspa-Studie: 75 Prozent der 800 Befragten gaben an, in diesem Jahr mindestens genauso viel Geld für Weihnachtsgeschenke ausgeben zu wollen wie 2010. Nur etwa jeder siebte Haushalt wolle sich 2011 beim Weihnachtsshopping etwas einschränken. Vor allem Bürger über 50 Jahre sowie Familien mit Kindern gaben an, ihre Ausgaben reduzieren zu wollen.
Auch bundesweit ist die Stimmung der Verbraucher gut. Nach einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) rechnen die Deutschen mit steigenden Einkommen. Ausschlaggebend für diesen Optimismus sind die gestiegenen Konjunkturerwartungen und der voraussichtlich auch 2012 robuste Arbeitsmarkt. Obgleich die Kauflust nach der GfK-Umfrage nicht mehr so stark zulegen konnte wie in den vergangenen Monaten, scheinen die Verbraucher weiter Neuwagen, Möbel und andere teure Dinge zu kaufen. Sie tendierten gerade vor dem Hintergrund der verschärften Finanzkrise dazu, "eher werthaltige Anschaffungen zu tätigen, als ihre finanziellen Mittel gegen historisch niedrige Zinsen auf die hohe Kante zu legen", schreibt die GfK.
Auch die Stimmung in den deutschen Unternehmen hat sich trotz der europäischen Schuldenkrise leicht verbessert: So stieg der Ifo-Index überraschend um 0,6 auf 107,2 Punkte. Die rund 7000 befragten Unternehmen schätzten ihre aktuelle Lage positiv ein und blickten sogar optimistischer in die Zukunft als im Vormonat.
GfK-Konsumforscher Rolf Bürkl warnte allerdings davor, die Folgen der Finanzkrise zu unterschätzen: Denn wenn mehrere überschuldete Staaten künftig strikt sparen müssten, träfe dies den Export, die Stütze der deutschen Wirtschaft. Dortige Einbußen und daraus resultierende Folgen könnten wiederum auf die Stimmung der Verbraucher drücken. Im Moment ist bei den Konsumenten davon aber noch nichts zu spüren. Und nicht nur niedrige Zinsen bei der Bank, sondern auch günstige Preise locken sie in die Geschäfte.
"Allerlei für die Hälfte", schreibt ein Modegeschäft in Winterhude in seinem Fenster, nebenan hat ein Laden für Accessoires schon die Weihnachtsartikel reduziert: Gläserne Tannenbäume, Silberglocken und Weihnachtskugeln gibt es mit 50 Prozent Nachlass. "Die Kaufleute müssen ihre Läger für die Frühjahrsware räumen", begründet Linnekogel die Rabattwelle. Außerdem seien viele Textilgeschäfte wegen der warmen Temperaturen auf der Winterkleidung sitzen geblieben.
Positive Nachrichten gibt es wiederum vom Onlinehandel. Die Hamburger Otto Group verkauft bereits die Hälfte ihrer Waren über das Internet, bei Globetrotter erreicht der Anteil ein Drittel, und auch Traditionsgeschäfte wie Görtz sind erfolgreich im Netz: Der Hamburger Schuhhändler wurde für seinen Internetauftritt sogar schon ausgezeichnet.
Selbst kleinere Einzelkämpfer sollten heute nicht mehr auf das Internet verzichten und auf einer eigenen Homepage zumindest über Öffnungszeiten, Parkplätze und das Sortiment informieren, rät Linnekogel. "Das beflügelt die Geschäfte auf jeden Fall", sagt der Verbandschef, der übrigens auch ganz persönlich schon einiges für die Hamburger Kaufleute getan hat: Für seine Weihnachtseinkäufe hat er bisher schon mehr als 1000 Euro ausgegeben, verrät der Rechtsanwalt lachend.