Ist es Trotz, Gelassenheit, unverbrüchlicher Optimismus oder doch besseres Wissen? Unbeeindruckt von Euro-Schuldenkrise und dräuender Konjunkturflaute erwarten Deutschlands Unternehmer insgesamt bessere Geschäfte. Auch die Industrie geht von weiter robusten Exporten aus.
München. Allen Warnungen vor einer Konjunkturflaute 2012 und den schlechten Nachrichten von der Euro-Schuldenkrise zum Trotz gehen Deutschlands Unternehmer den Jahreswechsel optimistisch an. Nachdem sie dem ifo-Geschäftsklimaindex bereits im November überraschend zu einem Anstieg verholfen hatten, hoben sie auch im Dezember den Daumen. Das wichtige Konjunkturbarometer stieg um 0,6 auf 107,2 Punkte. Die Einschätzung der aktuellen Lage ist unverändert gut.
Deutlich nach oben gingen mit einem Sprung von 97,3 auf 98,4 Punkte die Erwartungen für die nächsten sechs Monate. So mancher Ökonom stand am Dienstag vor einem Rätsel: „Die Stimmungsaufhellung ist kaum zu erklären“, sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle.
Wie er hatten zahlreiche Volkswirte wie bereits im November mit einem Rückgang des ifo-Index gerechnet. Von Juli bis Oktober war das Barometer viermal in Folge gesunken. Den positiven November-Wert hatten sie als Ausreißer gesehen – ähnlich wie er kurz vor der Pleite der Lehman-Bank 2008 zu beobachten war. Der Index kommt durch die Befragung von 7000 Unternehmern zustande.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer fand ein Haar in der Suppe: Er verwies darauf, dass das Geschäftsklima in den für die deutsche Wirtschaft besonders wichtigen Industriebetrieben stagnierte. Die deutsche Wirtschaft werde im Winterhalbjahr etwas schrumpfen, ist er überzeugt. Dennoch schätzen auch die befragten Industrieunternehmer ihre Perspektiven für die nächsten sechs Monate günstiger ein. Selbst im Auslandsgeschäft sehen sie wieder mehr Chancen – und das, obwohl die Mehrheit der Exporte in den kriselnden Euroraum geht, und vor wenigen Tagen der Branchenverband BDI Sorge vor einer weltweiten Rezession äußerte.
„Die deutsche Wirtschaft scheint dem Abschwung Westeuropas erfolgreich zu trotzen“, sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Auch der Privatkonsum in Deutschland bleibt trotz Euro-Dauerkrise und Rezessionsängsten konstant und stützt damit die hiesige Wirtschaft, wie das Marktforschungsunternehmen GfK am Dienstag mitteilte. ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger führt die positive Stimmung der Unternehmer demzufolge auf die gute Nachfrage im Inland und die realistische Einschätzung der Exporteure zurück. „Die Industrie rechnet nicht mit Exportzuwächsen wie zu Jahresanfang, aber auch nicht mit einem Einbruch“, sagte er. Selbst der stotternde Wachstumsmotor im Boomland China, das mehr als ein Viertel zum globalen Wachstum beiträgt, könne sie nicht schrecken. „In China ist nichts passiert, was man nicht erwartet hätte.“
Allerdings sei Deutschland in Europa derzeit in einer Sondersituation und auch nicht vor Risiken gefeit, warnte Abberger. Die Aussichten blieben aber nicht schlecht, sofern die Politiker die Euro-Schuldenkrise in den Griff bekämen. (dpa)