Erich Sixt, 66, hat ein Vermögen von geschätzten 300 Millionen Euro und geht täglich zur Arbeit. Genau wie seine ganze Familie. Ein Porträt.
München. Zuerst war Erich Sixt skeptisch, als sein Sohn ihm ein Rennrad samt Helm geschenkt hat. Inzwischen fährt der 66- Jährige damit gern die Isar entlang – „schnell, ich komm dann richtig ins Schwitzen“, sagt er. „Sonst macht's keinen Spaß.“
Vorankommen, das wollte Erich Sixt immer. Manchmal radelt er vom Münchner Villenvorort Grünwald bis nach Bad Tölz. „Aber die Strecke ist gefährlich! Alle paar Meter steht ein Biergarten im Weg“, sagt er und lacht.
Eigentlich könnte Sixt schon lange tagaus, tagein in der Sonne sitzen. Er hat ein Haus in Südfrankreich, sein Vermögen wird auf 300 Millionen Euro geschätzt. Statt dessen fährt er fast jeden Morgen in sein Vorstandsbüro in Pullach und arbeitet.
„Ich bin nicht als Playboy aufgewachsen“, sagt Sixt. Sein Vater sei Unternehmer mit Leib und Seele gewesen, der mit höchstem Einsatz eine Autovermietung mit 200 Fahrzeugen aufgebaut hatte. „Das hat mich geprägt“, sagt der Sohn.
Als der Betrieb 1962 auf der Kippe stand, wurde er als 18-Jähriger nach Paris geschickt, um die 50 Leihwagen dort am Flughafen an Amerikaner zu vermieten. „Man hat mich sehr früh in das Geschäft hineingeschmissen. Aber es war eine gute Lehre“, erinnert sich der Unternehmer.
„Von Beginn an hatte ich nur ein Ziel: So weit voranzukommen, wie es nur möglich ist“, sagt Sixt. Und: „Ich war besessen.“ Der erste Traum war, auf 1.000 Autos zu kommen. „Wenn Sie 1.000 Autos haben, ist das auch wieder langweilig. Und so geht's weiter, das schaukelt sich allmählich hoch von einem Ziel zum anderen. Ich bin keine Sekunde zufrieden.“
Sein Unternehmen immer weiter auf- und auszubauen, verschafft Erich Sixt mehr Vergnügen als Golf zu spielen. Größter deutscher Autovermieter ist er schon lange, jetzt will er in Europa die Nummer eins werden. Geld ist nicht mehr die Triebfeder, sondern eher „die Selbstbestätigung. Ausloten, wie weit kommt man. Wie ein Bergsteiger“, erklärt er.
Höhenluft am Steuerknüppel
Aber Sixt hat sich immer auch Auszeiten gegönnt. Die Flieger-Bücher von Antoine de Saint-Exupéry haben ihn schon als Kind so fasziniert, dass er mit 26 Jahren den Pilotenschein gemacht und sein erstes einmotoriges Flugzeug gekauft hat. „Manchmal bin ich morgens zum Flughafen, hab' mich ins Flugzeug gesetzt und bin in die Berge geflogen, einfach um frei zu werden“, sagt er.
Im Konferenzraum neben seinem Büro hängt ein großes Luftbild von einer roten Felslandschaft in Arizona: „Wild West, Cowboystimmung. Da bin ich geflogen“, sagt Sixt. Auch wenn er geschäftlich nach Paris oder Hamburg muss, setzt er sich gern ans Steuer seines zweistrahligen Düsenjets: „So kann ich mehr an einem Tag erledigen.“
In der Garage stehen ein Mercedes 300 SL mit Flügeltüren und ein BMW 328 von 1936. „Ich fahre jedes Jahr die Mille Miglia mit, 1.000 Meilen durch Italien“, sagt Sixt. Er hat auch noch den Mercedes Landaulet, den sein Vater im Krieg in einem Heuschober vor der Wehrmacht versteckt hatte, und einen Mercedes 600 Pullman – aber das sind eher Erinnerungsstücke, die zu Firmenjubiläen gezeigt werden.
Auf seine Harley Davidson will er sich jetzt im Frühjahr wieder schwingen. „Wunderbar, damit durch die bayerische Landschaft oder den Großglockner hoch – ein Genuss!“ sagt Sixt und lacht.
„Der weiß auch nicht, was er sonst tun sollte“
In seiner Freizeit spielt er Tennis oder liest – keine Romane, sondern philosophische Bücher. „Ich halte lesen für ziemlich wichtig“, sagt Sixt. Im Moment sitzt er über einem Buch von Friedrich August von Hayek über die Freiheit des Einzelnen und die Gefahr eines zu starken Staates: „Das Thema beschäftigt mich sehr.“
Den Pioniergeist und die Eigeninitiative der Amerikaner bewundert er. Bürokratie dagegen bringt ihn auf die Palme. Sixt gehört keinem Verein und keiner Partei an, auch Verbandsarbeit betrachtet er als Zeitverschwendung. „Da sind zu viele Eitelkeiten im Spiel, die sind stark mit sich selbst beschäftigt“.
Seine beiden Söhne haben im Ausland Betriebswirtschaft studiert und sind als Manager in der AG tätig – der 31-jährige Alexander als Leiter der Konzernentwicklung, der 28-jährige Konstantin als Leiter des Internet-Geschäfts. Enkel hat Erich Sixt noch keine.
Dass ein Sohn oder ein anderer Manager eines Tages ein paar Monate Elternzeit nehmen könnte, würde er respektieren – aber eigentlich seien alle Manager bei Sixt „unternehmerisch denkende Menschen. Dieser Typus Mensch wird von sich selbst aus keine Elternzeit suchen“. Wer als Unternehmer erfolgreich sein wolle, habe wenig Zeit für die Familie. „Die Frage ist, ist es mir das wert? Das muss jeder für sich entscheiden.“
Vorstandschef Erich Sixt und seine Frau Regine, die als Chefin des internationalen Marketings arbeitet, denken beide nicht ans Aufhören. „Diese Frage stellt sich hoffentlich noch viele Jahre nicht. Wir machen beide weiter, solange wir fit sind und geistig beweglich, solange wir neugierig bleiben und neue Ziele stecken“, sagt Erich Sixt und verweist auf den 80-jährigen US-Investor Warren Buffett: „Der macht fröhlich weiter. Der weiß auch nicht, was er sonst tun sollte.“ Und: „Jeder wie es ihm gefällt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich im Garten Blumen züchte.“