10.000 Fahrzeuge vom Modell Trabant mit Elektroantrieb will die sächsische Firma IndiKar in einigen Jahren vom Band laufen lassen.
Wilkau-Haßlau. Wie ein von der Ostalgie befallener Träumer sieht Ronald Gerschewski nicht aus, im Gegenteil. Wenn der Ingenieur und Geschäftsführer der kleinen Firma IndiKar im sächsischen Wilkau-Haßlau von seiner Idee eines neuen Trabant spricht, merkt man schnell, dass er es ernst meint. „Wenn alles gut geht und wir einen geeigneten Produktionsort finden, könnte der Trabant in spätestens zweieinhalb Jahren in Serie gehen“, sagt Gerschewski.
Ziel des Geschäftsführers von IndiKar, einem 100 Mitarbeiter starken und bislang auf den Bau von Prototypen und verpanzerten Limousinen spezialisierten Unternehmen, ist es, bis zu 10.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band laufen zu lassen. „Das ist die Größe, die absetzbar ist und die Produktion wirtschaftlich machen würde“, sagt Gerschewski.
Mit dem einst bei Sachsenring in Zwickau produzierten Ur-Trabant hat der Trabant nT allerdings bis auf ein paar optisch-markante Flashbacks kaum etwas gemein. Denn tuckerte der Volkswagen der DDR einst als stinkender Zweitakter über die holprigen Straßen des Ostblocks, wollen die IndiKar-Entwickler nun einen modischen Elektroflitzer für die modernen Stadtbewohner produzieren. „Mit einer Reichweite von 130 Kilometern ist der nT ideal für moderne Frauen, die ein schönes und zugleich umweltfreundliches Auto zum Einkaufen wollen“, sagt Gerschewski.
Ein Trabi für 25.000 Euro
Bei der Käuferschaft für den rund 25.000 Euro teuren nT blicken die Trabant-Pioniere aus Wilkau allerdings weniger nach Deutschland, sondern eher in Richtung Nordeuropa. In den skandinavischen Ländern, so ihre Einschätzung, habe ihr Trabant die besten Chancen als modischer Underdog. „Das Markenbewusstsein der Skandinavier ist ein ganz anderes als das der Deutschen. Dort will man immer etwas anders sein und das haben, was es woanders noch nicht gibt“, sagt Gerschewski. Zudem sei das Thema der alternativen Antriebe in Skandinavien weitaus fortgeschrittener als hierzulande.
So überzeugt wie die Macher von IndiKar sind allerdings nicht alle Autoexperten vom geplanten Trabant-Comeback. Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, räumt dem neuen Trabant nur geringe Chancen für eine Punktlandung auf dem hart umkämpften Automobilmarkt ein. Hauptgrund sei, dass es dem Zwickauer Kultauto an ausreichender Bekanntheit über die Grenzen der einstigen DDR hinaus fehlt.
"Im Unterschied zum Käfer war der Trabant ausschließlich im Osten bekannt. Dort hat man eine emotionale Bindung zu dem Auto und die Neuauflage wird vielen gefallen. Aber auch nur dort“, sagt Dudenhöffer. Im Ergebnis werde es dem Wilkauer Unternehmen an ausreichender Käuferschaft fehlen, sagt er.
"Trabant-Liebhaber gibt es auch in den alten Bundesländern"
Derlei Argumente kennt man auch in Wilkau, allerdings nimmt man sie gelassen. Als Symbol der Einheit habe der Trabant seit 1989 ein positives Image in der ganzen Welt, sagen sie. „Trabant-Liebhaber gibt es längst nicht mehr nur in Ostdeutschland, auch in den alten Bundesländern und darüber hinaus“, betont Gerschewski und zitiert aus einer Liste von Trabant-Clubs in ganz Europa.
Zudem habe er auch aus Übersee bereits heftiges Interesse registriert. „Nachdem wir den nT auf der IAA in Frankfurt präsentierten, hätten wir spontan mehrere Autos nach Amerika liefern können“, sagt Gerschewski.
Noch allerdings steht der bislang einzige gebaute Trabant nT im schlichten Show-Room der Firma in einem Wilkauer Gewerbegebiet. Dass es den urbanen Flitzer mit Stufenheck, mit dezent-sportlichem Interieur und großem Panoramadach bislang noch nicht zu kaufen gibt, liegt nach Auskunft von Gerschewski an der Wirtschaftskrise, die vor allem die Finanzwelt in den vergangenen drei Jahren vorsichtig werden ließ. „Als wir das Auto 2009 vorgestellt haben, war das sicherlich ein ganz ungünstiger Zeitpunkt“, gibt Gerschewski zu.
Viele vermeintliche Investoren, die sich damals gemeldet hätten, seien lediglich auf der Suche nach einem Spekulationsobjekt gewesen. Inzwischen stünde das Unternehmen jedoch in Verhandlungen mit seriösen Partnern. „Wir befinden uns in der entscheidenden Phase und können vielleicht sogar bald loslegen“, so Gerschewski.