Die Regierung hilft beim Geldsparen: Ab kommendem Jahr sollen bis zu drei Fahrzeuge unter einer Kfz-Police fahren können.

Öfter mal was anderes – das könnte bald die Devise deutscher Autofahrer sein. Zumindest, wenn es nach der Bundesregierung geht, die ab dem kommenden Jahr das Wechselkennzeichen für Pkws einführen will. Bis zu drei Fahrzeuge sollen dann unter einer Zulassungsnummer fahren. Verbraucher können so Geld bei ihrer Kfz-Police sparen.

Schon seit längerem ist das sowohl in Österreich als auch in der Schweiz möglich. Bei den Eidgenossen gibt es das Nummernschild für bis zu drei Fahrzeuge bereits seit mehr als 50 Jahren. Es gilt jedoch nur für das gerade genutzte Auto, alle anderen müssen derweil in der Garage bleiben. Wechselt der Besitzer den fahrbaren Untersatz, muss er das Schild ummontieren.

In Deutschland wird es mit dem Wechselkennzeichen für die davon betroffenen Autos nur noch eine gemeinsame Haftpflichtpolice geben. Teil- und Vollkaskoschutz hingegen müssen weiter für jedes Fahrzeug einzeln versichert werden. Wer also bislang zum Beispiel für einen Oldtimer, ein Cabrio oder ein Wohnmobil ein Saisonkennzeichen nutzt, wird darauf im Rahmen der Haftpflichtdeckung künftig verzichten können. Zumindest theoretisch.

Denn nach welchen Gesichtspunkten die Versicherer die gemeinsame Haftpflichtprämie für gleich mehrere Fahrzeuge errechnen werden, ist noch offen. Katrin Rüter de Escobar vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) weist Spekulationen zurück, die Messlatte für die Berechnung sei wie in Österreich das jeweils wertvollste Mobil: „Die Prämie muss risikogerecht kalkuliert werden.“ Ein nur wenige Wochen im Jahr genutztes Wohnmobil könne teurer sein als eine größere Limousine.

Die für Ende 2010 geplante Gesetzesvorlage findet jedoch keinen ungeteilten Zuspruch. Während sich nämlich Autoindustrie und -handwerk auf einen Anstieg der Verkaufszahlen freuen, sieht das Hamburger Beratungsunternehmen PPI auf die Versicherer Gewinneinbußen im unteren einstelligen Prozentbereich zukommen, wie Senior Manager Wolfram Spengler erklärt: „Ich gehe von einer negativen Auswirkung auf die Ertragssituation aus.“

Für Rüter de Escobar vom GDV ist das „völliger Quatsch“: „Es ist noch viel zu früh, über derlei Dinge zu spekulieren.“ Zurzeit liefen die Gespräche zwischen Ministerium, Kraftfahrtbundesamt und Versicherungswirtschaft. Erst nach deren Abschluss und bei Vorlage des Gesetzentwurfs könnten sich die Unternehmen Gedanken zu genauen Tarifen machen. Doch deutet Allianz-Sprecherin Claudia Herrmann bereits an, wohin die Reise gehen könnte: „Wir gehen davon aus, dass sich der Beitrag beim Wechselkennzeichen gegenüber dem Beitrag von zwei ständig zugelassenen Fahrzeugen ermäßigen wird.“ Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass es auch bei nicht bewegten Autos Elementarrisiken geben könne. Stürme und Hagel richten sich eben schlicht nicht nach Nummernschildern.

Längst nicht alle Fragen geklärt

Und es gibt noch weit mehr offene Fragen, wie Jörg Rheinländer, Aktuar bei der HUK-Coburg erläutert: „Insbesondere steht nicht fest, welche Fahrzeuge Wechselkennzeichen führen und zwischen welchen Fahrzeugen die Kennzeichen getauscht werden dürfen.“ Es werde unterschiedlichen Versicherungsbedarf für Fahrzeuge mit diesem neuen Nummernschild geben, ein einzelner Vertrag mit identischem Deckungsumfang für zwei Automobile erscheine deshalb nicht kundenfreundlich.

Zudem, so Allianz-Sprecherin Herrmann, stehe einer weiten Verbreitung des von der Regierung geplanten Schildes ein ganz subtiles Problem gegenüber: „Nicht genutzte Fahrzeuge müssen auf einem nicht öffentlichen Platz abgestellt werden.“ Bei mehreren Pkws pro Haushalt müsse also genügend privater Parkplatz zur Verfügung stehen – in größeren Städten ein Problem. Österreich und Schweiz taugen nicht als Vorbilder, heißt es daher in der Versicherungsbranche. Allein deshalb könne das Vorhaben in einem Flop enden.

Nach Ansicht von Versicherungsexperten dürfte die neue Regelung vor allem dem Autohandel zugute kommen. Zumindest, falls sich zahlreiche Kunden neben der bereits vorhandenen Familienkutsche zusätzlich ein Stadtauto zulegen. Auch das Kfz-Handwerk wird dann zu den Gewinnern zählen. Nicht zuletzt könnte auch die Umwelt profitieren. Für kürzere Fahrten bietet der Markt schließlich zunehmend schadstoffarme Elektroautos an. Ausschließlich für dieses Szenario war die Gesetzesänderung ursprünglich auch angedacht.

Quelle: Welt Online