Die Freistellungsschreiben an die Mitarbeiter sollen am Freitag rausgehen – Insolvenzverwalter prüft Rückübertragungen von Vermögen.
Ehingen. Die Schlecker-Märkte gibt es nicht mehr. Am Mittwoch schlossen die etwa 2.800 verbliebenen Filialen der insolventen Drogeriekette um 15 Uhr. Mehr als 13.000 Mitarbeiter müssen sich neue Jobs suchen. Die Freistellungsschreiben an die Mitarbeiter sollen Freitag per Einschreiben in die Post gehen, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz der Nachrichtenagentur dapd. Offiziell seien die Beschäftigten zum 1. Juli freigestellt. Indes geht die Suche nach möglicherweise verschobenen Vermögen in der Familie weiter.
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Die Regale in den Schlecker-Filialen waren am Mittwoch so gut wie leer. Alle nicht preisgebundenen Waren, die noch übrig waren, wurden am letzten Tag noch für 20 Cent verramscht, schon in den vergangenen Wochen hatte es hohe Preisnachlässe gegeben. Das Geld aus dem Ausverkauf soll in die Insolvenzmasse gehen, aus der hinterher die Gläubiger bedient werden.
Insolvenzverwalter prüft Rückübertragungen von Vermögen
Für Geiwitz heißt es jetzt, Reste zusammenfegen. Ihm bleibt laut Sprecher etwa die Prüfung von Rückübertragungen von Vermögen innerhalb der Schlecker-Familie als Aufgabe. Einem SWR-Bericht zufolge hatte Anton Schlecker zum Beispiel über seine Firma LSC am 17. Januar, also drei Tage vor Ankündigung der Insolvenz, Schlecker-Liegenschaften in Österreich an seine Kinder Lars und Meike verkauft.
Die „Bild“-Zeitung hatte zudem berichtet, Anton Schlecker habe kurz vor der Pleite noch sein Vermögen beiseitegeschafft und etwa ein Firmengrundstück seinen beiden Kindern geschenkt. Ein Geiwitz-Sprecher stellte den Bericht richtig: Ihm zufolge handelt es sich dabei um einen Tennisplatz. „Die Übertragung der Fläche wurde von der Familie von Anfang an offen gelegt und wird selbstverständlich geprüft“, sagte er. Sollten Rückübertragungen möglich sein, werden auch die Immobilien zur Insolvenzmasse hinzugefügt.
Ein ver.di-Sprecher forderte, dass die Beschäftigten möglichst viele ihrer Ansprüche aus der Insolvenzmasse bedient bekommen. „Es gibt die klare Erwartung, dass die Erlöse aus dem Abverkauf nicht ausschließlich den Lieferanten und Versicherern zur Verfügung stehen“, sagte der Sprecher. Auch die Beschäftigten müssten zu ihrem Recht kommen. Allerdings sei noch nicht klar, was letztlich an Masse zur Verfügung stehe. Deswegen prüfe ein Wirtschaftsprüfer von ver.di die Rückübertragungen in der Familie Schlecker. Das sei auch im Interesse der Mitarbeiter und ihrer Ansprüche.
Experte: Insolvenzmasse dürfte sich in Grenzen halten
Dem Insolvenzexperten Detlef Specovius zufolge wird jedoch nicht mehr viel übrig bleiben. „Die Insolvenzmasse dürfte sich in Grenzen halten“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. „Die Ware gehört dem Unternehmen nicht zu 100 Prozent. Die Filialen sind gemietet“, fügte er hinzu. Specovius ist Partner bei Schultze & Braun mit Sitz in Achern, der nach eigenen Angaben größten Insolvenzkanzlei Deutschlands.
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Anfang Juni hatten sich die Gesamtforderungen der Gläubiger nach Angaben von Insolvenzverwalter Geiwitz auf insgesamt 665 Millionen Euro belaufen. Er ging davon aus, dass es am Ende etwa 800 Millionen Euro sein werden. Durch den Verkauf der Töchter Ihr Platz und Schlecker XL hofft er, 500 bis 700 Millionen Euro erlösen zu können. Zuletzt hatte die österreichische MTH Retail Group des Wiener Industriellen und früheren ÖVP-Politikers Josef Taus Interesse gezeigt. Zu ihr gehören in Deutschland die Discounter Mäc Geiz und Pfennigpfeifer. Auch für die Auslandsgesellschaften werden noch Käufer gesucht.
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Mit der Schließung der Filialen verschwindet Schlecker nach 37 Jahren von der Bildfläche. 1975 gründete der gelernte Metzger Anton Schlecker den ersten Drogeriemarkt, drei Jahre später hatte er schon 100 Märkte unter sich. 1984 durchbrach Schlecker die Schallmauer von 1.000 Märkten. Doch das Unternehmen wuchs zu schnell, die Gewinne konnten mit den Umsätzen nicht mithalten. Hinzu kamen Imageprobleme und attraktivere Märkte der Konkurrenz. Am 23. Januar meldete Schlecker offiziell Insolvenz beim Amtsgericht Ulm an.