Die von Götz Werner gegründete Drogeriekette dm ist heute Marktführer in Europa. Für ihn war die Schlecker-Pleite keine Überraschung.
Karlsruhe. Herr Werner , dm steht heute auf Platz eins der Drogeriemärkte in Deutschland. Was ist der Grundstein Ihres Erfolgs?
„Der Wille zur Veränderung. Stillstand und schleichende Entwicklungen können oft katastrophale Folgen haben. Nur wer sich verändert, wird stärker. Nicht der, der wächst.“
Was bedeutet es für Sie, Unternehmer zu sein?
„Ein Unternehmer lernt von Unternehmern und nie von sich selbst - sonst wird er zum Autisten. Unternehmer sein heißt: sein Umfeld wahrnehmen. Woanders gucken. Aus der Wahrnehmung kommt Erkenntnis. Nichts ist ununternehmerischer als das Prinzip: Never change a winning Team.“
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Ihre entscheidenden Erkenntnisse dabei?
„Erziehung zur Freiheit und Verständnis für meine Kunden. Je besser ich meine Kunden verstehe, desto größer ist mein Erfolg als Unternehmer.“
Inwieweit kommen Ihnen dabei Ihre Erfahrungen als begeisterter Ruderer zugute?
„Im Leben ist alles eine Rhythmusfrage. Wenn Sie nur einatmen, sterben Sie. Wenn Sie nur ausatmen, sterben Sie auch. Wenn Sie den Rhythmus nicht finden, kommen Sie außer Atem. Vom Rudern gelernt habe ich also: dranbleiben und den richtigen Rhythmus finden.“
Hat die Erfolgsgeschichte von dm auch dunkle Flecken?
„Der „dunkle Fleck“ ist immer alles Suboptimale. Etwas, das oft nur wir selbst sehen.“
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Haben Sie Angst vor Rückschlag und Scheitern?
„Als Unternehmer spürt man immer Grundeis am Hintern und immer eine gewisse Existenzbedrohung. Auf der einen Seite gibt es die Sorge, dass Entwicklungen eine falsche Richtung nehmen. Auf der anderen Seite aber gilt für mich immer: Es gibt keine ausweglosen Situationen.“
Hat Sie die Pleite von Schlecker überrascht?
„Die Entwicklung von Schlecker war für Branchenkenner vorhersehbar. Nur die Dynamik dieser Entwicklung mag für den einen oder anderen überraschend gewesen sein. Auch dass die IhrPlatz- und Schlecker- XL-Märkte im Gesamten keinen Investor begeistern konnten, war zu erwarten.“
Was halten Sie als Unternehmer von der grün-roten Landesregierung?
„Politik ist die Kunst des Möglichen, das merken auch die Grünen. Genau wie ein Unternehmer müssen sie die Balance finden zwischen dem Machbaren und dem Wünschenswerten. Grün-Rot dreht das Land ja auch nicht auf Links. Die Macht des Faktischen ist eben sehr groß.“
Was haben Sie im März 2011 gewählt?
„Ich habe den Wechsel gewählt, der war nötig. Früher habe ich immer die FDP gewählt, aber die kann man inzwischen nicht mehr wählen. Die haben längst vergessen, was „liberal“ bedeutet.“
Ist die Zeit reif für das von Ihnen seit langem geforderte bedingungslose Grundeinkommen?
„Seit 2006 fangen die Menschen plötzlich an, sich dafür zu interessieren. Denn sie sehen: So geht es nicht weiter. Das bedingungslose Grundeinkommen ist keine Politik, sondern eine gesellschaftliche Zielsetzung. Es ist eine kopernikanische Wende in unserer Sozialität.“
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Was verachten Sie am meisten?
„Alles, was unindividuell ist. Alles, wo der Mensch nicht er selbst ist. Alles, was unauthentisch ist. Wenn der Mensch tut, was er eigentlich nicht will.“
Was ist für Sie ein besonders wichtig im Leben?
„Das Gespräch“.