Die Finanzminister wollen mit höherer Brandmauer die Märkte beruhigen. Bekanntgabe der Enscheidung führte derweil zum Protokoll-Eklat.

Kopenhagen. Die Eurozone bekommt einen deutlich höheren Schutzwall gegen die seit mehr als zwei Jahren grassierende Schuldenkrise. Mit einer „Brandmauer“ von insgesamt 800 Milliarden Euro wollen die Euroländer eine weitere Eskalation verhindern. Damit hat Deutschland den Streit um die Höhe des Schutzwalls gewonnen – der Verlierer ist Frankreich .

Die Euro-Finanzminister verständigten sich am Freitag in Kopenhagen auf die höhere Brandmauer. Der deutsche Ressortchef Wolfgang Schäuble hatte den Betrag als erster bereits am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung in der Universität der dänischen Hauptstadt verkündet. Nicht durchgesetzt hat sich sein französischer Kollege Francois Baroin, der eine Ausweitung der Euro-Rettungssysteme auf insgesamt eine Billion Euro verlangt hatte.

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Die Verkündung der Minister-Entscheidung durch die österreichische Finanzministerin Maria Fekter führte jedoch zu einem Protokoll-Eklat: Fekter hatte den Deal zur Stärkung des Rettungsschirms noch vor dem Ende des Eurogruppentreffens ausgeplaudert. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sagte daraufhin seine angesetzte Pressekonferenz ab. „Das macht keinen Sinn mehr“, sagte der Luxemburger verschnupft, weil Fekter schon alles bekannt gegeben habe. Laut Diplomatenkreisen war Juncker empört über das Vorpreschen der Österreicherin. Deren Pressebriefing über das laufende Treffen sei „ein klarer Verstoß gegen das Protokoll“.

Von der höheren Brandmauer verspricht sich die Eurozone ein Signal in Richtung der Finanzmärkte, die seit mehr als zwei Jahren von immer wieder neuen Problemfällen im Euroland in Aufruhr versetzt wurden. Die größte Sorge: Die Schuldenkrise könnte auf große Länder wie Spanien oder Italien übergreifen und die bisherigen Hilfsinstrumente überfordern.

„Die Märkte signalisieren bereits relative Ruhe“, sagte Österreichs Ressortchefin Maria Fekter. „Damit kann man erkennen, dass die Märkte mit dem umgehen können, was wir hier aufgestellt haben.“

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Die Summe von 800 Milliarden Euro enthält 500 Milliarden Euro an „frischer Ausleihkapazität“, die über den neuen permanenten Rettungsschirm ESM für mögliche neue Krisenfälle in der Eurozone zur Verfügung gestellt werden können. Zusätzliche 100 Milliarden Euro an bereits ausgezahlten Mitteln entfallen auf bilaterale Hilfskredite an Griechenland und Hilfsgelder aus EU-Töpfen.

Mit weiteren rund 200 Milliarden Euro schlagen die bereits angeschobenen Hilfsprogramme für die drei Krisenländer in der 800-Milliarden-Summe zu Buche. Das sind Mittel, die der bisherige Rettungsschirm EFSF schon verplant, aber noch nicht voll gezahlt hat.

Der ESM soll von Sommer 2012 an den EFSF ablösen. Dieser wickelt noch die bereits laufenden Hilfsprogramme für Griechenland, Irland und Portugal bis Ende 2014 ab.

Mit dem Kopenhagener Beschluss erfüllen die Euro-Finanzminister nicht die Erwartungen der Industriestaatenorganisation OECD, die wie die Franzosen ebenfalls eine rund eine Billion starke Schutzmauer verlangt hatte. Um diese Summe zu erreichen, hätten zusätzlich auch die bislang nicht ausgeschöpften Mittel des EFSF als befristete Notreserve einbezogen werden müssen.

Schäuble lehnte eine solche große Lösung jedoch ab. „Ich halte gar nichts davon“, sagte er in Kopenhagen. „Wenn wir die Finanzmärkte überzeugen wollen, dann müssen wir die Sprache der Finanzmärkte verstehen. Für die Finanzmärkte ist viel wichtiger, dass wir unsere Probleme lösen.“ Die Debatte über die Höhe des Schutzwalls führe nur zu neuen Spekulationen und zu neuer Verunsicherung. „Ich hoffe, dass es gelingt, die Debatte mit dem Treffen heute zu beenden.“

Die Euro-Finanzminister verständigten sich zudem darauf, den ESM zügiger mit Barkapital auszustatten, als bislang geplant. Die ersten Zahlungen sollen in zwei Tranchen im Juli und im Oktober fließen. Zwei weitere Tranchen werden 2013 fällig, die letzte Teilzahlung dann bereits in der ersten Jahreshälfte 2014. Die restlichen drei Tranchen sollten nach den bisherigen Plänen bis 2015 eingezahlt werden. Mit der jetzt vereinbarten früheren Kapitalisierung wird die volle Schlagkraft des Fonds ebenfalls früher verfügbar.

Der ESM bekommt Bareinlagen von 80 Milliarden Euro. Das soll vor allem Vertrauen an den Finanzmärkten schaffen. Denn der EFSF funktioniert nur auf der Basis von Garantien der Staaten.

EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, in den vergangenen Wochen und Monaten sei man bei der Sanierung der Staatshaushalte deutlich vorangekommen. Nun sei es an der Zeit, die Maßnahmen mit einer „weiteren Stärkung der finanziellen Brandmauern“ zu vollenden. (dpa/abendblatt.de)