EU-Finanzminister wollen den Streit über die Höhe des Krisenfonds beenden. Neubesetzung von EU-Posten steht ebenfalls auf der Agenda.

Kopenhagen. Beim Treffen der EU-Finanzminister in Kopenhagen kann sich Frankreich mit seiner Forderung nach einem Billionen-Schutzschirm für die Eurozone nicht durchsetzen. „Davon sind wir ein Stück weit entfernt“, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Freitag. In der dänischen Hauptstadt wollen die Finanzminister der Währungsunion den Streit über den finanziellen Umfang des neuen Euro-Rettungsschirms ESM beenden.

Deutschland tritt für eine Minimallösung ein: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte in der dänischen Hauptstadt, dass die für Irland, Portugal und Griechenland verplanten 200 Milliarden Euro nicht von den 500 Milliarden Euro aus dem neuen Schirm ESM abgezogen werden sollten. Rechnet man 50 Milliarden aus einem weiteren Kommissionstopf und 50 Milliarden bereits an Athen überwiesener Notkredite dazu, dann würde die Eurozone zusammengenommen 800 Milliarden Euro zur Abwehr der Krise aufwenden. „Ich denke, dass reicht“, hatte Schäuble schon am Vorabend bekräftigt.

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Schäubles französischer Kollege Francois Baroin hatte am Donnerstag eine Feuerkraft von einer Billionen Euro gefordert. Er verglich den Schutzschirm mit einer Atomwaffe, die nicht eingesetzt werden, sondern abschrecken soll. Doch nicht nur Deutschland, auch Finnland stellt sich quer. Auch der Vorschlag, das Gesamtvolumen auf 940 Milliarden Euro zu heben, indem bislang ungenutzte EFSF-Mittel als Reserve bewahrt werden, geht Helsinki zu weit. „940 Milliarden Euro ist für Finnland zu hoch“, sagt Finanzministerin Jutta Urpilainen. „Wir müssen eine andere Lösung finden.“

Im Entwurf für den Beschluss hieß es bis zum Freitag, die 240 Milliarden Euro unverplanter EFSf-Mittel sollten unter „außergewöhnlichen Umständen“ und mit einstimmiger Entscheidung als Notreserve angezapft werden können. An der Formulierung musste in Kopenhagen aber noch gefeilt werden. Verhandelt wurde auch darüber, wie schnell der permanente Rettungsschirm gefüllt werden soll. Das Barkapital soll nach bisheriger Beschlusslage schrittweise bis 2015 aufgebaut werden, dann könnte der Fonds im kommenden Jahr aber nur 200 Milliarden Euro verleihen. Um die Schlagkraft rascher zu erreichen, wurde darüber diskutiert, statt nur einer auch im nächsten Jahr zwei Tranchen einzuzahlen.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz rief die Bundesregierung unterdessen zu mehr Gradlinigkeit in der Eurokrise auf. „Wichtig ist vor allem, dass jetzt Schluss ist mit der Salamitaktik“, sagte er. Der SPD-Politiker ist noch nicht überzeugt, dass die von Berlin zugesagte Addition der Rettungsschirm-„Feuerkraft“ auf 700 Milliarden Euro genügt. „Wir brauchen Klarheit aufseiten der Regierungschefs über den gesamten Finanzierungsbedarf, sowie Erfolge hinsichtlich der Umsetzung zugesagter Reformen“, sagte Schulz. „Nur dann wissen wir, ob die Finanzierungsinstrumente ausreichen.“

EU: Spanien muss Sparkurs fortsetzen

Besorgt zeigt sich die EU um das Euro-Schwergewicht Spanien. „Spanien ist in einer sehr schwierigen Situation, aber auf der anderen Seite hat Spanien auch viele Stärken“, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn in Kopenhagen. Rehn forderte Madrid auf, den eingeschlagenen Weg der Haushaltssanierung konsequent fortzusetzen . Spaniens neue konservative Regierung will an diesen Freitag den Staatshaushalt für 2012 beschließen, der kräftige Einsparungen im Umfang von mindestens 35 Milliarden Euro vorsieht.

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Der Sparkurs und die parallel verfolgten Arbeitsmarktreformen sind im Land extrem unpopulär. Die Gewerkschaften hatten am Donnerstag mit einem 24-stündigen Generalstreik darauf reagiert.

Neben der Stärkung des Rettungsschirms will die Eurogruppe am Freitag auch einen Kandidaten für eine frei werdende Stelle im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) nominieren. Als aussichtsreichster Bewerber gilt der Luxemburger Zentralbankchef Yves Mersch.

Frankreich blockiert Beschlüsse für Neubesetzung von EU-Posten

Aufgrund der nahenden Präsidentenwahlen nimmt Frankreich bei den notwendigen Neubesetzungen von hohen EU-Posten aktuell aber eine Blockadehaltung ein. „Wir brauchen eine umfassende Vereinbarung (für alle Posten)“, sagte der französische Finanzminister François Baroin vor einem Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen. Diese Frage könne nicht vor den Präsidentschaftswahlen entscheiden werden. Der zweite Wahlgang ist für den 6. Mai geplant.

Baroin sagte, in das Personalpaket gehöre auch eine Neubesetzung im EZB-Direktorium EZB. Als Favorit für den Ende Mai freiwerdenden Posten gilt Mersch.

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Bei dem Personal-Poker geht es auch um den neuen Vorsitzenden der Eurogruppe. Finanzminister Schäuble, der ein Kandidat für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker auf diesem Spitzenposten ist , müsse sich deshalb weiter gedulden, sagten Diplomaten.

Schäuble wich in Kopenhagen der Frage aus, ob er künftig die Euro-Finanzminister in der Eurogruppe führen wolle. „Ich bin Kandidat für die Sitzung der Eurogruppe, die jetzt stattfindet“, antwortete er. Der CDU-Politiker war von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Gespräch (CDU) gebracht worden. Junckers Mandat läuft Ende Juni aus.

In das Personalpaket gehören laut Diplomaten auch der Chefposten beim künftigen europäischen Krisenfonds ESM und das Präsidentenamt bei der Osteuropabank (EBRD) in London. (dapd/dpa/abendblatt.de)