Wirtschaftsminister Schmid soll bis zum Morgen 45 Millionen Euro an Zusagen einsammeln. In dem Fall tritt der Südwesten in Vorleistung.
Stuttgart. Baden-Württemberg unternimmt einen letzten Rettungsversuch für Schlecker-Transfergesellschaften. Der Landtagsfinanz- und Wirtschaftsausschuss beschloss am Mittwochabend, dass Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) bis 8.00 Uhr am Donnerstagmorgen 45 Millionen Euro an Bürgschaftszusagen bei anderen Bundesländern einsammeln soll, wie es aus Ausschusskreisen hieß. In dem Fall würde der Südwesten für die notwendige Garantie von 70 Millionen Euro in Vorleistung treten. Sollte das nicht gelingen, bliebe es bei dem Aus für etwa 11 000 Schlecker-Beschäftigte.
Zuvor war eine Bürgschaft aller Bundesländer zugunsten einer Auffanglösung für 11.000 Schlecker-Beschäftigte geplatzt. Fieberhaft wurde am Mittwoch über Stunden um einen Kompromiss gerungen. Kurzzeitig schien ein Weg gefunden: Die drei Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen sollten alleine für eine Transfergesellschaft der insolventen Drogeriekette bürgen. Doch postwendend folgte das "Nein" aus München.
Nach dem Scheitern dieser Lösung wären die Beschäftigten sofort arbeitslos. In den Transfergesellschaften sollten sie eigentlich weitergebildet und bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt werden. Außerdem hätten sie für sechs Monate einen Großteil ihres Gehaltes sicher.
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„Für die bayerische Staatsregierung ist eine Drei-Länder-Lösung wie von Baden-Württemberg vorgeschlagen nicht darstellbar. Das würde zu einer Verdoppelung des bayerischen Anteils führen“, sagte ein Sprecher von Finanzminister Markus Söder (CSU) am Mittwoch in München.
Der Finanz- und Wirtschaftsausschusses des Landtags in Stuttgart beriet am Mittwoch seit dem Mittag, ob Baden-Württemberg einen Kredit der staatseigenen Bank KfW über 70 Millionen Euro ermöglicht. Am späten Nachmittag wurde dann die Sitzung ohne Lösung unterbrochen.
Die ursprünglich geplante Bürgschaft aller Bundesländer war vor allem am Widerstand der FDP-geführten Wirtschaftsministerien in Niedersachsen und Sachsen gescheitert. Mehrere Bundesländer wollten nur dann mitbürgen, wenn alle mitmachen. Auch Baden-Württemberg hatte sich entsprechend geäußert.
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Die dann diskutierte Drei-Länder-Lösung sah aus baden-württembergischer Sicht vor, dass Stuttgart, München und Düssseldorf für die komplette Summe von 70 Millionen Euro bürgen, die als KfW-Kredit an die Schlecker-Transfergesellschaft fließen würden. Zunächst könnte, so die Idee, der Südwesten wie geplant dafür in Vorleistung treten und dann Rückbürgschaften von Bayern über 20,5 und Nordrhein-Westfalen über 24,1 Millionen Euro erhalten. Im Endeffekt hätte der Südwesten also den größten Anteil von 25,4 Millionen Euro gestemmt.
Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz wollte beim Scheitern der Transferlösung noch am Abend die Kündigungsschreiben an die 11.000 Beschäftigten rausschicken. Er hatte sich vor der Sitzung noch zuversichtlich gezeigt, dass eine Lösung glücken könnte. Zudem hatte Geiwitz die vorgelegten Zahlen zur Schlecker-Fortführung verteidigt. Sie waren unter anderem vom Hannoveraner Wirtschaftsministerium als nicht belastbar genug beurteilt worden.
Unterdessen wurde das Insolvenzverfahren über die Drogeriekette Schlecker vom Amtsgericht Ulm am Mittwoch eröffnet, wie Insolvenzrichter Benjamin Webel bestätigte. Das Verfahren gilt für die Anton Schlecker e.K., die Schlecker XL GmbH und auch für die Tochter IhrPlatz.
Das Insolvenzverfahren bietet Schlecker nun eine andere Verhandlungsbasis – sowohl den Mitarbeitern als auch anderen Geschäftspartnern wie Vermietern gegenüber. „Es gelten jetzt andere Kündigungsfristen“, sagte Webel. Sofern keine kürzeren Fristen vereinbart seien, betrage die Frist drei Monate zum Monatsende.
Geiwitz will nun daran arbeiten, die verbliebenen rund 3200 Schleckerfilialen verlustfrei weiterzuführen. Die Schließungen seien planmäßig erfolgt. Rund 11 000 Jobs fallen weg. „In den kommenden Wochen soll nun die Restrukturierung angegangen werden“, erklärte er. Dazu gehören etwa die Verhandlungen mit Vermietern. Auch die Investorensuche werde fortgesetzt. (dpa/HA)