Die FDP-Wirtschaftsminister aus drei Bundesländern haben das Vorhaben einer Transfergesellschaft abgelehnt. Die Arbeitsagentur ist aber optimistisch für die rund 11.000 betroffenen Beschäftigten. Die Kündigungsschreiben sind dennoch verschickt worden.
Berlin. Nach dem Scheitern einer Auffanglösung für die Schlecker-Beschäftigten durch die FDP flattern den etwa 10.000 Mitarbeitern des Konzerns die Kündigungsschreiben ins Haus. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz wurden am Donnerstag die Briefe an 10.000 Mitarbeiter verschickt. Vorausgegangen war ein zähes Ringen um die Finanzierung von Auffanggesellschaften über eine Bürgschaft der Länder für einen KfW-Kredit. In den Gesellschaften sollten die gekündigten Mitarbeiter betreut und weitervermittelt werden. Die FDP-geführten Wirtschaftsministerien aus Sachsen, Niedersachsen und Bayern verhinderten jedoch eine solche Lösung. SPD und CSU kritisierten die Haltung der FDP scharf. "Es war leider nicht möglich, alle unter einen Hut zu bekommen", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gestern. Das Vorhaben sei damit gescheitert.
Sein bayerischer Amtskollege Horst Seehofer (CSU) machte Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) dafür verantwortlich. Finanzminister Markus Söder (CSU) und er hätten die Beteiligung an einer 71 Millionen Euro schweren Bürgschaft zur Finanzierung der Auffanggesellschaft für vertretbar gehalten, Zeil habe dies aber abgelehnt.
Unterdessen rief die FDP die Politik dazu auf, bei Arbeitgebern im Einzelhandel die Werbetrommel für Schlecker-Mitarbeiter zu rühren. "Jedem Arbeitgeber muss klar sein, wie qualifiziert die Mitarbeiter von Schlecker sind und wie hart sie gearbeitet haben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen im Bundestag, Otto Fricke, der "Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Arbeitgeber, die derzeit im Einzelhandel 25.000 offene Stellen meldeten, hätten jetzt die Möglichkeit, schnell an qualifiziertes Personal zu gelangen. Der FDP-Haushaltsexperte begrüßte die Ablehnung einer Transfergesellschaft für die Schlecker-Mitarbeiter.
Um die Bürgschaft war über Nacht intensiv gerungen worden, nachdem eine Lösung unter Beteiligung aller 16 Bundesländer an Niedersachsen und Sachsen gescheitert war. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hatte auf die Transfergesellschaft gedrängt, weil er andernfalls Kündigungsschutzklagen fürchtet, die die Suche nach einem Käufer für die verbliebenen 3000 Filialen von Schlecker erschwerten. Geiwitz will bis Pfingsten einen neuen Eigentümer für die einst größte deutsche Drogeriekette gefunden haben.
+++Transfergesellschaft für Schlecker gescheitert+++
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FDP-Vize Birgit Homburger machte Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) für das Scheitern der Schlecker-Bürgschaft verantwortlich. "Schmid hat durch sein dilettantisches Management die Transfergesellschaft in den Sand gesetzt“, sagte sie. Die FDP trage keine Verantwortung.
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Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck zeigte sich entsetzt über das Nein der FDP zur Schlecker-Auffanggesellschaft. "Ich war heute so bitter wie schon lange nicht mehr in der Politik“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner“. In der Sache Schlecker sei es nicht um bares Geld, sondern um eine Bürgschaft gegangen. Eine Auffanggesellschaft hätte nicht nur den jetzt von Kündigung betroffenen Frauen Chancen eröffnet, sondern durch das Ausbleiben von Kündigungsschutzklagen und Abfindungsforderungen auch dem Insolvenzverwalter genutzt. Die FDP habe sich bei der Entscheidung über die Bürgschaft "so daneben benommen“, dass er sich für sie schäme, sagte Beck.
Und auch Ver.di-Chef Frank Bsirske verurteilte die Blockade der FDP-Minister scharf: "Das, was diese FDP-Wirtschaftsminister machen, ist einfach verantwortungslos. Ideologie auf dem Rücken von zehntausend Kolleginnen." Die Transfergesellschaften hatten eine Debatte ausgelöst, ob der Staat mit den Bürgschaften zu sehr in den Wirtschaftskreislauf eingreife.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte sich ebenfalls verärgert über den harten Kurs des Koalitionspartners FDP. Der CSU-Politiker sagte am Donnerstagabend im Bayerischen Fernsehen: "Das gehört eigentlich zu uns in Bayern, dass wir die Menschen nicht alleine lassen, sondern uns um ihr Schicksal kümmern.“ Er fügte hinzu: "Das wäre in diesem Fall verantwortbar möglich gewesen.“ Aber leider habe der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) nicht zugestimmt.
Bayerns DGB-Chef Matthias Jena bezeichnete den Kurs der Staatsregierung in der Debatte über eine Bürgschaft für Schlecker als "Armutszeugnis“ für die schwarz-gelbe Koalition. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Seehofer seinem Wirtschaftsminister Zeil "nicht sagt, wo es langgeht“, sagte Jena.
FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, die Bundesagentur für Arbeit müsse den Schlecker-Beschäftigten neue Perspektiven geben. Die Lage am Arbeitsmarkt sei derzeit günstig. "Das Land Baden-Württemberg hat falsche Hoffnungen bei den Schlecker-Beschäftigten geweckt, die jetzt jäh enttäuscht werden." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte die Freidemokraten: "Die FDP will gnadenlos und mit allen Mitteln Profil gewinnen und nimmt dafür die Schlecker-Frauen als Geiseln." Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, äußerte sich ähnlich: "Die FDP kämpft verzweifelt um die eigene Zukunft, das Schicksal der Schlecker-Mitarbeiterinnen gerät dabei unter die Räder."
Der Handelsverband HDE und die Bundesagentur für Arbeit machen den Schlecker-Beschäftigten indes Mut. Raimund Becker aus dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit sagte Reuters TV, es gebe bundesweit 25.000 offene Stellen für Verkäuferinnen. "Der Markt ist aufnahmefähig." Auch der Arbeitgeberverband des deutschen Einzelhandels erwartet, dass die 11.000 Schlecker-Mitarbeiter rasch neue Stellen in der Branche finden.