11.000 Mitarbeiter sind am Sonnabend ein letztes Mal für die insolvente Drogeriekette im Einsatz - und stehen danach vorerst ohne Job da.

Hannover. An ihrem letzten Arbeitstag sortiert Schlecker-Mitarbeiterin Angelika Elbershausen (54) an diesem Sonnabend in Hannover immer noch die Produkte in den Regalen. Kurz bevor die Filiale schließt, stehen da fünf Deodorants fein säuberlich aneinandergereiht, im Fach für Katzenstreu liegen drei Beutel gestapelt. Von jedem Produkt ist nur noch ein kläglicher Restbestand übrig. Elbershausen will nichts mehr sagen. Sie erlebt bereits die zweite Filial-Schließung bei Schlecker mit. "Wir machen unsere Arbeit hier bis zum Ende“, sagt ihre 58-jährige Kollegin Birgit Strahl. "Wie der Kapitän, der bis zum Schluss an Bord bleibt.“

Angelika Elbershausen und Birgit Strahl sind zwei der insgesamt 11.000 Schlecker-Beschäftigten, die vor der Entlassung stehen. In 2200 von 5400 Märkten gehen an diesem Sonnabend endgültig die Lichter aus. Genau wie die beiden Frauen hoffen nun viele Schlecker-Beschäftigte auf eine Transfergesellschaft, die sie für die nächsten Monate auffangen wird. Dort hätten sie die Chance, bis zu einem Jahr qualifiziert und in neue Jobs vermittelt zu werden. Doch die Entscheidung darüber soll erst in der kommenden Woche fallen .

+++ Was der Familie Schlecker zum Leben bleibt +++

"Niemand hier weiß, wie es weitergehen wird“, sagt Zorica Konschack. Zehn Jahre lang habe sie bei Schlecker gearbeitet und die Arbeit gemocht. Am Ende habe sie gar kein Gefühl mehr gehabt. "Von unseren Stammkunden haben wir Blumensträuße bekommen“, erzählt sie. "Und von Schlecker wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Mittlerweile könne sie über die Situation nur noch lachen - anders sei sie nicht zu ertragen. Kurz vor ihrem letzten Ladenschluss schabt die 38-Jährige die Schlecker-Schilder von den Schaufensterscheiben. Danach verklebt sie die Fenster mit Geschenkpapier.

In dem Markt, in dem Tatjana Kofman (45) seit zwölf Jahren arbeitet, sind die Regale nach der letzten Rabatt-Aktion so gut wie leer gekauft. "Wie eine Beerdigung fühlt sich das an“, sagt sie und hat Tränen in den Augen. Ihr Sohn studiere, zusätzlich müsse sie ihr Haus abbezahlen. Als in den letzten Monaten immer weniger Ware geliefert worden sei, habe sie bereits geahnt, was ihr bevorstehe. "Von der Schlecker-Insolvenz hat mir dann mein Sohn erzählt. Es war ein Schock.“ Einige Kunden machten sich daraufhin lustig über sie, andere bekundeten Mitgefühl. Zwar werde sie sich sofort um eine neue Stelle bemühen, wisse derzeit aber nicht, wie es weitergehen solle.

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert, dass die Entscheidung der Bundesländer über eine Bürgschaft für Transfergesellschaften erneut vertagt wurde. "Jetzt bleibt abzuwarten, ob Baden-Württemberg allein in Vorleistung tritt“, meint ein Verdi-Sprecher. Zu den Schließungen am Sonnabend waren keine Protestaktionen geplant.

Protest bringe jetzt auch nichts mehr, findet eine 58-jährige Verkäuferin, die ihren Namen nicht nennen will. Nach fast zehn Jahren kenne sie viele der Kunden. Gerade die Älteren seien oft gekommen, um ein bisschen zu plaudern. "Das wird mir fehlen“, sagt sie. Auch deshalb tue es so weh, die Regale auszuräumen. Sie bezweifle, so kurz vor der Rente einen neuen Job zu finden. Eine Schlecker-Filiale werde sie jedenfalls nicht mehr betreten, auch nicht als Kundin. "Ich werde damit abschließen und dann ist für mich der Name Schlecker für immer gestorben.“