Die Bundesländer einigten sich nicht auf ein Konzept zur Finanzierung der Auffanggesellschaft für 10.000 Schlecker-Beschäftigte.
Ehingen/Berlin. Die Hängepartie geht weiter: Die Finanzierung einer Auffanggesellschaft für die 11.200 vor der Entlassung stehenden Beschäftigten der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker steht nach wie vor nicht. Die Vertreter der 16 Bundesländer konnten sich am Donnerstag in Berlin nicht auf einen endgültigen Finanzierungsplan für einen KfW-Kredit über rund 70 Millionen Euro einigen.
Bei der Gewerkschaft ver.di herrscht angesichts der erneuten Vertagung Fassungslosigkeit. „Die zögerliche Haltung einzelner Bundesländer zeigt in besonders drastischer Weise, wie parteipolitische Denkblockaden über gesunden Menschenverstand gestellt werden“, sagte das ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz äußerte sich zunächst nicht dazu.
Wegen der unterschiedlichen Verwaltungswege in den Ländern habe es noch keine finale Entscheidung geben können, sagte Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) nach Ende der Gespräche. Laut der ver.di-Landesbezirksleiterin Leni Breymeier scheiterte ein Kompromiss aber vor allem an den Ländern Hessen, Sachsen und Niedersachsen, in denen die FDP das Wirtschaftsministerium leitet. „Uns rennt einfach die Zeit davon“, sagte sie und fügte hinzu: „Diese letzte verbliebene Hoffnung für die von Kündigungen bedrohten Schlecker-Frauen darf nicht an Formalien oder einer drei Prozent Partei scheitern.“
Schmid sagte, sein Land habe angeboten, „zu prüfen, in Vorleistung für die anderen zu gehen und die Risikofreihaltung zu übernehmen“, die über Rückbürgschaften der Länder abgesichert werden soll.
Zugleich stellte er klar: „Wir können keinen Blanko-Scheck über 70 Millionen Euro ausstellen, dazu brauchen wir einen Landtagsbeschluss.“ Wichtig sei aber, bis Anfang nächster Woche ein „verbindliches Signal an den Insolvenzverwalter zu senden“, um die bereits vorbereiteten Transfergesellschaften an den Start zu bringen. Das Geld soll Schmid zufolge verwendet werden, um insgesamt elf Auffanggesellschaften zu gründen, in denen ehemalige Schlecker-Mitarbeiter für neue Jobs qualifiziert werden.
„Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass wir heute endgültig zum Ziel gekommen wären“, sagte die rheinland-pfälzische Arbeitsministerin Malu Dreyer (SPD). Wichtig sei aber, „dass alle Länder noch an Bord sind“. Sie fügte hinzu: „Das Ganze hätten wir uns sparen können, wenn es der Bund für nötig gehalten hätte, für die Transfergesellschaft einzutreten.“
Der gemeinsamen Erklärung der Minister vorausgegangen war ein stundenlanges zähes Ringen um die Verteilung der finanziellen Lasten unter den Ländern. Diese solle sich im angedachten Finanzierungsmodell nach „der Zahl der im jeweiligen Bundesland zu rettenden Arbeitsplätze“ richten, sagte Schmid. Demnach würde der Löwenanteil der finanziellen Last vom Schlecker-Stammland Baden-Württemberg (18 Prozent) sowie von Nordrhein-Westfalen und Bayern geschultert.
Eine ver.di-Sprecherin forderte den vorläufigen Insolvenzverwalter auf, die Finanzverhältnisse der Familie Schlecker weiter zu überprüfen. Anton Schlecker haftet als eingetragener Kaufmann zwar mit seinem Privatvermögen für die Pleite. Allerdings verfügten seine Angehörigen über eigene Vermögenswerte, die zu großen Teilen nicht zur Insolvenzmasse zählen, berichtet das „Manager Magazin“. Kenner der Familie schätzten, dass den Schleckers monatlich etwa 70.000 Euro zum Leben bleiben, heißt es in dem Bericht weiter. „Es kann nicht sein, dass er weiter ein komfortables Leben führt und die Frauen bei Schlecker nicht wissen, wie es weitergeht“, sagte die Sprecherin.
Am Donnerstag fanden parallel bundesweit Betriebsversammlungen statt. Dabei informierten auch Träger von Transfergesellschaften die von Kündigung betroffenen Mitarbeiter. Diese haben jetzt bis Anfang kommender Woche Zeit, zu entscheiden, ob sie in die Transfergesellschaft wechseln oder ihre Kündigung akzeptieren wollen. (dapd)