Im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise will das Duo die Finanztransaktionssteuer einführen, notfalls auch nur in der Euro-Zone.
Berlin. Deutschland und Frankreich halten weiter an den Plänen der Einführung einer Finanztransaktionssteuer fest. Hinter einer solchen Steuer stehen jedoch noch viele Fragezeichen.
Kanzlerin Angela Merkel plädiert weiter für eine Abgabe auf Börsengeschäfte. Nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Montag sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin, die Abgabe sei für beide Länder „die richtige Antwort, und wir werden auch weiter dafür kämpfen“. „Wir kämpfen in der Tat seit Jahren um die Realisierung einer Finanztransaktionssteuer“, so Merkel. Die EU-Kommission habe dankenswerterweise einen Vorschlag vorgelegt, und sie finde es richtig, dass Frankreich jetzt Nägel mit Köpfen machen wolle.
Das Ziel von deutscher Seite sei, dass die EU-Finanzminister bis März eine abschließende Stellungnahme abgeben, wie es mit der Steuer weitergehe, so die Kanzlerin. Sie persönlich könne sich diese Abgabe auf Börsengeschäfte auch nur für die Euro-Länder vorstellen, wenn es nicht gelinge, alle 27 Mitgliedstaaten ins Boot zu holen, sagte die CDU-Vorsitzende. Dafür gebe es jedoch „noch keine Einigung innerhalb der Regierung“.
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Die Finanztransaktionssteuer ist als Abgabe auf Börsengeschäfte gedacht. Der Handel mit Aktien, Devisen, Anleihen, Derivaten und anderen Finanzprodukten soll mit einem geringen Prozentsatz besteuert werden. Durch die Diskussion geistert ein Satz von 0,05 Prozent, was EU-weit Schätzungen zufolge bis zu 250 Milliarden Euro einbringen könnte. Unklar ist aber noch, wie die Mittel verteilt werden. Die EU-Kommission würde die erwarteten Milliarden gerne aufs eigene Konto buchen. Deutschland lehnt das ab.
Außerdem mahnte Merkel Sparbemühungen in Griechenland an, betonte aber auch das Ziel, „dass Griechenland im Euroraum bleibt“.
Wissing grundsätzlich gesprächsbereit
Die FDP will sich einer grundsätzlichen Diskussion offenbar nicht mehr verschließen. Bisher war die FDP strikt gegen die Einführung einer solchen Steuer nur für die Länder, die den Euro als Währung haben. Die Liberalen fürchten, dass institutionelle Anleger und Hedgefonds ihre Geschäfte nach London verlegen und die Steuer damit umgehen. Auch Parteichef Philipp Rösler sagte der „Frankfurter Rundschau“, einen „nationalen Alleingang“ zur Einführung der Finanztransaktionssteuer lehne er ab. Dies müsse auch das gemeinsame Ziel der schwarz-gelben Bundesregierung bleiben.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Volker Wissing äußerte sich hingegen weniger ablehnend: „Die FDP hält an ihrer Position so lange fest, wie uns kein Konzept vorgelegt wird, welches eine Verlagerung von Finanzgeschäften von Deutschland in weniger regulierte Märkte verhindert“, sagte Wissing. Der Finanzexperte lehnt demnach eine grundsätzliche Debatte nicht mehr kategorisch ab.
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In der Union sprechen sich Spitzenpolitiker wie Finanzminister Wolfgang Schäuble oder CSU-Chef Horst Seehofer für eine Finanztransaktionssteuer auch nur im Rahmen der Euro-Länder aus.
Am Mittwoch Gespräch Merkels mit Monti
Die Verhandlungen zum geplanten Fiskalpakt der Euro-Länder kommen derweil voran, wie Merkel sagte. Es gebe eine „gute Chance“, den Pakt für nationale Schuldenbremsen schon im Januar zu unterzeichnen. Spätestens solle dies im März geschehen.
Eine weitere Klärung wird beim nächsten EU-Krisengipfel am 30. Januar in Brüssel erwartet. Das Thema steht auch beim Treffen Merkels mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti am Mittwoch im Kanzleramt auf der Tagesordnung.
Auf die Gründung der Fiskalunion hatten sich im Dezember 23 der insgesamt 27 EU-Mitgliedsstaaten geeinigt, nachdem eine gemeinschaftliche Lösung am Veto Großbritanniens gescheitert war. Zur Gipfeleinigung gehört neben schärferen Haushaltsregeln mit Schuldenbremsen und automatischen Sanktionen für Defizitsünder auch, dass der dauerhafte Rettungsschirm ESM um ein Jahr auf Mitte 2012 vorgezogen wird und dessen Beschlüsse nicht mehr einstimmig fallen müssen. Zudem soll der Internationale Währungsfonds (IWF) mit bilateralen Krediten um bis zu 200 Milliarden Euro aufgestockt werden, um sich stärker an der Rettung von Euro-Krisenstaaten zu beteiligen.
Merkel und Sarkozy betonten am Montag mehrfach die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB), die das Management für die Rettungsschirme ESM und EFSF übernehmen soll. Sarkozy bekräftigte die Bereitschaft beider Länder, die Ausstattung des dauerhaften Schirms ESM mit den geplanten 80 Milliarden Euro „zu beschleunigen“.
Wie Merkel und Sarkozy sprach sich auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin für eine Finanztransaktionssteuer aus. „Es muss dafür gesorgt werden, dass diejenigen, die mit solchen Spekulationen viel Geld verdienen, zumindest einen kleinen Teil an der Kosten der Krise tragen“, sagte er. Die Linksfraktion war ähnlicher Auffassung. Eine Finanztransaktionssteuer könnte Milliarden einbringen und zugleich kurzfristig zur Stabilisierung der Finanzmärkte beitragen, erklärte Finanzexperte Michael Schlecht. (dapd)