Ob Wege aus der Finanzkrise, Transaktionssteuer oder Italien: Die Kanzlerin und der französische Präsident haben viel zu besprechen.
Berlin. Die Winterpause ist vorbei und der deutsch-französische Motor läuft wieder: Am Montag (9. Januar) wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Berlin die nächsten Schritte aus der Schuldenkrise in Europa besprechen. Neben den Dauersorgen um die Refinanzierung der verschuldeten Euro-Südländer soll diesmal aber ein anderes Thema im Vordergrund stehen. Denn nach den ständigen Rettungs- und Sanierungsmaßnahmen in der Euro-Zone 2011 soll es nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen auch um die Frage gehen, wie mehr Wachstum und Beschäftigung in der Euro-Zone erreicht werden kann.
Während an den Finanzmärkten weiter Unsicherheit herrscht, ob und zu welchen Konditionen sich etwa Italien oder Spanien neues Geld beschaffen können, verschiebt sich damit der Fokus der deutsch-französischen Abstimmung. Denn in Berlin ist man überzeugt, mit dem Fiskal-Pakt für mehr nationale Haushaltsdisziplin nun die nötigen Rahmenbedingungen für eine solidere Haushaltspolitik erreicht zu haben. Die Gespräche über den im Dezember anvisierten zwischenstaatlichen Vertrag sind dabei wesentlich schneller vorangekommen als ursprünglich geplant. „Eine fachliche Einigung bereits bei der nächsten Sitzung am Donnerstag ist nicht ausgeschlossen“, sagte der Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU) am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters.
+++ Schuldenkrise: Merkel und Sarkozy beraten sich in Berlin +++
Auch die Debatte über die Instrumente zur Unterstützung angeschlagener Euro-Staaten bei der Refinanzierung ihrer Schulden ist aus Berliner Sicht in den vergangenen Wochen erheblich weitergekommen. Merkel hat bei den Verhandlungen über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM beim umstrittenen Punkt der Gläubigerhaftung eingelenkt. Auch dieser Vertrag soll möglichst noch im Januar beschlossen werden. Offen ist noch die Frage, ob es zunächst beim vorgesehenen Haftungsrahmen mit einer Obergrenze von 500 Milliarden Euro bleiben wird oder ob der ESM bereits jetzt aufgestockt werden soll. Dies hatte die Bundesregierung – anders als Frankreich – bisher abgelehnt.
Dennoch dürften Merkel und Sarkozy auch über die Schuldenkrise in Italien und Spanien beraten. Das in Berlin favorisierte Vorgehen war bisher, den IWF mit zusätzlichen Finanzspritzen zu stärken, damit dieser im Notfall Euro-Staaten größere Kreditlinien eröffnen kann – gegen strikte Auflagen.
Weil aus Sicht der Bundesregierung zumindest das Gerüst für eine straffere Haushaltsdisziplin der Euro-Länder steht, könne es jetzt um andere Themen gehen. Das kommt auch Sarkozy gelegen, dem im französischen Präsidentschaftswahlkampf vorgeworfen wurde, er folge zu sehr einer deutschen Politik, die allein auf „Austerität“ setze. Schon im Dezember war vereinbart worden, dass auf monatlichen Sondertreffen der 17 Euro-Staaten künftig Themen wie stärkere Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder Wachstumsstrategien im Vordergrund stehen sollen.
Allerdings ist nicht zu erwarten, dass Merkel und Sarkozy am Montag neue große EU-Programme ankündigen. Die EU-Kommission soll vielmehr aufgefordert werden, etwa die sehr unterschiedlich hohe Jugendarbeitslosigkeit in den Euro-Ländern zu analysieren und eventuell Vorschläge für nationale Reformen vorzulegen.
Teil der gemeinsamen Überlegungen ist zudem, wie kleinen und mittleren Unternehmen in der EU besser geholfen werden kann und wie die EU-Struktur- und Kohäsionsfonds-Mittel in Milliardenhöhe besser für eine Ankurbelung des Wachstums in den Euro-Staaten eingesetzt werden können. Die Bundesregierung hatte bereits vorgeschlagen, künftig nicht-abgerufene Gelder in einem Topf unter Kontrolle der EU-Kommission zu sammeln.
Auf der Agenda wird auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer stehen, die der britische Premierminister David Cameron am Wochenende erneut vehement ablehnte. Frankreich hatte angekündigt, diese notfalls auch im nationalen Alleingang einführen zu wollen. Sarkozys Berater Henri Guaino hatte am Freitag betont, dass Paris gerne zusammen mit Berlin marschieren möchte. „Aber Frankreich ist auch bereit, voranzugehen.“ Die Bundesregierung will eine Entscheidung noch im ersten Halbjahr, favorisiert aber ein Vorgehen zumindest der Länder der Euro-Zone. Eine gemeinsame Position der beiden größten europäischen Volkswirtschaften wurde bisher angesichts dieser Differenz erst zum deutsch-französischen Ministerrat Anfang Februar erwartet.
Das Treffen Merkels und Sarkozys ist der Auftakt für die Vorbereitung des EU-Sondergipfels Ende Januar, der sich ebenfalls mit dem Thema eines besseren Wachstums in der EU beschäftigen soll, zumal derzeit die Volkswirtschaften vieler Euro-Länder in eine Rezession abgleiten. Merkel und Sarkozy treffen am 20. Januar auch mit Italiens Regierungschef Mario Monti zusammen. (Reuters/abendblatt.de)