Kanzlerin Merkel wird einen Tag nach dem Treffen mit Sarkozy die IWF-Chefin Lagarde empfangen – dabei werden die Milliardenhilfen für die Eurozone im Mittelpunkt stehen.
Berlin. Nach offizieller Leseart empfängt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag (10. Januar) in Berlin die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, nur zu einem „informellen Treffen“. Doch was sich nach freundlichem Teekränzchen mit Gebäck anhört, wird in Wirklichkeit ein extrem wichtiges Gespräch um jene Milliarden, die die Eurozone retten sollen. Denn der IWF mit Sitz in Washington ist die Welt-Finanzfeuerwehr. Er ist an allen Rettungspaketen beteiligt und daher auch Teil der Troika, die im Januar wieder nach Athen fliegt, um zu inspizieren, ob die Griechen die nächste Rate ihrer beschlossenen Kredite bekommen sollen oder nicht.
Vor allem aber: Die Europäer hoffen darauf, dass der IWF 2012 noch mehr Geld zur Verfügung stellt, um den schwächelnden Staaten der Eurozone zu helfen. Das soll mit neuen Geldern für den Sonderfonds beim Euro-Rettungsschirm EFSF geschehen. Das Treffen mit Lagarde kommt einen Tag nach dem Besuch von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Berlin und einen Tag, bevor Italiens Ministerpräsident Mario Monti in die deutsche Hauptstadt fliegt.
Der Grund für den Umweg der Hilfen über Washington ist simpel, wie aus Kreisen des IWF zu erfahren war: Wenn eine Zentralbank ihre Reserven dem IWF zur Verfügung stellt, kann sie die weiterhin in ihren eigenen Büchern behalten. Denn der IWF garantiert. Durch diese wundersame Verdoppelung der Reserven trägt das spendende Land kein Risiko, sondern über den IWF nur die gesamte Staatengemeinschaft.
Einen ersten Anlauf hatte die Eurozone Anfang November auf dem G-20-Gipfel in Cannes gemacht. Doch Merkel und Sarkozy scheiterten: Das boomende Brasilien deutete Hilfsbereitschaft an, verlangte als Gegenleistung aber einen stärkeren Einfluss im IWF. Die Amerikaner lehnten zusätzliches Geld rundweg ab. Andere äußerten sich gar nicht oder abwartend, wie die Chinesen. Nur die Russen wollten mitmachen.
Die Eurozone sagte daher dem IWF kurz vor Weihnachten zunächst 150 Milliarden Euro aus ihren eigenen Währungsreserven zu. Bundesbankpräsident Jens Weidmann grummelte zwar und verlangte eine Zustimmung des Bundestags, die er nicht bekam, stellte sich aber nicht gänzlich quer.
Inzwischen gibt es erste Anzeichen auf ein positiveres Echo. Russland stellte satte 10 Milliarden Dollar in Aussicht, das kleine Dänemark sogar 5,4 Milliarden Euro, was sagenhafte 1.000 Euro pro Kopf der Bevölkerung bedeutet. In Katar erklärte der Emir Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) im Dezember, sein Land erwäge ebenfalls Hilfen. „Es gibt die Chance für einen Einstieg in eine Zweckgesellschaft“, sagte Rösler hinterher unter Anspielung auf den EFSF. Zur Begründung, warum das ferne und gasreiche Katar mitmachen könne, fügte er an, Emir Scheich Hamad Bin Chalifa Al Thani fliege jedes Jahr einmal nach Griechenland.
Selbst Großbritannien, das im Dezember noch offen eine Beteiligung abgelehnt hatte, halte sich mittlerweile eine Tür offen, an dem Programm teilzunehmen, berichtete am Montag die „Financial Times“ unter Berufung auf Londoner Regierungskreise. Ihre Karten auf den Tisch legen beim Pokerspiel um die IWF-Milliarden müssen die Beteiligten nun beim Finanzministertreffen der G-20 im Februar. (dapd/abendblatt.de)