Der umstrittene Banker gibt nach zehn Jahren den Chefposten ab und stimmt seine Nachfolger Jain und Fitschen auf schwere Zeiten ein.

Frankfurt/Main. Mit einer persönlichen Bilanz inklusive einer Portion Selbstkritik hat sich Josef Ackermann als Chef der Deutschen Bank auf der Hauptversammlung in Frankfurt am Main von den Aktionären verabschiedet. In der Frankfurter Festhalle sprach der Schweizer am Donnerstag von einem „Tag der Wehmut, vor allem aber der Freude“. „Ich empfinde Wehmut beim Abschied von einem Land, das mich mit offenen Armen empfangen und stets mit großer Offenheit begleitet hat“, betonte Ackermann, der bei seinem Amtsantritt vor zehn Jahren mit Vorbehalten der Öffentlichkeit kämpfen musste - war er doch ein klassischer Investmentbanker.

Er freue sich aber auch, dass er Deutschlands größtes Geldhaus in guter Verfassung in die Hände seiner Nachfolger Anshu Jain und Jürgen Fitschen übergeben könne. Die Zeiten seien wegen der weiter schwelenden Euro-Schuldenkrise schwierig, aber die Deutsche Bank dafür gut gerüstet.

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Sichtlich bewegt nahm Ackermann die stehenden Ovationen der Aktionäre entgegen, als der ebenfalls scheidende Aufsichtsratschef Clemens Börsig von einer Epoche sprach, die nun zu Ende gehe. Ackermann hatte die Bank ohne direkte staatliche Hilfen durch die Finanzkrise geführt und neben dem stark schwankenden Investmentbanking das Privatkundengeschäft als zweites Standbein ausgebaut. Doch für Kapitalismuskritiker steht der Schweizer wie kein anderer für die Zocker in der Finanzbranche . Nicht vergessen haben viele, wie er im Prozess um Millionenabfindungen bei der Mannesmann-Übernahme durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone die Finger zum „Victory“-Zeichen gespreizt in die Kameras grinste. Entsprechend laut waren schon vor Beginn der Hauptversammlung die Proteste von Attac und anderen Gruppen vor den Toren der Messehallen: „Ackermanns Vermächtnis: Steuerflucht, Waffenhandel, Zocken mit Nahrungsmitteln“ skandierten einige von ihnen.

Ackermann selbst musste vor den Aktionären zwar einräumen, dass er den herbeigesehnten Zehn-Milliarden-Euro-Gewinn 2011 wegen der Verwerfungen an den Finanzmärkten nicht geschafft hat, sondern gerade einmal die Hälfte. Im Vergleich zur Konkurrenz habe sich die Deutsche Bank aber gut geschlagen. „Alles in allem spiegelt das Ergebnis 2011 das Bild einer wachsenden, einer starken Bank wider, die auch in schwierigen Zeiten stattliche Gewinne erzielen kann und zu den besten Adressen der Welt zählt.“ Im Investmentbanking seien Risiken abgebaut und für Problempositionen Abschreibungen gebildet worden. Zudem sei die Kapitalbasis gestärkt worden.

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Allerdings zeigte sich Ackermann auch ungewohnt selbstkritisch. Mit Blick auf zahlreiche Klagen, mit denen sich die Bank wegen ihrer Hypothekengeschäfte in den USA konfrontiert sieht, räumte er ein, dass die Bank manche Geschäfte lieber nicht gemacht hätte. Kein Geschäft sei es wert, den Ruf des Hauses aufs Spiel zu setzen. „Diesem Grundsatz sind wir aus heutiger Sicht, in den Jahren des allgemeinen Überschwungs vor der Finanzkrise, nicht immer voll gerecht geworden.“

Auch auf die angestrebte Eigenkapitalrendite von 25 Prozent vor Steuern, für die Ackermann in der Vergangenheit gerade in der Öffentlichkeit viel Prügel einstecken musste, ging der Schweizer ein. Die 25 Prozent, die oft „als Ausdruck der Gier„ kritisiert worden seien, seien „nie Selbstzweck“ gewesen, betonte er. Vielmehr gehe es darum, sich mit den besten Banken der Welt zu messen. In der Finanzkrise war die Marke nicht mehr zu schaffen, doch langfristig hält Ackermann dieses Renditeniveau noch immer für richtig.

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Seine beiden Nachfolger stimmte Ackermann auf schwierige Zeiten ein. „Insbesondere die konjunkturelle Lage, die Schuldensituation und mangelnder Reformwille in einigen Ländern der Eurozone geben Anlass zur Sorge." Zudem trübten sich die Erwartungen der Unternehmen im bislang sehr robusten Heimatmarkt Deutschland ein. Zusammen mit geopolitischen Unsicherheiten könne dies die Erholung der Weltwirtschaft im Jahresverlauf beeinträchtigen. „Vor diesem Hintergrund und der anhaltenden regulatorischen Debatte bleibt die Aktivität auf den Finanzmärkten verhalten“, warnte Ackermann.

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Auf die monatelange holprige Suche nach seinem Nachfolger ging Ackermann in der Rede nicht ein. Mit Blick auf Jain und Fitschen sagte er, diese könnten nun auf dem Erreichten aufbauen und die „traditionsreiche Geschichte dieser großartigen Bank„ erfolgreich fortführen. Jain leitete bislang das Investmentbanking, Fitschen das weltweite Regional-Geschäft. Mittlerweile zeichnen sich Bankkreisen zufolge die künftigen Verantwortlichkeiten ab: Der gebürtige Inder Jain wird neben dem Investmentbanking und dem Transaktionsbanken-Geschäft auch die Erstverantwortlichkeit für die Vermögensverwaltung bekommen. Fitschen bekommt die Verantwortlichkeit für das von Vorstand Rainer Neske geleitete Privatkundengeschäft. Jains Tandem-Partner soll zudem für das Deutschlandgeschäft zuständig bleiben und eine Art „Außenminister“ für den Dialog mit der Politik sein. (Reuters/abendblatt.de)