Nach zehn Jahren räumt der Schweizer den Chefsessel bei der Deutschen Bank. Seine Nachfolger haben schon die Weichen neu gestellt.

Frankfurt/Main. Am Ende geht er gerne. „Das waren schon zehn harte Jahre“, bilanziert Josef Ackermann (64), Noch-Chef der Deutschen Bank. Wie kaum ein anderer Banker stand der Schweizer im Rampenlicht, wie kaum ein anderer Manager in Deutschland war er eine Reizfigur für die Massen. „Es werden sich sicher viele freuen, dass ich noch vier Jahre bleibe. Dann haben sie jemanden, den sie angreifen können“, meinte Ackermann im April 2009, als sein Vertrag entgegen früherer Pläne noch einmal bis 2013 verlängert wurde. Nun ist doch schon nach der Hauptversammlung am 31. Mai 2012 Schluss.

Seine Schweizer Zurückhaltung gab Ackermann rasch auf. „Wo ist eigentlich die Stimme der Deutschen Bank?“, fragte man sich Mitte 2002, wenige Wochen nach seinem Amtsantritt als Chef des größten deutschen Geldhauses. Ackermann erinnert sich: „Von da an habe ich mich geäußert – und nicht alle haben es geschätzt.“

Zuletzt schwand sein Einfluss in der Bank merklich: Seinen Wunsch-Nachfolger, Ex-Bundesbank-Präsident Axel Weber, konnte Ackermann nicht durchsetzen. Das künftige Führungsduo aus dem Investmentbanker Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen drückte beim Umbau der Vorstandsetage aufs Tempo – und setzte mehreren Ackermann-Vertrauten den Stuhl vor die Tür. Demonstrativ treten Fitschen und Jain als Duo auf – auch wenn der Deutsche seinem indischstämmigen Partner manchen deutschen Witz noch ins Englische übersetzen muss.

Mit ungeschickten Gesten und deutlichen Worten eckte Ackermann selbst immer wieder an. 2004 reckte er im Gerichtssaal des Mannesmann- Prozesses grinsend zwei Finger zum Siegeszeichen empor (Ackermann heute: „Der Start mit Mannesmann war sicher schwierig, aber das wurde auch instrumentalisiert.“). 2005 verteidigte er ein scheinbar wahnwitziges 25-Prozent-Renditeziel und kündigte zugleich den Abbau tausender Stellen an (Ackermann heute: „Als ich die Deutsche Bank vor zehn Jahren übernommen habe, war sie ein Übernahmekandidat. Wir mussten etwas tun, was unseren Wert steigert.“)

Eine geschickte PR-Strategie polierte das Image wieder auf – und auch so manche Weggefährten meinten es gut mit Ackermann. „Kontrollieren Sie bitte Ihre Finger“, soll Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) dem Topbanker bei einem Fußballspiel in Frankfurt in geradezu mütterlicher Fürsorge ins Ohr geflüstert haben, als vor der Tribüne Fotografen nach dem Victory- Schnappschuss auf einen erneuten Fehlgriff Ackermanns lauerten.

Innerhalb und außerhalb der Bank wird anerkannt, dass der erste Ausländer an der Spitze der Deutschen Bank Deutschlands bedeutendstes Geldhaus an die internationale Spitzengruppe herangeführt hat. Die Krisen der vergangenen Jahre überstand die Bank ohne Staatshilfe, mit Übernahmen möbelte Ackermann, einst oberster Investmentbanker des Instituts, das lange vernachlässigte Privatkundengeschäft kräftig auf: Berliner Bank und Norisbank (beide 2006), Sal. Oppenheim (2009), Postbank (2010). Während es im Investmentbanking herbe Rückschläge gab, war das Privatkundengeschäft zuletzt eine Stütze des Konzerns.

Geboren am 7. Februar 1948 im „Heidiland“ wurde „Joe“ Ackermann ein gefragter Gesprächspartner der Mächtigen in Wirtschaft und Politik. Besenrein wollte er auch sein eigenes Haus übergeben. So manche Altlast – etwa in den USA – wurde in den vergangenen Wochen per Vergleich aus der Welt geschafft. Den Dauerstreit um die Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch erben Ackermanns Nachfolger. Auch wenn sich der Chef noch so sehr stark machte: Gut 800 Millionen Euro wollte das Institut dann doch nicht für etwas zahlen, wofür man sich in Frankfurt nicht verantwortlich fühlt.

Seine Nachfolger als Aufsichtsratsvorsitzender zu kontrollieren schien reizvoll – gerade weil er die Branche insgesamt vor einem „unruhigen Jahrzehnt“ sieht. Doch letztlich entschied sich Ackermann gegen ein weiteres Engagement bei dem Dax-Konzern. „Ich wollte schon

2009 aufhören, habe mich aber immer wieder in die Pflicht nehmen lassen. Das kann man auch kritisch sehen“, sagt der Manager. „Als Kind habe ich mal ein Buch gelesen: „Sag nie Ja, wenn Du Nein sagen willst.“ Vielleicht wäre es gescheiter gewesen, das zu beherzigen.“ Deutschland will der Schweizer mit seiner finnischen Frau Pirkko aber verbunden bleiben: „So schnell werden Sie uns nicht los.“ (dpa/abendblatt.de)