Für die Polizeidirektion Hannover sind am Montag Streifengänge auf den Weihnachtsmärkten Nebensache. Vor dem Landgericht beginnt an diesem Tag der bislang größte Prozess in Deutschland gegen Mitglieder der Rockergruppe “Hell's Angels“. Gleich 14 Männer sind wegen gefährlicher Körperverletzung und schweren Raubes angeklagt und die Opfer waren Mitglieder der verfeindeten Rockerorganisation “Bandidos“ – in Hannover droht die direkte Konfrontation.

Hannover/Verden. Die Polizei ist alarmiert: Zur Urteilsverkündung in einem Mordprozess ebenfalls im Milieu der beiden Gruppen kamen Anfang 2008 rund 600 Rocker meist auf Motorrädern nach Münster, erst im August dieses Jahres kam es vor dem Gebäude des Amtsgerichts Kiel zu einer blutigen Messerstecherei und Schlägerei mit 30 Beteiligten ebenfalls aus verfeindeten Rockergruppen und ebenfalls im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren gegen Hell's Angels. Entsprechend der Ausgangslage wird das Gebäude des Landgerichts Hannover zum Prozessauftakt abgeriegelt, die Polizei hat nach eigenen Angaben "starke Kräfte in Bereitschaft".

Erklärtes Ziel ist es dabei, ein Aufeinandertreffen der beiden verfeindeten Lager zu verhindern. Weswegen Straßen und Plätze in Hannover aber auch Park- und Rastanlagen an den Autobahnzufahrten Richtung Hannover beobachtet werden. Indiz dafür, wie groß die Gefahr eingeschätzt wird: Die Polizei und nicht die Wachtmeister der Justiz werden im Gerichtsgebäude und Gerichtssaal für Sicherheit sorgen, dabei sind sogar Polizeihunde dabei.

Eigentlich hätte das Verfahren vor dem Landgericht Verden stattfinden müssen, denn die angeklagten Mitglieder der Bremer Hell's Angels hatten im März 2006 das Quartier einer Bandidos-Gruppe in Stuhr im Landkreis Diepholz überfallen, fünf Männer brutal zusammengeschlagen. Anschließend fesselten sie die Opfer, prügelten weiter auf sie ein mit Axtstielen, ließen sie laut Anklage der Staaatsanwaltschaft Verden "wie zu Paketen verschnürt liegen" mit verklebten Augen und Mündern. Zuvor hatten sie noch die Öffnung eines Safes erzwungen, Klubinsignien mitgenommen, Geld und einen Laptop. Die Opfer trugen zum Teil schwere Verletzungen davon.

Für das Mammutverfahren mit 14 Angeklagten und ihren Anwälten war nicht genügend Platz im Schwurgerichtssaal Verden. Auch die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen überforderten die Sicherheitsbehörden. Weswegen nun das komplette Gericht an jedem Prozesstag nach Hannover reist, um hier unter dem Schutz der größten Polizeidirektion Niedersachsens und im größten Schwurgerichtssaal des Landes Recht zu sprechen.