Tat soll ein Warnschuss gegen Ex-NPD-Funktionär Peter B. sein, der am Montag in Kiel vor Gericht steht.

Die Männer trugen schwarze Jacken. Sie waren maskiert, sie schossen sofort, als sie ihn sahen: Vor dem Familienbad Holstentherme in Kaltenkirchen ist am späten Donnerstagabend der mutmaßliche Rechtsradikale Ralf D. (32) mit mehreren Schüssen niedergestreckt und schwer verletzt worden. Die Täter - sie stammen nach ersten Erkenntnissen der Ermittler aus dem Milieu der Hells Angels. Mit der Bluttat von Kaltenkirchen erreicht offenbar ein seit Langem schwelender Konflikt seinen vorläufigen Höhepunkt: Im nördlichen Hamburger Umland tobt ein Bandenkrieg zwischen Neonazis und "Höllenengeln". Dabei kam es in der Vergangenheit immer wieder zu blutigen Zwischenfällen.

Die Tat könnte, so glauben Ermittler, als Warnung oder Racheakt zu verstehen sein. Denn am Montag beginnt in Kiel ein brisanter Prozess. Vor Gericht steht der mehrfach vorbestrafte Ex-NPD-Funktionär Peter B. (35). Er soll im August 2008 vor dem Kieler Landgericht den Hells Angel Dennis K. mit Messerstichen fast getötet haben. Damals gab es vor dem Gericht eine Massenschlägerei zwischen Rechtsradikalen und Hells Angels. Anlass: das Verfahren gegen den Rechtsradikalen Ralf D. Er hatte eben jenen Dennis K. 18 Monate zuvor in der Kieler Disco "Mausefalle" mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Vor dem Gerichtsgebäude rammte Peter B., Neonazi-Kamerad von Ralf D.,dem Hells Angel abermals ein Messer in den Bauch. Dennis K., Tätowierer aus Neumünster, überlebte die Tat nur knapp.

Am Donnerstagabend nun streckten zwei noch unbekannte 1,90-Meter-Hünen Ralf D. vor der "Holstentherme" nieder.

Ralf D. war in Begleitung einer Frau in Kaltenkirchen gewesen. Bei ihr soll es sich um Bea F. aus Neumünster handeln - eine Frau, die sowohl Kontakte zu Hells Angels als auch zu Rechtsradikalen aus dem Umfeld des Neumünsteraner Treffs Club 88 pflegen soll. Kurz nach der Tat hieß es, die Frau sei von den Pistolenmännern entführt worden. Doch später stellte sich heraus, dass sie zwar in das Schussfeld geraten, aber unverletzt geblieben und in ihrem Opel Corsa nach Kaltenkirchen geflüchtet war.

Die Angreifer, sie sollen Masken getragen haben, entkamen unerkannt. Mindestens sieben Schüsse, so berichten Zeugen, hätten die Männer abgefeuert. Ralf D. wurde mindestens zweimal getroffen. Ein Schuss ging in die Hüfte, einer durchschlug das Bein. Der Getroffene schleppte sich nach der Tat rund 100 Meter zur Ausfahrt des Parkplatzes.

Die Ermittler hüllen sich über eventuelle Täter in Schweigen. Sprecher Uwe Keller: "Wir ermitteln in alle Richtungen." Staatsanwaltschaftssprecher Uwe Wick lehnt vor Beginn der Hauptverhandlung Stellungnahmen ab.

Intern sind die Ermittler jedoch sicher, dass ein Zusammenhang zwischen dem Prozess und der Tat besteht. Zumal Peter B. und das doppelte Messeropfer Dennis K. sich nicht erst seit den Messerattacken kennen. B., der einer der führenden Köpfe der gefürchteten "Autonomen Nationalisten" sein soll, war vor Jahren eng mit dem Neonazi Klemens O. verbandelt. Beide leiteten das Neonazi-Netzwerk "Combat 18", einen militanten Arm der verbotenen Gruppe "Blood & Honour".

Später arbeitete O. im Tattoo-Studio des Hells Angel Dennis K. Peter B. steht im Verdacht, zeitweise Waffenlieferant der rechten und der Rotlichtszene gewesen zu sein. Ein Geschäftszweig, in dem auch die Hells Angels nicht zuletzt in Hamburg weiterhin aktiv sind.


Mehr zu der Schießerei in Kaltenkirchen im Internet unter www.abendblatt.de/kaltenkirchen