Im Prozess um den “Kieler Küstenkrieg“ wird es eng für den früheren NPD-Funktionär Peter B. (35). Nach der Aussage eines Augenzeugen waren es die... Bilder von den Hells Angels. Bilder vom Prozess in Kiel. Bilder von Gegnern der Nazis.
Kiel. Im Prozess um den "Kieler Küstenkrieg" wird es eng für den früheren NPD-Funktionär Peter B. (35). Nach der Aussage eines Augenzeugen waren es die Neonazis, die im Sommer 2008 über die Hells Angels herfielen. "Die erste Schlagaktion ging von der rechten Szene aus", erklärte ein Justizwachtmeister (52) gestern vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Kiel.
Der Wachtmeister widersprach damit dem Angeklagten. Der hatte die Hells Angels für die Schlägerei verantwortlich gemacht und seine Messerattacke gegen zwei der Rocker als reine "Nothilfe" dargestellt. Vorgeworfen wird ihm gefährliche Körperverletzung, auf die bis zu zehn Jahre Gefängnis stehen.
Gestern schüttelt Peter B. den fast kahl rasierten Kopf, als der gestandene Wachtmeister seinen brisanten Schlachtbericht abgibt. Demnach warten am Morgen des 29. August vor der Tür des Kieler Amtsgerichts acht bis zehn Neonazis im schwarzen Einheitslook mit Baseballkappe und Sonnenbrille. Sie wollen Ralf D. unterstützen, der sich an diesem Tag vor dem Amtsgericht verantworten muss, weil er den Rocker Dennis K. 2007 niedergestochen haben soll.
Auch Dennis K. kommt in Begleitung. Der Wachtmeister beobachtet, wie sechs bis acht Hells Angels zur Gerichtstür gehen, vor der eine Kette von Neonazis steht. Zuerst habe es ein Wortgefecht gegeben, erzählt der Zeuge. Dann seien zwei oder drei Neonazis auf zwei Hells Angels zugegangen. Beide Rocker seien zu Boden gegangen. "Das war ein Doppel-Whopper." Im Anschluss habe vor der Gerichtstür eine "wüste Keilerei" begonnen.
Welche Rolle Peter B. bei der Schlägerei spielte, bleibt allerdings offen. Der Wachtmeister hat die Neonazis beim Angriff nur von hinten gesehen, kann den Angeklagten nicht identifizieren. Die Verteidiger des früheren NPD-Landesvorsitzenden ziehen zudem alle Register, um den vielleicht wichtigsten Zeugen der Anklage in Widersprüche zu verwickeln. Sie erinnern auch an das Tattoo, dass sich der Wachtmeister vor Jahren von einem Hells Angel stechen ließ, werfen ihm vor, "seine Freunde" schützen zu wollen. Der Wachtmeister weist das empört zurück.
Kritik übt er zudem an Justiz und Polizei. "Es hätte im Sommer nicht zu so einer Gewaltexplosion kommen müssen." Trotz des brisanten Prozesses wären nur wenige Polizeibeamte vor dem Amtsgericht gewesen.
Klar ist, dass die Justiz bei der Aufklärung der Schlägerei auf keine der beiden Streitparteien bauen kann. Wie zuvor die Hells Angels verweigerte eine Handvoll Neonazis eine Zeugenaussage. Nach deutschem Recht ist das möglich, weil Zeugen einerseits zur Wahrheit verpflichtet sind, sich andererseits aber nicht selbst belasten müssen.