Elf Rocker bekamen zwei Jahre Haft auf Bewährung. Der Richter mahnte: “Meine Herren, bleiben Sie sauber.“ Bilder von den “Hells Angels“.

Hannover. Wie reuige Sünder wirkten die Angeklagten nicht, aber darauf kam es bei diesem Deal auch nicht an: Bereits am zweiten Tag ist gestern der bislang größte Prozess gegen gleich 14 Mitglieder der berüchtigten Rockergruppe Hells Angels aus dem Großraum Bremen vor dem Landgericht in Hannover zu Ende gegangen. Die Vereinbarung, die Strafkammer, Staatsanwaltschaft und Rechtsanwälte unerwartet rasch über die Bühne brachten: Alle 14 gestanden die Teilnahme am brutalen Überfall auf die Konkurrenz der Bandidos in Stuhr vor zwei Jahren, im Gegenzug gab es wegen gefährlicher Körperverletzung elfmal zwei Jahre auf Bewährung. Zu bis zu zwei Jahren und zehn Monaten wurden die drei weiteren Angeklagten nur verurteilt, weil hier frühere einschlägige Vorstrafen eine erneute Bewährungschance ausschlossen.

Das tat der Freude auf der Anklagebank keinen Abbruch, zumal alle 14 sofort auf freien Fuß gesetzt wurden. Vor dem Gerichtsgebäude, wo Stunden zuvor die Polizei mit einem Massenaufgebot an Beamten und Fahrzeugen noch eine Art Ausnahmezustand ausgerufen hatte, um jede Schlägerei zwischen Hells Angels und Bandidos im Keim zu ersticken, ging es danach zu wie auf einem Vorstadtbahnhof. Angehörige warteten ungeduldig auf ihre "Höllenengel", Umarmungen, Tränen auch bei einigen der harten Kerle, dann zogen die Familien getrennt und eilig mit dem Rollkoffer im Schlepptau ab zum nahe gelegenen Bahnhof oder dem eigenen Auto. Nichts wie weg hier.

Das könnte zu tun haben mit der langen Untersuchungshaft. Sie habe "Spuren hinterlassen", umschrieb ein Verteidiger die neue Nachdenklichkeit seines Mandanten. "Grau ist er geworden", merkte die Freundin eines anderen Angeklagten an. Tatsächlich hat die Justiz die 14 Männer zwischen 32 und 47 Jahren hart angepackt. "Sechs Monate Untersuchungshaft sind kein Scherz", stellte der Vorsitzende der Strafkammer, Jürgen Seifert, in der Urteilsbegründung fest. Und er machte mindestens den elf Hells Angels mit Bewährungsstrafen klar, dass nun jede Schlägerei sie in den Knast bringen kann: "Die staatliche Gemeinschaft duldet es nicht, dass verfeindete Gruppen nach eigenen Regeln Auseinandersetzungen gewalttätig austragen."

Andererseits nahm er mit Blick auch auf die Berichterstattung die Angeklagten ein Stück weit in Schutz. Nur wenige seien einschlägig vorbestraft, fünf hätten keinerlei Vorstrafen. Es sei, so der Richter, eben nicht richtig, in jedem Motorradrocker jemanden zu sehen, der sein Geld mit Prostitution oder Waffenhandel verdiene. Seine letzten Worte galten dann wieder den 14: "Meine Herren, bleiben Sie sauber."

Der Deal: Die Anklage wegen schweren Raubes wurde von der Staatsanwaltschaft fallen gelassen, anderenfalls wäre im Falle einer Verurteilung eine Bewährung kaum vorstellbar gewesen. Im Gegenzug bekam das Gericht die Geständnisse frei Haus und kurzen Prozess. Vorteil der Staatsanwaltschaft: Sie triumphiert, weil es erstmals gelungen ist, "die Mauer des Schweigens zu durchbrechen". Ankläger Hansjürgen Schulz aber machte in seinem Plädoyer auch klar, dass die Vereinbarung angesichts der Brutalität bei dem Überfall auf die fünf Bandidos von Stuhr bei Bremen auch die Schmerzgrenze der Justiz ist. Es habe sich dabei nicht um irgendeine Wirtshausschlägerei gehandelt: "Mit so einer Nummer kommen Sie nicht noch einmal durch bei mir."