Ein 29-Jähriger wurde verurteilt, weil er einen Unbeteiligten bei einer Auseinandersetzung zwischen Rechtsextremen und Nazigegnern verletzte.

Kiel. Für einen gezielten Faustschlag gegen einen Kieler Balletttänzer muss ein mutmaßlicher Neonazi zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Das Kieler Amtsgericht verurteilte den 26-Jährigen am Dienstag wegen gefährlicher Körperverletzung . Es sei erwiesen, dass der Angeklagte im April 2009 nach einer Auseinandersetzung zwischen rechter und linker Szene völlig unvermutet auf den unbeteiligten Tänzer einschlug. Die tragischen Folgen: Der 29-Jährige erlitt Schädelfrakturen, ist seither auf einem Ohr taub und kann seinen Beruf nicht mehr ausüben, möglicherweise bleibt er berufsunfähig.

Dass sich der Angeklagte von der rechten Szene distanziert habe, wie er vor Gericht behauptete, nahm ihm das Schöffengericht nicht ab. Er gehört laut seinem Verteidiger zu den vier führenden Neonazis der Stadt und kandidierte im Januar 2009 für die Kieler NPD. An einem Aussteiger-Schutzprogramm nehme er nicht teil, sagte er vor Gericht. Dabei räumte der Angeklagte mit dem kurzgeschorenen rötlichen Haar wortkarg den Schlag gegen den Tänzer ein.

Er sei auf der Flucht vor einer „Horde Linker“ gewesen, als er eine Bewegung sah und zuschlug, sagte er. Nach dem Eindruck eines Polizeizeugen dagegen wollte sich der 26-Jährige mit der Tat vor seinen Gesinnungsgenossen brüsten. Die waren nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen von der Polizei eingekesselt worden. Direkt vor ihren Augen lief der Angeklagte plötzlich von hinten auf den ahnungslosen Tänzer zu und streckte ihn nieder, so der Beamte. „Mit breitem Grinsen kam er dann zu uns und ließ sich festnehmen.“

Für das Opfer folgten nach Intensivstation und mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt Monate der Reha und psychologische Betreuung. Laut Gutachten ist offen, ob der Geschädigte überhaupt je wieder einen Beruf ausüben kann. Er leide noch heute unter Panikattacken, könne sich wenig konzentrieren und habe oft Kopfschmerzen, schilderte der 29-Jährige. Er und seine Mutter bezeichneten das Urteil als zu milde. Sie hätten sich eine Verhandlung vor dem Landgericht und eine härtere Strafe gewünscht, sagten sie.

Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und begründete die Haftstrafe auch mit dem Satz: „Es kann nicht sein, dass man als Unbeteiligter am hellichten Tag niedergeschlagen wird“.