Für Millionen Menschen ist ihre gewohnte Umwelt lebensfeindlich geworden. Um zu überleben, verlassen sie rund um den Globus ihre angestammte Heimat.
Für Millionen Menschen ist ihre gewohnte Umwelt lebensfeindlich geworden. Um zu überleben, verlassen sie rund um den Globus ihre angestammte Heimat. Doch was passiert, wenn sich die fruchtbaren Böden Afrikas infolge des Klimawandels in Wüsten verwandeln? Was, wenn 500 Millionen Asiaten kein Trinkwasser mehr haben, weil die Gletscher des Himalaja infolge der Erderwärmung wegschmelzen? Was passiert mit den Bewohnern der kleinen Pazifikinseln, wenn die Urlaubsparadiese in den Fluten des Meeres versinken? Und was geschieht, wenn 200, 300 oder 400 Millionen Menschen infolge des Klimawandels sich auf die Suche nach einer neuen Heimat machen? Politiker, Militärs und Forscher fürchten, dass der globale Klimawandel nicht nur das Antlitz der Erde wandeln wird, sondern auch Frieden und Sicherheit weltweit bedroht. Der Hamburger Uni-Professor Cord Jakobeit teilt diese Prognose nicht. Der international anerkannte Politologe und Volkswirtschaftler ergründet seit Jahren die Ursachen von Krieg, Krisen und Konflikten. "Der Klimawandel", sagt er "ist nur eine von vielen Hintergrundvariablen. Es gibt bisher keinen direkten Zusammenhang." Denn trotz ökologischer Krisen, Hungersnöten oder Naturkatastrophen sei es in der Vergangenheit in drei Viertel oder mehr aller Krisen nicht zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen.
Dagegen warnte die Bundeskanzlerin Angela Merkel schon 2007: "Wenn wir nicht handeln, wird das Auswirkungen auf Fragen von Krieg und Frieden haben." Zuvor hatten US-Generale in ihrer Studie "Die nationale Sicherheit und Bedrohung durch den Klimawandel" gemahnt, dass die Erderwärmung in politisch instabilen Regionen den Kampf gegen den Terrorismus verlängern könnte. Selbst einen Weltuntergang hält Ex-CIA-Direktor James Woolsey nicht für ausgeschlossen.
"Die Liste derartiger Studien ist in den vergangenen zwei, drei Jahren rasant gewachsen", sagt der Hamburger Professor Cord Jakobeit. Es habe quasi eine Inflation von derartigen Vorhersagen gegeben. Der Hamburger Forscher verweist auf die Arbeiten des norwegischen Friedensforschungsinstituts in Oslo. Dort ist man seit Anfang der 90er-Jahre der Frage, ob ein Zusammenhang zwischen Klimawandel und Krieg besteht, in zahlreichen Regionalstudien nachgegangen. Doch in allen Studien, in denen die Forscher Krisenregionen rund um den Globus unter die Lupe genommen haben, konnten sie keinen ursächlichen Zusammenhang aufdecken.
"Wer immer einen direkten Zusammenhang postuliert", so Jakobeit, "macht es sich zu leicht." Es sei einfach die "beste" Erklärung, damit niemand verantwortlich gemacht werden könne für Völkermord oder Flüchtlingsströme. Und während ein Teil der Warner für mehr Klima- und Umweltschutz wirbt, begründet der andere Teil damit eine stärkere Militarisierung der Konflikte. "Der Alarmismus seitens gewisser politischer und militärischer Kreise ist so wichtig", gibt Jakobeit zu bedenken, "um global eine militärische statt einer ökologischen Lösung zu etablieren."
Um Konflikte früh zu erkennen, fordert der Wissenschaftler, die sozialwissenschaftliche Forschung zu verstärken. In den gefährdeten Gebieten müsse sorgfältig erhoben werden, welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Leben der Menschen hat und welche Handlungsmöglichkeiten ihnen bleiben.
Nur so können die sozialen Folgen des Klimawandels erfasst werden, bevor sie - wie dramatisch auch immer - eintreten.