Hessens SPD-Kandidat Thorsten Schäfer-Gümbel im Abendblatt-Gespräch.
Hamburg. Hamburger Abendblatt:
Nur noch 56 Tage bis zur Neuwahl in Hessen. Glauben Sie wirklich, dass Sie Roland Koch besiegen können?
Thorsten Schäfer-Gümbel:
Wenn Sie von mir hören wollen, dass ich hoffnungslos bin, muss ich Sie enttäuschen. Die Querelen der letzten Wochen machen es uns zwar nicht leichter. Ich werde den Wahlkampf auf die Themen lenken, um die es eigentlich geht: Bildungsgerechtigkeit, Arbeit und Beschäftigung, neue Energie. Damit werden wir erfolgreich sein.
Abendblatt:
Roland Koch will mit Ihnen noch nicht mal ein TV-Duell führen ...
Schäfer-Gümbel:
Das wundert mich nicht, er hat bereits einmal ein Fernsehduell verloren, und zwar gegen Andrea Ypsilanti. Offenbar hat er Angst vor einer Wiederholung.
Abendblatt:
Anders als Ypsilanti vor der Wahl schließen Sie ein Bündnis mit den Linken nicht aus. Hilft Ihnen das?
Schäfer-Gümbel:
Es ist die einzig mögliche Position, die ich glaubwürdig vertreten kann. Ich verstehe das als Akt der gebotenen Demut vor den Wählern. Nach der Wahl muss man mit allen Parteien sprechen, wobei eines klar ist: Meine Wunschkoalition ist rot-grün.
Abendblatt:
Vielleicht hätten Sie bereits im letzten Wahlkampf so demütig sein sollen.
Schäfer-Gümbel:
Unser Ziel war damals, die Linkspartei aus dem Hessischen Landtag herauszuhalten. Wir hatten kein taktisches Verhältnis zu dieser Partei, waren die eindeutige Alternative zu den Linken.
Abendblatt:
Sind Sie das immer noch?
Schäfer-Gümbel:
Ja, wir sind weiter keine Freibier-für-alle-Partei.
Abendblatt:
Die Neuwahl in Hessen stellt die Weichen für das Superwahljahr 2009. Belastet Sie das?
Schäfer-Gümbel:
Da mache ich keinen Hehl draus. Es ist eine große Bürde, als Spitzenkandidat mit der kürzesten Anlaufzeit ins Rennen zu gehen, die es je in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat.
Abendblatt:
Wie lebt es sich mit dem Image, nur der Steigbügelhalter von Frau Ypsilanti zu sein?
Schäfer-Gümbel:
Diesen Ruf habe ich in nur noch bei einigen wenigen überregionalen Medien, die mit der Situation in unserem Bundesland nicht so vertraut sind. Die Leute hier in Hessen erkennen an, dass ich versuche, eine eigene Linie zu formulieren.
Abendblatt:
Indem Sie Ypsilantis Wahlprogramm recyceln?
Schäfer-Gümbel:
Das Wahlprogramm der hessischen SPD ist gut, war die Grundlage für unseren Erfolg und wird nun fortentwickelt. Übrigens unterscheide ich mich von Andrea Ypsilanti im Auftritt und im Kommunikationsstil. Und last but not least: Sie ist eine Frau - und ich ein Mann.
Abendblatt:
Sie lehnen das Parteiausschlussverfahren gegen die Abgeordneten, die das Bündnis mit den Linken nicht mitmachen wollten, ab. Warum versuchen Sie nicht gleich, es zu stoppen?
Schäfer-Gümbel:
Weil Ortsvereine ein satzungsmäßiges Recht haben, so ein Verfahren zu beantragen. Es ist unerheblich, was der Spitzenkandidat dazu sagt.
Abendblatt:
Was ist Ihr inhaltlicher Joker für die Landtagswahl? Etwa die Forderung nach Steuersenkungen wie bei der CSU?
Schäfer-Gümbel:
Steuersenkungen führen nur dazu, dass die Sparquote weiter steigt. Ich fordere stattdessen, in breitem Stil Zukunftsinvestitionen abzusichern. Wir brauchen eine konzertierte Aktion zwischen Ländern, Kommunen und Bund, um Investitionen in Bildung und Forschung, Entwicklung und Verkehrsinfrastruktur zu verabreden.
Abendblatt:
Tragen Sie nun ein neue Brille oder nicht?
Schäfer-Gümbel
: Das scheint ganz Deutschland zu beschäftigen. Ich habe mich aber noch nicht endgültig für ein Modell entschieden, bin in der Testphase. Die wird in 48 Stunden abgeschlossen sein.