Die neue Brille ist nicht nur flotter als die alte, die neue Brille hat dem hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel offenbar auch...
Wiesbaden. Die neue Brille ist nicht nur flotter als die alte, die neue Brille hat dem hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel offenbar auch endlich zu einer klareren Sicht auf seine Vorgängerin Andrea Ypsilanti verholfen. Ja, hat Schäfer-Gümbel der "Süddeutschen Zeitung" gesagt, Ypsilantis Wortbruch sei der entscheidende Fehler gewesen: "Der Fehler war, nach der Wahl etwas anderes zu machen, als wir vorher gesagt haben." Der Plural, den der 39-Jährige benutzte, war eine Freundlichkeit gegenüber der störrischen Parteifreundin, die sich noch an Partei- und Fraktionsvorsitz klammert und alle Rücktrittsforderungen an sich abprallen lässt.
Aber die werden nun massiver erhoben. Standen die vier sogenannten "Abweichler" bislang alleine da, so haben sich am Wochenende 16 weitere Sozialdemokraten ermannt, der Parteichefin schriftlich mitzuteilen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Die Unterzeichner waren keine Nobodys. Unter ihnen befanden sich Darmstadts Oberbürgermeister und der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. In dem am Sonntag verbreiteten Brief hieß es, solange das Verhältnis der SPD zur Linken nicht grundsätzlich geklärt werde, bestünden über die Zielsetzung der SPD bei Mitgliedern, Sympathisanten und Wählern sowie der Öffentlichkeit Verunsicherung und Misstrauen. Ypsilanti müsse zurücktreten.
Schäfer-Gümbel hat nun ein Loyalitätsproblem. Einerseits wäre er nicht da, wo er jetzt steht, wenn ihn Ypsilanti ihrer Partei nicht als Spitzenkandidaten vorgeschlagen hätte. Andererseits wird ihm niemand über den Weg trauen, solange Ypsilanti noch die Fäden zieht. Schäfer-Gümbel hat es jetzt erst einmal mit dem untauglichsten Mittel versucht. Er hat seine Genossen zur "Geschlossenheit" aufgerufen. Die ist längst dahin. Schäfer-Gümbel wird sich sehr schnell etwas anderes einfallen lassen müssen.