Kurz vor der Landtagswahl in Hessen haben noch einmal führende Bundespolitiker in den Wahlkampf eingegriffen. Drei Tage vor dem Urnengang warben die Vorsitzenden von CDU und CSU, Kanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer, gemeinsam für die Wiederwahl von Ministerpräsident Roland Koch. Mit Attacken auf den Amtsinhaber und die hessischen Sozialdemokraten läuteten dagegen die Grünen die Schlussphase des Landtagswahlkampfs ein.
Frankfurt/Main. Es sei "das historische Versagen der Sozialdemokratie", dass sie die Chance, zur Beendigung der Ära Koch nicht genutzt habe, sagte der Grünen-Politiker Jürgen Trittin in Frankfurt am Main. Ziel der Grünen sei es, in Hessen drittstärkste politische Kraft zu werden, sagte Trittin. Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir betonte, der Ausgang der Landtagswahl am kommenden Sonntag werde Auswirkungen auf Jahrzehnte haben. Es gehe um die Frage, ob das Land weiter auf Kohle und Atom oder den Ausbau regenerativer Energien setze.
Vor 5.000 Zuhörern in der Frankfurter Jahrhunderthalle betonte die CDU-Vorsitzende Merkel, Rot-Rot-Grün dürfe keine Chance mehr haben. Der bayerische Ministerpräsident Seehofer rief dazu auf, die Linke aus den Parlamenten zu wählen.
Koch selbst warnte auf der Kundgebung vor Leihstimmen für die FDP. Der Ministerpräsident sprach sich erneut für eine gemeinsame Regierung von CDU und FDP nach der Neuwahl am Sonntag aus. Er wolle auch einen starken Koalitionspartner, fügte Koch hinzu. "Aber keiner muss die FDP retten, es ist keine Caritasveranstaltung", rief er aus. CDU-Wähler sollten CDU wählen.
"Da schäfert jetzt der Gümbel" Merkel nannte ihrerseits eine Koalition mit der FDP als Ziel für die Bundestagswahl im September. Es gebe große Gemeinsamkeiten mit den Liberalen, aber auch Unterschiede. Es müsse sichergestellt sein, dass Hessen gut weiterregiert werde und Koch Ministerpräsident bleibe.
Ein Sieg der CDU am Sonntag wäre auch der Startschuss für die Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler, fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu. Sowohl Merkel als auch Seehofer und Koch kritisierten scharf die Zusammenarbeit der SPD mit Grünen und Linkspartei im abgelaufenen Jahr. Zwar sei mit dem neuen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel das "Verbiesterungspotenzial gesunken", sagte Koch. Doch er sei nur "Kühlerfigur eines Autos, an dessen Steuer Andrea Ypsilanti sitzt", betonte er.
Hart gingen auch die Grünen mit der Sozialdemokratie ins Gericht. Es sei "das historische Versagen der Sozialdemokratie", dass sie die Chance, zur Beendigung der Ära Koch nicht genutzt habe, sagte der frühere Bundesumweltminister Trittin in Frankfurt: "Das mit den Ypsilantis hat sich erledigt. Da schäfert jetzt der Gümbel."
Al-Wazir sagte, die Grünen hätten bei dieser Wahl "eine Chance weit über unser Stammklientel hinaus". Die Partei könne für sich Wähler gewinnen, die von der SPD enttäuscht seien, aber auch Wähler von CDU und FDP, die keine Fortsetzung der Regierung Koch wollten.
Schlagabtausch über Bekämpfung der Krise Im einzigen Fernsehduell vor der Landtagswahl lieferten sich am Donnerstag Koch und Schäfer-Gümbel einen Schlagabtausch über die Bekämpfung der Finanzkrise. Der SPD-Politiker warf Koch vor, im hessischen Landesdienst 10.000 Stellen abgebaut zu haben, was Koch bestritt. Die FDP will nach der Landtagswahl in Hessen die Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres für alle Fünfjährigen durchsetzen. Im Fernsehduell der Spitzenkandidaten sagte FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn, seine Partei werde keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen, wenn nicht die sogenannte Kinderschule eingeführt werde.