Für Roland Koch war der gestrige Tag “wahrscheinlich einer der erfolgreichsten, glücklichsten und zukunftsweisendsten in einer langen Geschichte“ - dabei hat er die Hessen-Wahl noch gar nicht gewonnen.
Hamburg/Wiesbaden. Für Roland Koch war der gestrige Tag "wahrscheinlich einer der erfolgreichsten, glücklichsten und zukunftsweisendsten in einer langen Geschichte" - dabei hat er die Hessen-Wahl noch gar nicht gewonnen: Der hessische Verwaltungsgerichtshof hatte zeitgleich zum Wahlkampf-Endspurt und der Anreise der Polit-Prominenz aus Berlin den Weg für den umstrittenen Ausbau des Frankfurter Flughafens frei gemacht - für Koch eine Wahlkampf-Vorlage nach Maß.
Der Gerichtshof bemängelte zwar die von Koch unterstützte Nachtflugregelung, lehnte aber alle anhängigen Eilanträge gegen den Bau der neuen Landebahn ab. Die Beschlüsse sind unanfechtbar. Damit seien 40 000 Arbeitsplätze und ein Kernstück der Zukunftsgestaltung Hessens gesichert, so Koch. "Sie bringt uns weiter", sagte über die Entscheidung auch die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer in der Jahrhunderthalle in Frankfurt Koch vor 5000 Zuhörern unterstützte. Rot-Rot-Grün dürfe keine Chance mehr haben, sagte sie und warnte vor "irgendwelchen komischen Experimenten".
Umfragen zufolge kann der geschäftsführend regierende Koch bei der vorgezogenen Wahl an diesem Sonntag auf eine Mehrheit von Union und FDP rechnen. Für die Sozialdemokraten wird dagegen nach der zweimal gescheiterten Regierungsübernahme der Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti der Absturz auf einen historischen Tiefstand erwartet.
Um den neuen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel zu unterstützen, reiste SPD-Chef Franz Müntefering nach Wiesbaden und rief die SPD-Anhänger auf, trotz des Ypsilanti-Debakels für ihre Partei zu stimmen - und wenn es nur "mit 51 zu 49 Prozent" innerer Überzeugung sei. Die Partei habe "schwerwiegende Fehler" gemacht. Der SPD-Chef lobte Schäfer-Gümbel: "Er wird für die Zukunft in Hessen und für die Gesamtpartei eine Größe sein."
Für diejenigen, die länger als zehn Stunden pro Woche im Netz surfen, ist er es schon. Laut ZDF-Politbarometer liegt Schäfer-Gümbel in dieser Wählergruppe mit 41 Prozent um zwei Prozentpunkte vor Koch. Bei allen anderen Wählern aber ist der Vorsprung deutlich andersherum. Schäfer-Gümbel 33 Prozent, Koch 44 Prozent.
Im TV-Streitgespräch der fünf Spitzenkandidaten beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks warf Koch SPD und Grünen vor, erneut auf ein Bündnis mit der Linken hinzuarbeiten. "Wir sind aus der Erfahrung der letzten neun Monate sicher, dass SPD und Grüne nicht mit uns reden werden, weil sie schon einen anderen Vertrag haben", sagte Koch. Auch FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn sagte: "Die wollen einfach nicht uns, sondern die wollen mit den Linken zusammen." Schäfer-Gümbel und der Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir erwiderten dennoch, sie schlössen keine Variante aus - bis auf eine: Eine Zusammenarbeit mit Koch komme nicht infrage, sagte Al-Wazir.
Auch Sachthemen spielten in dem Gespräch eine Rolle: die Schulbildung und die Bewältigung der Finanzkrise. Kochs Wunschpartner FDP beharrt auf der Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres. Einen anderen Koalitionsvertrag werde die FDP nicht unterschreiben, sagte FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn.