Grünen-Chef Cem Özdemir glaubt weiter an Schwarz-Grün. „Wenn der Kapitän das Schiff verlässt, versenkt man das Schiff nicht gleich.“
Berlin. Cem Özdemir, Parteivorsitzender der Grünen, lehnt einen schnellen Wechsel des Koalitionspartners ab. Das Hamburger Abendblatt sprach mit ihm.
Hamburger Abendblatt: Herr Özdemir, wie groß ist Ihre Verärgerung über den Rücktritt von Ole von Beust?
Cem Özdemir: Ole von Beust gebührt Anerkennung für seine Arbeit im schwarz-grünen Senat. Ich möchte aber nicht verheimlichen, dass ich den Zeitpunkt des Rücktritts für ungeschickt halte – nicht nur wegen des Volksentscheids. Ole von Beust war angetreten, um diese schwarz-grüne Koalition erfolgreich ans Ziel zu führen.
Ist Schwarz-Grün in Hamburg am Ende?
Der mögliche Nachfolger muss sich jetzt zu den Inhalten äußern, auf deren Basis die Koalition bestand und besteht. Er muss sagen, ob er für die gleiche Politik steht wie Herr von Beust. Für uns ist aber auch klar: Wenn der Kapitän das Schiff verlässt, versenkt man das Schiff nicht gleich. Wir haben eine Koalition, die über die Grenzen von Hamburg hinaus dafür gerühmt wurde, wie reibungslos und professionell sie arbeitet.
Wäre die SPD jetzt nicht der passendere Koalitionspartner?
Wir praktizieren keine Promiskuität, auch nicht in der Politik. Wir haben eine Vereinbarung, an die wir uns halten wollen. Die Frage ist nur, ob die andere Seite an ihrem Kurs festhält. Für uns Grüne bleibt es dabei, dass die Inhalte stimmen müssen.
Nehmen wir an, die stimmen. Reicht die Treue der Grünen zur CDU über den nächsten Wahltag hinaus?
Ein Koalitionsvertrag gilt immer über eine Legislaturperiode. Wie es nach der Wahl weitergeht, entscheidet die Landespartei. Und bei der Wahl ist die CDU unser Konkurrent wie alle anderen auch.
Sind die Chancen auf eine schwarz-grüne Bundesregierung geringer geworden?
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Dieser Rücktritt hat nichts verändert?
Die Union ist geschwächt. Frau Merkel hat ein Problem, wenn ihr das Führungspersonal davonläuft. Die Grünen werden alles dafür tun, dass die Merkel-Westerwelle-Koalition mit ihren falschen Versprechen und ihrer Klientelpolitik auch bei den nächsten Wahlen die Quittung bekommt.